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Die Erlöserkirche wird gern für Konzerte genutzt: Wie hier beim Auftakt der Vocalise 2019 (Symbolbild).

© Andreas Klaer

Überirdisches Chorleuchten: Der Auftakt der 22. Vocalise mit „Elias“

Mendelssohn Bartholdys Oratorium gilt als verkappte Oper. Die glanzvolle Aufführung in der Erlöserkirche bewies: Es geht auch ohne szenische Umsetzung.

In unserer von Krieg und Konflikten überschatteten Zeit trifft die alttestamentarische Geschichte um den Propheten Elias, mit der am Samstag (19.11.) das Vocalfestival „Vocalise“ in der von Besuchern gut gefüllten Erlöserkirche eröffnet wurde, einen Nerv. In Felix Mendelssohn Bartholdys gleichnamigem Oratorium tritt jemand kämpferisch für seine Überzeugung ein, stößt auf Widerstände, übersteht charakterstark religiöse und politische Wirren.

Mendelssohn unterstreicht in seiner Partitur die Glaubensstärke des eifernden Elias in farbigen, expressiven Bildern. Dass sie sich als verkappte Oper auf der Bühne sehen lassen kann, hat vor einigen Jahren die Potsdamer Winteroper bewiesen. Doch das Werk bedarf keiner szenischen Umsetzung, wenn der Dirigent Mendelssohns Willen zur Dramatik und Vergegenwärtigung hörbar macht. Dem Dirigenten Ud Joffe ist dies am Samstag beeindruckend gelungen.

Plastisch und sinnig vom ersten Fugen-Seufzen bis hin zur hymnischen Chor-Orchester-Totalen

Man merkte der Potsdamer Kantorei die große Freude an, dieses opulente Werk interpretieren zu können. Was sie in der Aufführung an Präzision, Klangschönheit und dynamischem Spektrum bot, verriet eine sorgfältige Probenarbeit. Facettenreich interpretierte sie ihre vielfältigen Aufgaben - sowohl als blutrünstige oder tobende Meute wie auch als andächtige Gemeinde und emphatische Illustratorin. Vom ersten Fugen-Seufzen bis hin zur hymnischen Chor-Orchester-Totalen wurde alles plastisch und sinnig durchgearbeitet.

Dirigent Joffe trieb die Geschichte des Propheten energisch voran. Das hatte Zug und Tempo. So standen vor allem die drei Wunder-Episoden unter Hochspannung. Viele Details gab es zu entdecken, auch innerhalb der lyrischen Passagen. Das überirdische Chorleuchten bei „Und tue Barmherzigkeit“ zum Beispiel oder die intensive Choral-Innigkeit im „Wirf dein Anliegen auf den Herrn“.

Dynamisches Spektrum beim Kammerorchester

Joffe animierte den Chor mit klarer Gestik zu expressivem Gesang und sorgte für eine austarierte Balance zwischen den Mitwirkenden. So ging auch das Kammerorchester den Nuancen der Partitur eindrucksvoll nach. Das dynamische Spektrum wurde vom hauchzarten Pianissimo bis zu den lautesten Stärkegraden von allen Instrumentengruppen voll ausgelebt. Von den Gesangssolisten ist zunächst der Bariton Sebastian Noack in der Titelpartie zu nennen: Ob im zwischen viriler Kraft und lyrischer Emphase changierenden „Gib mir her deinen Sohn!“, den geschmeidigen Melodielinien in „Herr, Gott Abrahams“ oder den resignativen Tönen von „Es ist genug“ - Noack bot die gesamte Breite seines ausdrucksstarken Singens.

Die Sopranistin Dana Marbach schaffte den Spagat zwischen geschmeidiger Legatokunst und expressiven Aufschwüngen mühelos. Von der klangschön singenden Altistin Regina Jakobi hätte man sich als feindselige Königin mehr Bissigkeit gewünscht. Der Tenor Christian Elsner punktete in den Rezitativen durch klare Textverständlichkeit, und in den Arien schwang er sich mühelos in vokale Höhen hinauf. Kleinere Partien fielen dem Knabensopran Carl Wegewitz vom Potsdamer Knabenchor sowie der Sopranistin Sophie Malzo zu. Eine glanzvolle Aufführung, die durch entsprechend herzlichen Beifall gewürdigt wurde.

Die Vocalise findet bis zum 31.12. statt. Nächstes Konzert: „Serenade“ mit Musik von Benjamin Britten und Igor Stravinsky am 24.11. in der Erlöserkirche.

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