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Eine Szene aus dem Stück „Wie es euch gefällt“ von William Shakespeare in der Aufführung des Hans Otto Theaters.

© Thomas M. Jauk/HOT

„Wie es euch gefällt“: Sommertheater mit Shakespeare

Das Hans Otto Theater spielt „Wie es euch gefällt“ von William Shakespeare auf der Freilichtbühne am Ufer des Tiefen Sees. Eine Idylle der besonderen Art.

Sommer, das heißt auch Theater im Freien zu spielen. Das Hans Otto Theater hat’s gut. Direkt vor seiner Haustür lädt der Tiefe See ein, an seinem Ufer eine Bühne aufzubauen. Malerischer geht’s nicht.

Dass in dieser Potsdamer Theater-Freilicht-Saison sich eine Schafherde platzieren darf, ist jedoch neu. Und die Schäflein um den alten Hirten Adam können in allen Tonlagen kraftvoll blöken: mäh, bäh, möh. Eine Idylle der besonderen Art.

Ja, da kann man auch als Zuschauer*in in den Chor der Darsteller:innen einstimmen „Froh zu sein bedarf es wenig, doch wer froh ist, ist ein König“.  Doch eine solche Aussage wäre als Essenz für einen Theaterabend zu wenig. Zwar sollte Heiterkeit die Oberhand haben, doch das Hintergründige darf nicht fehlen. Zumal bei einer Komödie von William Shakespeare.

Die Liebe mithilfe des Geschlechtertauschs

Für 2023 wurde das über 400 Jahre alte Stück „Wie es euch gefällt“ des englischen Dichters ausgewählt. Regisseur Marc Becker, der bereits in Potsdam inszeniert hat, zog dem Stück teilweise ein neues Gewand aus modernisierter Sprache und nicht überbordenden Gegenwartsanspielungen an. Hier wird dem Publikum gegeben, was ihm gefallen wird.

Die Komödie feiert bei Becker und seinem Ensemble das Bekannte, Althergebrachte und nie Versiegbare: die Liebe, mithilfe des Geschlechtertauschs. Der Regisseur erschafft einen vielgestaltigen Figurenkosmos mit Höhen und Tiefen, ganz im Sinne Shakespeares. Er wirbelt Gewissheiten klug und zugleich wild durcheinander, dass es eine Lust ist, der Geschichte zu folgen.

Die Baumuster in Shakespeares Komödien ähneln sich. Da geht es um fantastische Orte, wie den Wald im „Sommernachtstraum“ oder die Insel Illyrien in „Was ihr wollt“ oder eben wie in „Wie es euch gefällt“.  Der Ardenner Wald wirkt am Tiefen See durch die Holzkonstruktion fast wie abgeholzt, fragmentarisch. Doch versperrt er nicht den Blick auf die Hintergrundszenerie, den See, der immer anwesend ist.

Durch das Bühnenbild von Harm Naaljer (witzig ist das stille Örtchen mit Herz, das im Zentrum der Bühne steht) werden die fast sommernachtsreifen Kostüme Britta Leonhardts mit ihren Anklängen an die Renaissancezeit zum Leuchten gebracht, nicht minder die kunstvoll drapierten Perücken.

Gleichzeitigkeit von Komik und Melancholie

Es gibt in den Shakespeare-Komödien bekanntlich sich wiederholende Muster, die untereinander mit Liebesverwirrungen zu tun haben. Meist liegt eine äußere Drucksituation vor. Vom Hofe der Herzogin Frida (im Original Frederik) verstoßen, wirft sich Rosalinde kurzerhand in Männerkleider und verschwindet gemeinsam mit ihrer Cousine Celia in den Freiheit versprechenden Wald.

Die im Exil lebende Herzogin Ann möchte die hier Lebenden in ihre alternative Lebens- und Naturvorstellungen vereinnahmen. Rosalinde wird zur Strippenzieherin in Liebesdingen, vor allem in eigener Sache. Der Edelmann Orlando hat nämlich ihr Herz gewonnen. Eine Gleichzeitigkeit von Komik und Melancholie findet statt, was dem Werk eine eigene Tiefe gibt.

Jörg Dathe als Vertrauter der Herzogin Frida gibt in seinem bewegend gesprochenen Monolog „Die ganze Welt ist eine Bühne“ inmitten des rasanten Auf und Ab von Verwechslungen, Verwicklungen, Liebeserklärungen, Rollen- und Geschlechtertausch, Kostüm- und Szenewechseln eine Zäsur, ein Nachdenken über Lebensfrust und Lebenslust.

Selbstironisch, auch mal gewollt kitschig

Die Inszenierung von Marc Becker ist selbstironisch, auch mal gewollt kitschig und vor allem lustig. Charlott Lehman gibt die verbannte Einzelgängerin Rosalinde frech und taff, ist in ihrem Innersten aber wahnsinnig romantisch und glaubt an die Liebe auf den ersten Blick. All das visualisiert die Schauspielerin großartig.

Erstaunlicherweise blieb am Premierenabend Arne Lenk als verliebter Orlando blass.  Kristin Muthwill spielt die Rollen der beiden verfeindeten Herzoginnen sehr souverän in ihren so unterschiedlichen Charakterzügen, Philipp Mauritz ist der scharfsichtige Narr Touchstone, Bettina Riebesel die liebenswürdig-naive Phoebe und Guido Lambrecht der Draufgänger Silvius. Neben den immer wieder singenden Protagonist*innen gibt es den Live-Musiker Johannes Winde (auch Adam).

Volkslieder und Liebesschnulzen der Gegenwart

Populäre Volkslieder und Liebesschnulzen der Gegenwart und vergangener Jahrzehnte bis hin zu Bach (Schafe können sicher weiden) werden exzellent vorgetragen und untermalen die liebestrunkene Stimmung im Ardenner Wald. Herzlicher Beifall des Premierenpublikums galt dem gesamten Ensemble.   

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