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Die Neuinszenierung des Poetenpack Potsdam „Jeppe vom Berge“ im Heckentheater in der Regie von Herbert Olschok.

© Marcus Lieberenz

Jeppes Traum: Das Poetenpack beginnt den Sommer somnambul

Vier Produktionen zeigt das Potsdamer Theater dieses Jahr im Heckentheater am Neuen Palais. Den Auftakt macht die Premiere eines wenig gespielten Stücks: „Jeppe vom Berge“.

Molière, Goldoni, Marivaux: Die Sommersaison des Poetenpack setzt meist auf bekannte Namen. In diesem Jahr wagt man den Ausfallschritt und stellt neben die Klassiker Ludvig Holberg. Sein Stück, in Dänemark Schulstoff, heißt „Jeppe vom Berge oder Eine Nacht im Paradies“.

Inszeniert hat, erstmals an diesem Ort, Herbert Olschok. Am Hans Otto Theater hat er mehrfach gearbeitet, als Ralf-Günter Krolkiewicz Intendant war. Olschok war dann Schauspieldirektor in Weimar, Chemnitz und Dessau und leitete das Berliner Theater im Palais. „Jeppe vom Berge“, dieses selten gespielte Stück, lockte ihn in den Park Sanssouci. Verständlich, denn: Es gibt Rätsel auf.

Der Knüppel heißt Meister Erik

Das Ganze wirkt wie eine Reminiszenz an Shakespeares Handwerker Zettel, der im „Sommernachtstraum“ eine Nacht lang der Geliebte der Elfenkönigin Titania sein darf. Unwahrscheinlich, dass Holberg Shakespeare kannte, aber Jeppe geht es ähnlich: Ein Bauer, der säuft und von seiner Frau mit einem Knüppel namens Meister Erik verprügelt wird, wird im Vollrausch von gelangweilten Adligen als Baron verkleidet und auch so behandelt. Jeppe wähnt sich im Paradies. Nach dem nächsten Rausch ist alles wie vorher.

Ein Alkoholiker, auf dessen Kosten sich die Betuchten amüsieren: Die Komödie „Jeppe vom Berge“ erzählt eine ziemlich traurige Geschichte. Hätte er nur einen Wunsch, sagt Jeppe (Georg Peetz) einmal, dann wäre der: seine Frau ohne Arme, er selbst ohne Rücken. Holbergs Sprache ist, zumindest in der Übersetzung von Angelika Gundlach, holprig und derb, die Charaktere holzschnittartig, der Plot teils an den Haaren herbeigezogen. Komödie? Zu düster, auch zu behäbig. Tragödie? Dafür fehlt die Fallhöhe.

Die Regie wirkt, als sei sie selbst auch auf der Suche. Olschok hat sich gegen brachiales Tempomachen entschieden, aber auch gegen übermäßigen Ernst. Georg Peetz als Jeppe ist ein augenrollender Harlekin, Sibylla Rasmussen als seine Frau droht ständig mit Meister Erik. Als Jeppe zum halsabschneiderischen Wirt Jakob (André Kudella) sagt: „Schade, dass du nicht gehenkt wurdest“, antwortet Jakob, ganz blank: „Ja, schade.“ Sommertheaterkonvention geht anders, schon deshalb lohnt sich dieser „Jeppe“.

Als Jeppe Baron ist, will er erst Wein, dann eines anderen Frau, dann alle hängen. Später landet er selber am Galgen, aber auch das nur im Spiel. Arne Assmann am Akkordeon taucht das wunderliche Geschehen in mal folkloristische, mal sehr melancholische Töne. Und alle singen sie am Ende: „Wo sind die Clowns?“ Um dann auch jene im Publikum zu trösten, die sich mehr ungebrochene Komik für ihr Sommertheater wünschen: „Vielleicht nächstes Jahr.“

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