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Die Architektin Daria Dordina will für die Transformale eine Bühne am Rechenzentrum aufbauen.

© Daria Dordina

Alles ändert sich, immer : Doppelausstellung zu Kunst und Klima am Rechenzentrum

2020 fand am Rechenzentrum erstmals die Transformale statt: Kunst über städtische Transformation im öffentlichen Raum. Ab 29. Juni folgt die zweite, erweiterte Ausgabe.

Manchmal ergeben sich die schlüssigsten Dopplungen per Zufall. Wenn es ab dem 29. Juni am Rechenzentrum parallel um Kunst und Klima geht, dann ist das Ergebnis eines solchen Zufalls. Zwei Projektanträge des Hauses, unabhängig voneinander gestellt, hatten den Zuschlag bekommen. Die Transformale wollte nach dem Auftakt im Jahr 2020 erneut Kunst im öffentlichen Raum rund um das Rechenzentrum zeigen, das Projekt „Verläufe“ künstlerisch ökologische Prozesse in den Blick nehmen. Herausgekommen ist jetzt eine gemeinsame Ausstellung.

Die Klammer zwischen beiden: das Prinzip Wandel. Es geht um Dasein in Bewegung. „Alles ändert sich, immer“, schreibt der Künstler Marcus Große im Vorwort zur begleitenden Broschüre. „Im Großen wie im Kleinen. Auf unsere Ökosphäre bezogen: Mal durch den Menschen, mal einfach so.“ Auch um den Mikrokosmos, in dem sich das nach wie vor um seinen Fortbestand bangende Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum befindet, soll es gehen: Potsdam, „die Stadt des großen Material- und Ideentransfers“.

Die Jury von „Transformale“ und „Verläufe“: Anja Engel, Anja Tack, Katja Melzer, Michael Jakob und Marcus Große.
Die Jury von „Transformale“ und „Verläufe“: Anja Engel, Anja Tack, Katja Melzer, Michael Jakob und Marcus Große.

© Laura Gögdün

Eine Jury hat, wie schon bei der Transformale 2020, aus Bewerbungen aus der ganzen Republik sechs Positionen ausgewählt. Auch wenn zwei der fünf Juror:innen (Anja Engel und Marcus Große) dem Rechenzentrum auf Engste verbunden sind: Kunst aus Potsdam ist nicht dabei. „Wir wollten der Jury nicht reinreden“, sagt Frauke Röth, die die „Verläufe“ kuratiert hat. Zur Jury gehörten außerdem die externen Expert:innen Katja Melzer vom Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte sowie die Wissenschaftler:innen Michael Jakob und Anja Tack.

Übergang oder Sitzmöglichkeit?

Und die Kunst? Lea Maria Wittich wird Teile des ehemaligen Stadtkanals performativ erkunden. Marta Djourina sucht nach Materialien wie Sand, Erde oder Pflanzen und bildet die auf Fotopapier ab, das nur von der Sonne entwickelt wird. Danach soll es an den Fahnenmasten des Rechenzentrums im Wind flattern. Und Daria Dordina hat eine Bühne gebaut, die zwischen dem Rechenzentrum und dem Sportplatz auf der Plantage aufgestellt wird. Übergang oder Sitzmöglichkeit?

Die Form des Amphitheaters lädt zu beidem ein. Ein Dreieck in der Bühnenwand gibt den Blick auf das Dahinter frei. Wie an einem Theatervorhang vorbei blickt man auf den Hauptakteur dieser Schau: das Rechenzentrum. Gleichzeitig erinnert die Form an den Dachgiebel des Langen Stalls, dessen Umrisse auf der Rückseite des erhaltenen Portals zu sehen sind. Der Wiederaufbau des Gebäudes soll Teil des Kreativquartiers werden, das als Ausweichort auch für die gedacht ist, die derzeit im Rechenzentrum arbeiten. Für die Fördergesellschaft Garnisonkirche, den Nachbarn an der Plantage, liegt allein im Kreativquartier die Zukunft: Sie will, dass das Rechenzentrum abgerissen wird.

Frauke Röth, Architektin, Sprecherin des Rechenzentrums und Kuratorin von „Verläufe“.
Frauke Röth, Architektin, Sprecherin des Rechenzentrums und Kuratorin von „Verläufe“.

© JOHANNA BERGMANN

Ernüchterung und Ermutigung

Frauke Röth, die im Sprecher:innenrat des Rechenzentrums sitzt, sieht das naturgemäß anders. Angesichts der prekären Situation des Hauses ist jede Aktion als Argument für den Erhalt zu verstehen. So auch Transformale und Verläufe. Für Röth, als Architektin auch bei Architects for Future aktiv, liegt ein Erhalt schon aus Nachhaltigkeitsgründen nahe. Zudem: „Wir haben hier etwas geschaffen, das es in der Größenordnung in Potsdam sonst nicht gibt“, sagt Röth mit Blick auf das Nebeneinander von 300 Kreativen. „Die Naivität, die wir früher hatten, zu glauben, dass überregionale Unterstützung oder fachliche Argumente dem Erhalt des Rechenzentrums weiterhelfen, ist allerdings einer Ernüchterung gewichen“.

Bleiben als Ermutigung zwei nicht unwesentliche Dinge. „Der Spaß an dem, was wir tun“. Und das, was Frauke Röth „eine der großen Aufgaben des Rechenzentrums“ nennt. Niedrigschwelligkeit nämlich, und die Gabe, Kunst auch denen zu vermitteln, die damit sonst vielleicht nicht viel am Hut haben. Deswegen wird es zur Ausstellung ein umfangreiches Begleitprogramm geben. Mit Rundgängen, Klimafrühstück und Erkundungstour auf den Spuren von Bienen und Biodiversität. Das Rechenzentrum und der Kampf um den Erhalt der Natur: Prozesse mit offenem Ausgang, alle beide.

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