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Seit 1982 in Potsdam. Kunsthistoriker Andreas Hüneke.

© MANFRED THOMAS TSP

Andreas Hüneke zum 80. Geburtstag: Potsdams Kunstgedächtnis

Der Kunsthistoriker ist Vorsitzender des Potsdamer Kunstvereins und überregional anerkannter Expressionismusexperte. Das Kunstmuseum Moritzburg schenkt dem Jubilar ein Festsymposium.

Mit Realismus hat Andreas Hüneke nicht viel am Hut. Schon gar nicht mit Sozialistischem. Als 2022 die Neueröffnung des Minsk am Brauhausberg als Ort für DDR-Kunst bevorsteht, verkürzt er die Wartezeit zwar mit einer Ausstellung in der Guten Stube. Die geplante Mattheuer-Schau im Minsk aber kann ihn nicht begeistern. „Was den Leipziger Realismus angeht, bin ich geschädigt.“ 

Am 9. März ist Andreas Hüneke 80 geworden. Der Kunsthistoriker hält nicht hinterm Berg mit dem, was er denkt. Dabei ist er kein Polarisierer. Eher jemand, der im Zweifel erst einmal den Kopf wiegt, bevor er antwortet. Dann aber zielgenau. Ob es um Mattheuer geht oder um die Gretchenfrage, ob Potsdam Kunststadt ist. Noch 2021 löste die Frage bei ihm Kopfwiegen aus. Hüneke verteilt keinen Gratisapplaus.

Cover des Buches „Christian Morgenstern“, herausgegeben von Andreas Hüneke.
Cover des Buches „Christian Morgenstern“, herausgegeben von Andreas Hüneke.

© Promo

Im Kontext obiger Gretchenfrage kommt er stets auf zwei wunde Stellen im heute kunstverwöhnten Potsdam zu sprechen: Es bleibt eine Stadt ohne Kunsthochschule und ohne eigenen Ort für lokale Kunst. Private Sammlungen bleiben ja immer geschmacksabhängig, sagt er – siehe Mattheuer, den Mäzen Hasso Plattner bekanntlich verehrt.

Andreas Hüneke verehrt den Expressionismus. Seit den 1970er Jahren beschäftigt er sich mit als „entartete Kunst“ verfemten Werken. Hüneke hat über die Idee des Potsdamer Kunstsommers geschrieben, die in den 1920ern blühte, über den militanten Geist, der in Potsdam lange präsenter war als die Liebe zur Kunst. Und auch über Christian Morgenstern.

Unsozialistische Kunst. Die Nikolaikirche beim „Friedensfest“ 1985.
Unsozialistische Kunst. Die Nikolaikirche beim „Friedensfest“ 1985.

© Hueneke

Geboren wurde Andreas Hüneke 1944 in Wurzen, als Pfarrerssohn. Abitur an der Abendschule, Studium der Theologie und Kunstgeschichte, dann arbeitet er für die Staatliche Galerie Moritzburg. In Potsdam lebt er seit 1982. Hier ist er heute Vorsitzender des Potsdamer Kunstvereins, gefragt als Kurator und Experte. In Potsdam half er 1985 dem vom Astrophysiker Rudolf Tschäpe organisierten, heute legendären Friedensfest auf die Beine. Auf 15 Meter hohen Bildflächen hingen damals Werke unsozialistischer Kunst unter der Kuppel der Nikolaikirche.

Hüneke und seine Frau, die Grünen-Politikerin Saskia Hüneke, gehörten im September 1989 zu den Ersten, die den Gründungsaufruf des Neuen Forums unterzeichneten. Potsdam hat diesem Kunstkenner einiges zu verdanken, aber das Festsymposium zum 80. Geburtstag am 22. und 23. März findet nicht in Potsdam statt, sondern in Halle. Die Tagung im Kunstmuseum Moritzburg will vier Sektionen deutsch-deutscher Kunstperspektiven beleuchten, kunstkritische Tendenzen von der DDR bis zur Gegenwart diskutieren und aktuelle Forschungen präsentieren, zur Klassischen Moderne und natürlich auch zur „Entarteten Kunst“. Ihr Titel: „Freiheit kommt nie verfrüht“, ein Zitat von Wolf Biermann. Biermann will selbst in Halle singen.

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