zum Hauptinhalt

Oberbürgermeisterwahl in Potsdam: Von Haltung und Gestaltung

Mehr als 300 Gäste verfolgten die Podiumsdiskussion der Potsdamer Neuesten Nachrichten zur Oberbürgermeisterwahl. Dabei ging es im Havelsaal der Potsdamer Industrie- und Handwerkskammer durchaus turbulent zu. 

Die Grenzen des Wachstums der Stadt, die soziale Spaltung in Potsdam, Wirtschaftsförderung und Toleranz: Das waren Themen, die am Montagabend beim PNN-Talk zur Oberbürgermeisterwahl zur Sprache kamen. Das Interesse war groß, der Havelsaal der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK) mit 300 Plätzen ausgebucht, weitere Gäste verfolgten den Abend per Übertragung davor.

Auf die Bühne kamen die Kandidaten jeweils zu selbst gewählter Musik – ihrem persönlichen Wahlkampf-Soundtrack: Bei Janny Armbruster (Grüne) war das Bruce Springsteens „Working on a dream“, bei Lutz Boede (Die Andere) Gundermanns „Keine Zeit mehr“, bei Martina Trauth (parteilos für Die Linke) Rio Reisers „Wann?“, bei Mike Schubert (SPD) „Applaus, Applaus“ von den Sportfreunden Stiller, bei Götz Friederich (CDU) „Rocking all over the World“ von Status Quo und bei Dennis Hohloch (AfD) „A Beautiful Morning“ von den Rascals.

In der Debatte galt es für die Kandidaten dann, ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen. So erlaubten die beiden Moderatorinnen, PNN-Chefredakteurin Sabine Schicketanz und ihre Stellvertreterin Marion Kaufmann, in einer Ja-oder-Nein-Runde zu vielen Potsdamer Dauerthemen nur eine Ein-Wort-Antwort.

Die große PNN-Podiumsdiskussion zur Oberbürgermeisterwahl in der IHK Potsdam. 
Die große PNN-Podiumsdiskussion zur Oberbürgermeisterwahl in der IHK Potsdam. 

© Sebastian Gabsch

Dass das Wachstum der Stadt besser gesteuert werden muss, ist unter den Kandidaten Konsens. Bei der Frage, wie sie die Probleme im Detail angehen wollen, gab es dann auch einige Überraschungen: Götz Friederich (CDU) etwa bekannte sich – zu einer Ja-oder-Nein-Antwort gebeten – zur autofreien Innenstadt. Verkehrsströme in der Stadt müssten frühzeitig geplant werden, das betreffe auch den öffentlichen Nahverkehr. Seine Priorität als Oberbürgermeister wäre ein Masterplan zur integrierten Stadtentwicklung, machte er deutlich.

Mike Schubert (SPD) sprach sich, befragt nach Potenzialen für Wohnungsbau, für behutsame Nachverdichtung und - „an der einen oder anderen Stelle“ - höhere Häuser aus. „Wer behutsam wachsen mit nicht mehr wachsen verwechselt, streut den Leuten Sand in die Augen.“ Bei der Entwicklung der Stadt wolle er zudem verstärkt mit den Umlandkommunen zusammenarbeiten: „Wir können die Probleme nur gemeinsam lösen.“ Der SPD-Kandidat schloss zudem einen baldigen Wechsel in die Landespolitik - im kommenden Jahr wird bekanntlich gewählt - aus.

Für eine Rekommunalisierung der städtischen Gesellschaften machte sich Lutz Boede (Die Andere) stark. Kommunale Unternehmen wie die Stadtwerke und das „Ernst von Bergmann“-Klinikum müssten wieder Eigenbetriebe der Stadt werden anstelle von GmbHs. Das würde auch für mehr Transparenz für die Stadtverordneten und die Öffentlichkeit sorgen.

Janny Armbruster (Grüne) setzte ihre Priorität auf den Klimaschutz: Die städtischen Unternehmen dürften perspektivisch keine fossilen Brennstoffe mehr nutzen. Außerdem müsse ein neuer Plan für die Entwicklung des Radwegenetzes her: „Wir brauchen nicht nur mehr Radwege, sondern vor allem sichere Radwege.“

Blick ins Publikum bei der PNN-Podiumsdiskussion zur Oberbürgermeisterwahl in Potsdam. 
Blick ins Publikum bei der PNN-Podiumsdiskussion zur Oberbürgermeisterwahl in Potsdam. 

© Sebastian Gabsch

Martina Trauth (parteilos, für die Linke) sieht in der sozialen Spaltung der Stadt das wesentliche Aufgabenfeld für die Verwaltung. „Viele haben Angst, sich die Wohnung nicht mehr leisten zu können.“ Sie plädierte für die Entwicklung von städtischen Grundstücken in Erbbaupacht, eine 30-prozentige Sozialraumquote bei Neubauten und für den Rückkauf von Wohnungen durch die Stadt. „Wir müssen mehr sozialen Wohnraum schaffen“, sagte sie.

Ein Modell für mehr sozialen Wohnraum befürwortete auch AfD-Kandidat Dennis Hohloch. Er will außerdem ein neues Innenstadtverkehrskonzept mit weniger Einbahnstraßen, eine autofreie Innenstadt lehnt er ab. Für eine rege Debatte sorgte Hohloch, als er, befragt nach dem Toleranzbündnis „Potsdam bekennt Farbe“, ankündigte, sich als möglicher Oberbürgermeister nicht mehr an Demonstrationen und Aktionen des Bündnisses beteiligen zu wollen. Als Grund führte er Angriffe auf ihn und seine Plakate im Wahlkampf an. Kontrahent Mike Schubert entgegnete, damit kündige er einen Grundkonsens auf: „Das macht mich nicht nur nachdenklich, das macht eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich."

Drastische Worte wählte Lutz Boede: Danach befragt, was er während der vielen gemeinsamen Auftritte im OB-Wahlkampf an Hohloch schätzen gelernt habe, sagte er:  "Nichts." Es störe ihn, dass der AfD-Kandidat bei Podiumsdiskussionen anders auftrete als etwa auf seinem Facebook-Profil, wo er gegen Flüchtlinge hetze: "Solche Leute nennt man in meinem Kreisen eine Wurst." Hohloch verwahrte sich gegen den Vorwurf der Hetze und kritisierte, dass er bei einigen Diskussionsrunden, wo es um das Thema Migration gegangen sei,  gar nicht eingeladen worden sei, "weil man meine Meinung nicht hören wollte".

Zur Potsdamer Oberbürgermeisterwahl am Sonntag sind insgesamt 140 926 Stimmberechtigte aufgerufen. Sollte keiner der sechs Kandidaten eine absolute Mehrheit erhalten, kommt es am 14. Oktober zur Stichwahl.

Vor Beginn: Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl warten auf ihren Einsatz bei der Podiumsdiskussion der PNN.
Vor Beginn: Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl warten auf ihren Einsatz bei der Podiumsdiskussion der PNN.

© Sebastian Gabsch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false