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Landeshauptstadt: Zurück in die Zukunft

Die Babelsberger Kulissenbauer und der Kostümfundus feierten bei der Berlinale – mit neuen Projekten

Es wird keine Galapremiere geben und keinen roten Teppich – aber trotzdem steht an diesem Freitag eine Filmpremiere an, auf die man nicht nur im Studio Babelsberg gespannt ist: Dann läuft „Mute“, der Science-Fiction-Thriller, den David Bowies Sohn Duncan Jones („Moon“) mit dem Traditionsfilmstudio gedreht hat, an – ausschließlich im Internet-Streamingdienst Netflix. Der Film war am Montagabend auch Thema beim gemeinsamen Berlinale-Empfang der Babelsberger Kulissenbauer vom Art Department und des Kostümfundus vom Filmpark. Geschätzt rund 100 Gäste – darunter Ausstatter, Kulissenbauer, Szenenbildner und Kostümbildner – kamen in die Cameo Bar direkt neben dem Berlinale-Palast am Potsdamer Platz, eine Location, die nur während des Festivals existiert. Für Wohlfühlatmosphäre sorgten urige Ledersofas und aus Holzkisten improvisierte Tische und Bücherregale.

Alles andere als glatt und glänzend wird auch der Science-Fiction-Streifen „Mute“ aussehen, wie Set Decorator Bernhard Henrich, der seit seiner Arbeit für Steven Spielbergs „Bridge of Spies“ Mitglied der US-amerikanischen Oscar-Academy ist, den PNN sagte. Als „Retro Science Fiction“ bezeichnet Henrich den Look des Films, der im Berlin des Jahres 2052 spielt. Die deutsche Hauptstadt ist ein düsterer Moloch, in dem es ein stummer Bartender – gespielt von Alexander Skarsgård – auf der Suche nach seiner verschwundenen Freundin mit zwielichtigen Gestalten zu tun bekommt. „Wir haben viele Schrottplätze besucht“, erzählte Filmausstatter Henrich. Auch eigenes Geld für die Zukunft druckten die Filmemacher – neben Beethoven ist auf den Scheinen unter anderem Sänger und Schauspieler David Hasselhoff zu sehen. Weil der eigentlich geplante Dreh im ehemaligen Berliner Stummfilmkino Delphi aus organisatorischen Gründen nicht klappte, bauten die Filmhandwerker in Babelsberg das Kino samt Bar komplett im Studio nach.

Ob der Pannen-Flughafen BER in Duncan Jones’ Berlin 2052 schon eröffnet ist, ließ Studio-Babelsberg-Vorstadt Christoph Fisser offen. Er bedauere, dass der Film nicht auf der großen Leinwand zu sehen sein wird, sagte er den PNN: „Es ist ein absoluter Kinofilm.“ Henrich hat sich mit weiteren Beteiligten für Freitag jedenfalls zu einer Premiere im privaten Kreis verabredet.

Der Modellbauer Simon Weisse wiederum wird am Freitag nach London fliegen: Dort trifft sich das Team von Wes Andersons Berlinale-Eröffnungsfilm „Isle of Dogs“ zur gemeinsamen Premiere. Der Puppentrickfilm, eine Koproduktion von Studio Babelsberg, wurde zwar in London gedreht – Simon Weisse baute aber mit seinem bis zu 15-köpfigen Team in Berlin mehr als 30 Miniatur-Szenenbilder, darunter auch den Schauplatz des Films, Megasaki City, eine fiktive japanische Stadt in der nahen Zukunft. Vier Meter breit, 2,50 Meter tief und bis zu zwei Meter hoch ist die Mini-Großstadt geraten: Kleine Holzhäuser im alten japanischen Stil vorn, detailverliebt gearbeitet bis in die einzelne Dachschindel oder den Sonnenschirm auf der Veranda gearbeitet. Dahinter stehen Wolkenkratzer, in der Ferne erhebt sich ein steiler Berg. Die Miniatur-Sets wurden per Spezialtransport im Lastwagen nach London gefahren. Weisse, der seit den 1990er Jahren immer wieder im Studio Babelsberg arbeitet, hatte für Wes Andersons ersten Babelsberg-Film „Grand Budapest Hotel“ Modelle gebaut – und den Regisseur mit seiner Arbeit offensichtlich überzeugt.

Auch der Babelsberger Kostümfundus ist gut beschäftigt: Für die Berlinale-Filme „Becoming Astrid“ über die junge Astrid Lindgren und „Das schweigende Klassenzimmer“ über eine DDR-Schulklasse, die 1956 nach einer Solidaritätsaktion für Ungarn unter Druck gesetzt wird, kamen Kostüme aus Babelsberg. Derzeit sind gleich mehrere Projekte in Arbeit, wie Fundus-Chefin Gabriele Leuter den PNN sagte: Für die Bestseller-Verfilmung „The Girl in the Spiders Web“ wurden Kostüme gefertigt – auch für Hauptdarstellerin Claire Foy („The Crown“), die als Computerhackerin Lisbeth Salander in enger Lederkluft unterwegs ist. Genäht werden auch Kostüme für die Verfilmung des Romans „Deutschstunde“ mit Schauspieler Ulrich Nöthen. Die Potsdamer Kostümbildnerin Anne-Gret Oehme wiederum hat im Fundus den 1950er-Jahre-Look für Bernd Böhlichs Kinofilm „Warum?“ zusammengestellt – derzeit wird gedreht.

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