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Das Studentenwerk Potsdam kann nur zehn Prozent der Studierenden mit Wohnheimplätzen versorgen.

© PNN / Ottmar Winter/Ottmar Winter

Wartelisten-Rekord: Studentenwerk Potsdam richtet Notunterkünfte ein

Rund 1000 Studierende stehen in der Stadt derzeit auf der Warteliste für einen Wohnheimplatz – so viele wie noch nie. Manche Studierende nehmen selbst Erstsemester in ihren Wohnheimzimmern auf.

So voll waren die Wohnheime des Potsdamer Studentenwerks noch nie: Alle 3176 Wohnheimplätze sind bereits vergeben, die Warteliste erreicht mit rund 1000 Studierenden einen neuen Rekord. Insgesamt 3740 Online-Bewerbungen waren bis Mitte September eingegangen – ein Plus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Einen „Tag der freien Vergabe“, bei dem in den vergangenen Jahren eine zwei- bis dreistellige Zahl an Restplätzen verlost wurde, wird es in diesem Jahr nicht geben.

„Es ist jedes Jahr aufs Neue ein Trauerspiel“, sagt Peter Heiß, Geschäftsführer des Studentenwerks. „Junge angehende Studierende, die sich darauf freuen, ein eigenes Leben fernab des Elternhauses aufzubauen, verzweifeln an der Suche nach einer bezahlbaren Bleibe.“

1000
Studierende stehen aktuell auf der Warteliste für einen Wohnheimplatz, so viele wie noch nie.

Als Reaktion auf die drohende Notlage bei der Wohnungssuche wird das Studentenwerk ab Semesterbeginn einige gemeinschaftliche Übernachtungsplätze anbieten: „Wir halten Anfang bis Mitte Oktober zwei mal vier Betten vor für Studierende, die bei Anreise oder zu Beginn des Studiums noch keine Unterkunft gefunden haben“, sagt Josephine Kujau, Sprecherin des Studentenwerks. Dazu werden zwei Gemeinschaftsräume in den bestehenden Wohnheimen kurzfristig zu Zimmern mit jeweils vier Betten umfunktioniert.

Alle Plätze in Potsdams Studentenwohnheime, hier die Anlage in der Kaiser-Friedrich-Straße in Eiche, sind bereits vergeben.
Alle Plätze in Potsdams Studentenwohnheime, hier die Anlage in der Kaiser-Friedrich-Straße in Eiche, sind bereits vergeben.

© Andreas Klaer

Die Notunterkünfte sollen nur so lange in Betrieb sein, bis die Studierenden eine andere Bleibe gefunden haben. 2019 hatte das Studentenwerk erstmals solche Übernachtungsplätze angeboten: Damals standen zehn Betten zur Verfügung, nur vier Studierende nutzten das Angebot.

Manche Studierende, die bereits im Wohnheim leben, nehmen auch wohnungssuchende Erstsemester vorübergehend bei sich auf: Zu Beginn des Wintersemesters 2022 kamen auf diese Weise 16 Studierende in den Potsdamer Wohnheimen unter. Das Prozedere ist unbürokratisch: Eine formlose Meldung an die Wohnheimverwaltung genügt.

Keine Plätze für Privathochschulen

Derzeit kann das Studentenwerk lediglich zehn Prozent der rund 26.000 Potsdamer Studierenden mit einem Platz im Wohnheim versorgen. Auch in der Sozialberatung des Studentenwerks ist das zu spüren: „Die schwierige Wohnungssuche ist derzeit das Hauptthema neben der Studienfinanzierung“, sagt Kujau. Allein von Januar bis Mitte September wurde dazu insgesamt 336 Mal beraten.

In manchen Fällen bleibt dem Studentenwerk nur die Möglichkeit, den Kontakt zur Potsdamer Wohnungslosenhilfe zu vermitteln. „Nach Eindruck des zuständigen Bereichs Soziale Wohnhilfen gibt es derzeit einen leichten Anstieg von Anfragen und Weiterleitungen durch das Studierendenwerk Potsdam“, bestätigt Stadtsprechin Juliane Güldner.  

Zumindest die Mieten bleiben stabil: Ein Wohnheimplatz kostet durchschnittlich 285 Euro im Monat, auch dank des Brandenburg-Paketes, welches die Energiemehrkosten für Wohnheime und Mensen auffängt.

„Was mir Bauchschmerzen bereitet, ist die stark wachsende Nachfrage nach Wohnraum von Studierenden privater Hochschulen“, sagt Peter Heiß. „Was viele von ihnen vor Studienbeginn nicht wissen: Da sie keine Studentenwerksbeiträge einzahlen, können sie auch die Leistungen nicht nutzen, wie eben einen Wohnheimplatz, und sind ausschließlich auf andere, oftmals sehr teure Angebote angewiesen.“ Insgesamt gibt es neun private Hochschulen in Potsdam, darunter etwa die Hochschule Clara Hoffbauer oder die University of Europe – UE Innovation Hub Potsdam.

Besonders prekär ist die Lage für internationale Studierende: Sie können oft nicht ohne Weiteres auf Unterkünfte und Unterstützungsleistungen von staatlicher Seite zurückgreifen, denn dadurch könnten sie ihre Aufenthaltsgenehmigung gefährden. „Eine wirkliche Lücke im System, auf die wir keine Antwort haben“, sagt Kujau.

„Da der freie Wohnungsmarkt für viele keine zu finanzierende Alternative darstellt, fällt die Entscheidung für oder gegen den Wunschhochschulort nicht selten mit der erfolgreichen Suche nach einer Wohnung“, sagt Heiß. Genaue Zahlen dazu gibt es zwar nicht, dem Studentenwerk sind aber entsprechende Fälle bekannt.

Um die Lage zu entspannen, baut das Studentenwerk derzeit neue Wohnheime auf, diese werden jedoch erst in den kommenden Jahren fertig: Auf dem Campus Golm sind Neubauten mit 420 Plätzen geplant, die ab dem Wintersemester 2025 bezogen werden können. Weitere 80 Plätze sollen am Platz der Einheit nahe dem Bildungsforum entstehen, diese werden allerdings erst im Wintersemester 2027 fertig sein.

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