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Weniger ist mehr: Die Fastenzeit hat begonnen.

© dpa

Fasten in Potsdam: Verzichten aus Prinzip

Am 18. Februar beginnt die Fastenzeit. Gehörte das Fasten früher zum religiösen Bekenntnis, passt der Verzicht heute zum Zeitgeist - auch in Potsdam.

Potsdam - Junge Menschen tun es ihrem Körper zuliebe, ältere nutzen die Fastenzeit zur Besinnung oder aus religiösen Gründen. Der Verzicht auf Süßigkeiten, Alkohol oder deftiges Essen in der Zeit vor Ostern entwickelt sich langsam zu einem Trend-Phänomen. Ob dabei tatsächlich immer von Aschermittwoch bis Ostermontag gehungert werden muss, bleibt dabei jedem selbst überlassen.

Die Volkshochschule Potsdam etwa bietet von diesem Freitag, dem 20. Februar, an einen einwöchigen Fastenkurs, selbstverständlich mit Anleitung. Und wer gerne auf Genussmittel aller Art verzichten, aber nicht gleichzeitig zu Hause auf dem Sofa vor sich hindämmern möchte, wäre vielleicht beim Fastenwandern gut aufgehoben. Am Samstag, dem 21. Februar, will eine Wandergruppe beispielsweise an die Mecklenburgische Seenplatte wandern – Yoga-Kurse inklusive.

Fasten gibt´s in vielen Religionen

Einen ähnlichen Ausflug machte etwa Wolfgang Pudor mit. Dabei ging es unter der Leitung von Wanderführer Peter Nitz ins nordrhein-westfälische Königswinter. Wenn man eine Woche auf Null gewesen sei, sei ein Apfel das Höchste, sagte Pudor. Schwierig sei es aber, diesen Effekt mit in den Alltag zu nehmen. „Viele finden Fasten ja ein bisschen spinnert“, sagte er. Darauf müsse man sich einstellen. „Und auf die Verführungen im Supermarkt oder im Lokal.“ Wenn man faste, fahre der Organismus auf Sparflamme zurück, erklärte Wanderführer Nitz. Der Magen müsse keine Verdauungsarbeit leisten, der Körper habe so mehr Energie.

Viele Religionen kennen Tage oder Perioden des Fastens. Im Islam ist es beispielsweise der Monat Ramadan. Die kirchliche Fastenzeit umfasst 40 Tage (ohne Sonntage) vor Ostern und soll an die Passion Christi vor der Freude über die Auferstehung erinnern. In diesem Jahr dauert die Fastenzeit vom 18. Februar bis 4. April. Auch der Advent vor Weihnachten gilt als Zeit des Verzichts und der Besinnung auf die Seele.

Fasten sei gesundheitlich kein Problem

In Potsdam ist das kirchliche Fasten unter Christen weniger verbreitet. Die russisch-orthodoxe Gemeinde aber nennt sie die große Fastenzeit. Die rund 1000 Mitglieder in der Landeshauptstadt dürfen dann bis zum Ende der Karwoche nur pflanzliches Essen zu sich nehmen – auch Fisch ist verboten, sagte Diakon Daniil Koljada am Dienstag den PNN. „Ausnahmen gibt es für Kranke, Schwangere und Kinder oder für Armeeangehörige“, fügte er hinzu. In Russland etwa nehmen Koljada zufolge im Schnitt 20 Prozent der Bevölkerung an der Fastenzeit teil. Los geht es erst am kommenden Montag. Zuvor nutzen viele Russisch-Orthodoxe den Vergebungssonntag. „Da wird dann reiner Tisch gemacht.“

Gesundheitlich spricht laut dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) nichts gegen Fasten. „Im Prinzip ist es unbedenklich. Eine Fastenwoche ist kein Problem“, sagte DIfE-Ernährungspsychologin Susanne Klaus. Man dürfe aber nicht komplett auf feste Nahrung verzichten. Auch sei es wichtig, beispielsweise regelmäßig Säfte zu trinken und damit die Kalorienaufnahme sicherzustellen. „Fasten trifft derzeit den Zeitgeist“, betonte sie. Das sei so wie die momentane Beliebtheit des veganen Essens. Der Verzicht auf Tabak, Alkohol, Süßigkeiten oder auch Facebook und das Smartphone ist Klaus zufolge eher ein psychologisches Phänomen. Man habe dann wohl eher das Gefühl, sich besser kontrollieren zu können, wenn man länger darauf verzichte. Das sogenannte Heilfasten gilt gemeinhin als gesundheitsfördernd. Durch den längeren Nahrungsverzicht soll sich der Körper von Giftstoffen befreien. (mit KNA/AFP)

Eine Typologie des Verzichts - ein Hintergrundstück zum Thema finden Sie HIER.

Stefan Engelbrecht

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