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HINTERGRUND: Die Fastenzeit – eine Typologie des Verzichts

Mit festem Verzichts-Vorsatz gehen ab dem heutigen Aschermittwoch wieder viele in die Fastenzeit bis Ostern. Dabei kann es ums Fleisch gehen, um Schokolade oder ums Smartphone.

Mit festem Verzichts-Vorsatz gehen ab dem heutigen Aschermittwoch wieder viele in die Fastenzeit bis Ostern. Dabei kann es ums Fleisch gehen, um Schokolade oder ums Smartphone. Auch die Jugend ist der Tradition gar nicht so abgeneigt. Eine Typologie:

DER RELIGIÖSE ist der Klassiker. „Solche Unterbrechungszeiten gibt es ja in allen Religionen“, sagt Michael Krämer, Leiter der Katholischen Erwachsenenbildung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Ziel sei es, etwas sein zu lassen, was einem am Herzen liege.

DER NARZISST will es sich vor allem immer wieder selbst zeigen. Die Fastenzeit ist dafür eine willkommene Gelegenheit. „Für viele geht es darum, sich selbst etwas zu beweisen“, sagt Werner Gross vom Psychologischen Forum Offenbach (PFO). Der Narzisst habe ein Verlangen danach, seine Selbstdisziplin zu prüfen. Er kann auch ohne das alles leben. „Ich schaffe das!“

DER GESUNDHEITSBEWUSSTE ist laut Umfragen unter den Fastenden in der Mehrheit. Jeder zweite gibt an, aus gesundheitlichen Gründen zu verzichten – meist auf Alkohol oder Süßes. Die Fastenzeit und das Verzichten auf Kalorienbomben passe ja auch aus anderen Gründen perfekt in die Jahreszeit, sagt Gross: „Um in den Bikini zu passen.“

DER INKONSEQUENTE: Er nimmt sich ganz viel vor, ähnlich wie zum Jahreswechsel, schafft es aber bei Weitem nicht – und belügt sich bis Ostern selbst. Laut Umfragen ist der Anteil dieses Typs aber angeblich recht klein: Von denen, die schon einmal einen Fasten-Versuch gestartet haben, sind die meisten nach eigenen Worten glatt oder so einigermaßen durchgekommen.

DER STILLE: Ist es klug, sein Fasten an die große Glocke zu hängen? „Das kann aber auch schiefgehen. Und dann heißt es: Du bekommst ja nicht mal das hin“, warnt Gross. Es könnte also ratsam sein, in aller Stille zu verzichten. Muss ja keiner wissen.

DER FASTENHASSER: Verzichtet auf nix, ist stolz drauf – und erzählt das überall rum. Auch das könne ein Statement unserer Zeit sein, sagen Experten. Psychologe Gross etwa sagt zum Fasten allgemein: „Die Menschen sind heute viel mehr von außen gelenkt. Und von der Frage: Wie wirke ich nach außen?“ Sich zum Fasten zu positionieren – egal ob nun pro oder kontra – sei für immer mehr Menschen auch eine grundsätzliche Entscheidung: „Es geht vielfach auch um die Frage: Lebe ich oder lasse ich mich leben?“

DER TRENDSETTER: Verzichtet nie auf Essen, aber auf Handy & Co. Wie weit verbreitet diese wohl modernste Form des Fastens ist, lässt sich aber nicht klären. Vielleicht liegt es nur an den inzwischen Flatrates fürs Telefonieren oder fürs Internet-Surfen, aber auch die Deutsche Telekom hat keinerlei Hinweise darauf, dass etwa der Smartphone-Gebrauch in den Wochen vor Ostern zurückgeht. Knappe Antwort aus der Zentrale in Bonn: „Gott sei Dank nein.“ dpa

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