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Angerollt. Nach Potsdam kommen immer mehr Touristen - und suchen sich auch Privatunterkünfte.

© dpa

Ferienwohnungen in Potsdam: Touristen suchen ein Zuhause

Laut einer Studie werden jährlich 70 000 Privatübernachtungen in Potsdam über Portale wie Airbnb vermittelt. Das belastet auch den Wohnungsmarkt.

Potsdam - „Entdecke neue, inspirierende Orte, die gar nicht weit weg sind.“ Mit diesem Motto wirbt das Zimmervermittlungsportal Airbnb auf seiner Internetseite. Ähnlich könnten auch andere Buchungsportale Gäste locken. Doch es gibt einen Unterschied: Bei Airbnb werden nicht Zimmer oder Ferienwohnungen von kommerziellen Anbietern wie Hotels oder Pensionen vermittelt. Stattdessen bieten Privatpersonen hier alles an, was zwischen einem Sofa in einer WG-Küche und einer kompletten Wohnung liegt. Konkurrenz für Hotels – aber auch für Potsdamer Wohnungssuchende.

Fast 70 000 Übernachtungen werden jährlich über Portale wie Airbnb, Wimdu oder 9flats in Potsdamer Privatunterkünften vermittelt, die dauerhaft zu diesem Zweck angeboten werden. Das geht aus einer am Sonntag veröffentlichten Studie der Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienentwicklungen (GBI) hervor. Untersucht wurden nach Angaben von GBI alle 179 deutschen Städte mit mehr als 50 000 Einwohnern. Grundlage der Berechnung war eine Stichprobe, bei der bei den drei Portalen für eine Woche die angebotenen Unterkünfte abgefragt wurden.

Potsdam bei Touristen immer beliebter

Tatsächlich ist das Angebot von Übernachtungsmöglichkeiten in Potsdam über Airbnb vielfältig. Auch für den heutigen Montag wurden Dutzende Unterkünfte angeboten – beispielsweise ein Zimmer in der Wohnung einer Katzenliebhaberin an einer vielbefahrenen Straße in der Berliner Vorstadt für 23 Euro. Aber es geht auch teurer: So kostet die „stilvolle Ferienwohnung“ in einem Baudenkmal am Jägertor 90 Euro pro Nacht – zehn Prozent Rabatt gibt es, wenn man eine ganze Woche bucht. „Warum sollte man da noch in ein Hotel gehen?“, kommentierte ein begeisterter Gast. Ganz neu im Angebot ist auch ein 180 Quadratmeter-Loft „nur zehn Meter von der zentralen Fußgängerzone mit unzähligen Restaurants, Bars und Geschäften entfernt“ für 248 Euro pro Nacht.

Dass Potsdam bei Touristen immer beliebter wird, ist auch in der aktuellen Statistik der Stadt ablesbar. 1 105 264 Übernachtungen wurden im vergangenen Jahr in Potsdam registriert. Ein neuer Rekord. Zum vierten Mal in Folge wurde die Millionengrenze bei den Übernachtungen geknackt. Gegenüber 2014, das ebenfalls ein Rekordjahr war, lag das Plus bei 6,7 Prozent. Im Schnitt bleiben die Besucher 2,3 Tage in der Stadt. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bejubelte die Entwicklung bei der jährlichen Tourismuspressekonferenz im März als sensationell.

Doch in dieser Statistik sind die privat vermittelten Übernachtungen nicht enthalten. Nach der GBI-Untersuchung macht der sogenannte Graumarkt-Zuschlag in Potsdam 6,3 Prozent der Übernachtungen aus. Damit rangiert die Landeshauptstadt in den Top Ten in Sachen privat vermittelter Zimmer. Erfasst wurden in der Untersuchung nur komplette Unterkünfte, die dauerhaft zur Vermietung angeboten wurden.

183 Wohnungen werden dauerhaft an Touristen vermietet

Studenten, die ihr WG-Zimmer während eines Auslandssemesters untervermieten, oder Potsdamer, die ihre Wohnung während einer Reise anderen Besuchern zur Verfügung stellen, tauchen in der Studie nicht auf. „Werden über Airbnb & Co. lediglich Schlafstellen ohne eigenes Bad und WC angeboten, haben wir diese nicht erfasst“, so die Autoren. Dennoch zählte die GBI in Potsdam 183 Unterkünfte, die über die Internetportale dauerhaft angeboten werden.

Doch der private Tourismusboom hat auch seine Schattenseiten. Wenn Unterkünfte in großer Zahl dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt entzogen würden, verstärke das den Engpass, so die Autoren der Studie. Durch die Vermietung an Städtereisende sinke nämlich das Angebot kleiner Apartments. Auf der anderen Seite entwickele sich „eine quasi-gewerbsmäßige Konkurrenz zu Hotels und Pensionen“. Diese Einschätzung ist allerdings wenig verwunderlich, handelt es sich bei der GBI um ein Unternehmen, das hauptsächlich Immobilienprojekte im Hotel- und Wohnungsbau entwickelt. In Potsdam dürfte sich der Konkurrenzdruck für die Hotels angesichts des seit Jahren wachsenden Touristenzustroms in Grenzen halten.

Dem städtischen Haushalt entgehen außerdem durch die privat vermieteten Quartiere Einnahmen. Denn seit Oktober 2014 verlangt die Stadt Potsdam für jede Touristenübernachtung eine Bettensteuer. Fünf Prozent werden auf den Übernachtungspreis fällig. Knapp 940 000 Euro nahm die Stadt im vergangenen Jahr dadurch ein. Eintreiben müssen die Steuer die Hoteliers, die im Vorfeld vor der damit verbundenen Bürokratie und höheren Preisen gewarnt hatten. Zwar sind Privatquartiere in der Übernachtungssteuersatzung nicht explizit erwähnt, aber auch nicht ausgeschlossen.

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