zum Hauptinhalt
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).

© dpa

Massive Verkehrseinschränkungen: Steinmeier lädt zum OSZE-Treffen nach Potsdam ein

Das OSZE-Treffen findet in der Landeshauptstadt statt. Bürger und Besucher müssen mit strengen Sicherheitsmaßnahmen und massiven Verkehrseinschränkungen rechnen.

Die Landeshauptstadt im Belagerungszustand und im Fokus der internationalen Politik: Die Potsdamer müssen sich Anfang September auf massive Verkehrseinschränkungen einstellen. Grund sind mehrere Veranstaltungen, die von einem massiven Aufgebot von Sicherheitskräften begleitet werden. Dazu zählt nicht nur die Verleihung des M100 Media Awards am 15. September, bei dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auftreten wird. Bereits am 1. September werden in Potsdam auch die Außenminister der 57 Mitgliedsstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erwartet.

Schon im April hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der in diesem Jahr Deutschlands OSZE-Vorsitz verantwortet, das Treffen in Potsdam angekündigt, was bislang aber öffentlich kaum wahrgenommen wurde. Tatsächlich laufen aber seit Wochen bei den Sicherheitskräften des Bundes und der Polizei in Brandenburg und Berlin die Vorbereitungen für das Treffen, wie das Polizeipräsidium in Potsdam den PNN auf Anfrage bestätigte.

Abgehalten wird die eintägige Konferenz im Dorint-Hotel. Nach Angaben des Polizeipräsidiums ist damit zu rechnen, dass der Potsdamer Norden komplett abgeklemmt wird, die Verkehrsadern aus der Innenstadt dicht gemacht werden.

Zugangs- und Ausweiskontrollen

Im gesamten Stadtgebiet ist zudem mit massiven Folgen für den Auto-, Tram- und Busverkehr zu rechen. „Wir versuchen, die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten, aber wir kommen um Verkehrsraumeinschränkungen nicht herum“, sagte ein Präsidiumssprecher. Besonders betroffen sind die Anwohner Im direkten Umfeld des Dorint-Hotels. Sie müssen mit weitreichenden Sicherheitsmaßnahmen wie Zugangs- und Ausweiskontrollen sowie weiteren Überprüfungen in dem Gebiet rechnen.

Noch unklar ist, ob auch US-Außenminister John Kerry zu dem OSZE-Treffen kommt. Das würde, so heißt es aus Sicherheitskreisen, den Aufwand für die hiesigen Einsatzkräfte nochmals deutlich erhöhen. Denn die US-Amerikaner fordern in der Regel deutlich breitere Maßnahmen, bei denen auf die Folgen für die Stadt und ihre Bewohner wenig Rücksicht genommen wird. Dann ist auch mit Bildern zu rechnen, auf denen Scharfschützen den Dächern das Gebiet absichern.

Nach PNN-Informationen wird derzeit auch an einem Begleitprogramm für die Außenminister gefeilt. Details sind noch nicht abschließend geklärt. Doch auch die bisherigen Planungen dürften die Sicherheitsbehörden – Bundeskriminalamt, Bundes- und Landespolizei – vor weitere Herausforderungen stellen. Erwogen wird ein Abstecher der Außenminister in die Innenstadt oder sogar ein Schiffsausflug. 

Innenstadt wird wohl lahm gelegt

Festgezurrt ist noch nichts. Doch in diesem Fall würde die komplette Innenstadt lahmgelegt werden. Die Lange Brücke müsste für den Verkehr gesperrt werden, der Schiffsverkehr käme zum Erliegen.

Für die Zusammenkunft der Außenminister im Dorint-Hotel selbst ist keine offizielle Tagesordnung vorgesehen. Steinmeier will mit dem Quasi-Gipfel in Potsdam neue Impulse für eine Friedenssicherung in Europa setzen. Anlass für das informelle Treffen der 57 Außenminister der OSZE-Mitglieder aus Europa, Asien und Nordamerika ist die fragile Sicherheitslage in Europa, wie Steinmeier sagte. Dies mache mehr Dialog auf politischer Ebene innerhalb der OSZE nötig.

Steinmeier knüpft damit an die Tradition der Vorgängerorganisation KSZE und an die Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) im Kalten Krieg zwischen Ost und West an. Brandt hatte damit nach langer Ablehnung aus dem Westen den Weg für die historische Helsinki-Konferenz Anfang der 1970er Jahre frei gemacht. Steinmeier erklärte, das Treffen in Potsdam soll Raum bieten für „breite und vertiefte politische Diskussionen“ über die Herausforderungen für die Sicherheit in Europa.

Woidke: Konftrontationsspirale unterbrechen

Als politisch brisant wird das Treffen eingestuft wegen der aktuell angespannten Lage – die anhaltende Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus, die Konfrontationen zwischen dem Westen und Russland, die Zerwürfnisse in Europa sowie die Umbrüche in der Türkei, die innerhalb des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses Nato das größte Kontingent an Soldaten unterhält.

Für Potsdam sei das Treffen eine Premiere, hieß es aus dem Außenamt. Potsdam sei als Austragungsort wegen des Symbolwerts mit Bedacht gewählt, hieß es in der Stadt. Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz der Staatenkonferenz zur Friedenssicherung inne.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte den PNN mit Blick auf die historische Bedeutung, es sei ein gutes Signal, dass das OSZE-Treffen in Potsdam abgehalten wird. Gerade die Deutschen hätten durch die Deutsche Wiedervereinigung 1990 eine besondere Verantwortung. „Vielen haben uns damals das Vertrauen gegeben, die damalige Sowjetunion und Polen gehören dazu“, sagte Woidke, der auch Polen-Beauftragter der Bundesregierung ist. Es sei gerade in dieser Zeit wichtig, Gesprächskanäle offen zu halten. „Ich hoffen sehr, dass das OSZE- Treffen dazu gute Resultate bringt. Die Konfrontationsspirale, die sich momentan dreht, muss unterbrochen werden. Potsdam wird ein guter Gastgeber sein.“

Neue Bedrohungslage nach Anschlag von Würzburg

Inhaltlich passt zu dem Gipfel auch das M100 Sanssouci Colloquium, bei dem sich zwei Wochen später Journalisten, Historiker und Politiker unter dem Motto „Krieg oder Frieden“ über die Rückkehr der Geopolitik, die europäische Desintegration und die Radikalisierung der Gesellschaft austauschen.

Für Brandenburgs Landeshauptstadt als Austragungsort für das OSZE-Treffen sprach zunächst die Lage am Rande Berlins, wo die Bedrohungslage als deutlich höher eingeschätzt wird, die Lage angespannter ist. Die abstrakte Gefährdungslage durch terroristische Anschläge war für Potsdam als handhabbar und weniger hoch eingeschätzt worden.

Doch nach dem Anschlag eines 17-jährigen Flüchtlings am Montagabend in einem Zug bei Würzburg, bei dem fünf Menschen mit einem Messer und einer Axt verletzt wurden, hat sich intern auch diese Einschätzung geändert. Nach bisherigem Stand wurde der von der Polizei erschossene Jugendliche durch die Propaganda der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) angestachelt, Hinweise auf eine direkte Anordnung des IS zu der Tat gibt es bislang nicht. Aus den Brandenburger Sicherheitsbehörden hieß es deshalb, es müsse zu jeder Zeit und an jedem Ort mit Anschlägen und Attentaten gerechnet werden.

Im Mai 2007 trafen sich in Potsdam die Außenminister der G8-Staaten - was damals in der Stadt los war lesen Sie hier >>>

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false