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Ist an Potsdams Gymnasien noch ein bisschen mehr Zusammenrücken möglich?

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Schulplatzkrise in Potsdam vorerst verschoben? : Schnelle Lösung mit Containern laut Schulrat nicht notwendig

Im Bildausschuss streiten Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) und das Staatliche Schulamt über die fehlenden Plätze an Gymnasien in Potsdam. Gibt es gar keinen Platzmangel?

Zur Situation an Potsdamer Gesamtschulen und Gymnasien, die ab dem kommenden Schuljahr 150 Schüler zusätzlich aufnehmen müssen, hat der zuständige Schulrat Eckhard Dörnbrack den bisherigen Darstellungen von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) widersprochen. Im Bildungsausschuss sagte Dörnbrack am Dienstagabend, das Schulamt gehe davon aus, dass der zusätzliche Bedarf für das Schuljahr 2024/25 auch mit den vorhandenen Räumlichkeiten ausreichend gedeckt werden könnte.

Demnach müsste in den Schulen wie im Schuljahr 2024/25 weiter zusammengerückt werden. Schubert sprach von einer Verdichtung. Bereits im kommenden Schuljahr werden deshalb am Gymnasium Bornstedt, am Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Babelsberg und am Humboldt-Gymnasium jeweils eine Klasse zusätzlich aufgenommen.

Alle sieben Standorte wurden geprüft

Laut Schubert müssen in den beiden darauffolgenden Schuljahren jeweils fünf zusätzliche Klassen, im Schuljahr 2026/27 sogar sieben zusätzliche Klassen und im Jahr darauf vier zusätzliche Züge an Gymnasien untergebracht werden. Die Stadtverwaltung habe deshalb alle sieben Standorte städtischer Gymnasien auf Erweiterungsmöglichkeiten geprüft. Die Ergebnisse sollen kommenden Dienstag in einer gemeinsamen Sitzung den Schulkonferenzen sowie im Arbeitskreis zur Schulentwicklungsplanung vorgestellt werden.

Mögliche Erweiterungspläne waren zwischenzeitlich durchgesickert. So könnte am Hannah-Arendt-Gymnasium in Potsdam-West der Spielplatz „Schildkröte“ oder die Freizeitfläche „Platte“ für einen Neubau geopfert werden. Am Leibniz-Gymnasium könnte für die Unterbringung zusätzlicher Klassen ein 75 Meter langer Containerbau entstehen.

Schubert sprach im Bildungsausschuss von „ungelegten Eiern“. Doch vor allem am Leibniz-Gymnasium am Stern haben die Überlegungen zu Befürchtungen geführt, die während der Ausschusssitzung von Elternvertreter Volker Dworak und Schülervertreterin Kathrin Welle vorgebracht wurden.

Durch eine Modulanlage würde alles, was in den vergangenen sieben Jahren in der Schule aufgebaut wurde, „rigoros eingerissen“, sagte die angehende Abiturientin Kathrin Welle. Das Lernen in großen Gruppen sei anstrengend. Zu einer richtigen Schule gehöre auch eine Bibliothek, Schulsozialarbeit und eine Essensversorgung. An der Schule drohe eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. „Wir brauchen qualitativ gute Lösungen. Bildung ist keine Massenabfertigung“, sagte Welle und erhielt lauten Applaus von vielen anwesenden Schülern, Eltern und Lehrern des Gymnasiums.

Volker Dowrak warnte vor dem Verlust von Freiräumen. Zudem sei es schlecht für das Schulklima, wenn viele Schüler ans Leibniz-Gymnasium kämen, die eigentlich einen anderen Erst- und Zweitwunsch hatten. Dann fehle die Identifikation. Mit 800 Schülern in fünf Klassenzügen ist das „Leibniz“ bereits das größte Gymnasium der Stadt.

Steffen Freiberg genehmigte Potsdams Schulentwicklungsplan

Oberbürgermeister Schubert, dessen Verwaltung offenbar eine passgenaue Schulentwicklungsplanung (SEP) versäumte, verwies auf Forderungen des Staatlichen Schulamtes und des Bildungsministeriums. Das Ministerium hatte die Fortschreibung der SEP für den Zeitraum bis 2026/27 am 27. Februar 2023 genehmigt. Das Schreiben des damals zuständigen Staatssekretärs und jetzigen Bildungsministers Steffen Freiberg (SPD) liegt der PNN-Redaktion vor. Freiberg weist aber auch darauf hin, dass die Stadt mit den vorhandenen Kapazitäten „nur bedingt das Anwahlverhalten der Eltern“ berücksichtige. So bestehe eine „planerische Unausgewogenheit zwischen der Bereitstellung von Gesamtschulplätzen und Gymnasialplätzen“. Dies könne dazu führen, dass „die Einrichtung zusätzlicher Klassen an bestehenden Gymnasien erforderlich wird“.

Dörnbrack vom Staatlichen Schulamt in Brandenburg an der Havel teilte dem Rathaus am 23. März mit, dass die drei stark nachgefragten Gymnasien (Humboldt, Bornstedt, Suttner) im kommenden Schuljahr „jeweils eine Klasse zusätzlich einmalig“ aufnehmen. „Es ist davon auszugehen, dass das Schüleraufkommen 2024/2025 ähnlich sein wird, und es bleibt durch den Schulträger zu klären, wie für die kommenden Schuljahre eine grundsätzliche Lösung für den Bedarf an Schulplätzen geschaffen werden kann“, so Dörnbrack.

Die Stadtverwaltung prüfte seither die kurzfristige Schaffung von Plätzen in Containern und längerfristige Erweiterungen an den sieben Gymnasien. Denn auch laut Kommunalem Immobilienservice (KIS) reichten die vorhandenen Räume nicht für die zusätzlich benötigten Klassen aus, sagte Schubert.

Das würde uns ein Jahr Luft bringen.

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zu den Aussagen des Schulrats

Er wolle zur Juni-Sitzung der Stadtverordneten eine Vorlage zu möglichen Erweiterungen einbringen. Im Herbst müsse eine Entscheidung fallen, damit rechtzeitig Container für den Schuljahresbeginn 2024 bestellt werden könnten. Sollte nun für das Schuljahr 2024/25 erneut ein Zusammenrücken in den Gymnasien reichen, „würde uns das ein Jahr Luft bringen“, so Schubert.

Die Entwicklung der Schülerzahlen habe auch damit zu tun, dass mehr Kinder aus Potsdam-Mittelmark in Schulen der Landeshauptstadt wechselten, erklärte der Oberbürgermeister. Potsdam sei außerdem in einem Jahrzehnt schnell gewachsen. „Wir müssen viel nachholen“, sagte Schubert. Zudem seien viele Kinder aus der Ukraine nach Potsdam gekommen. Laut Schulrat Dörnbrack spiele dieser Faktor aber nur eine untergeordnete Rolle, weil sich die Schüler aus der Ukraine auf alle Schulformen und Jahrgänge verteilten.

Ortsbeirat Golm fordert Bau neuer Schulen

Die Fraktion Sozial.Die Linke brachte am Mittwoch einen Antrag für das Stadtparlament ein, in dem sie eine dauerhafte Sicherung „aller vorhandenen und neu hinzukommenden Spiel-, Sport- und Erholungsflächen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene“ fordert. Sollte eine Umwandlung unabdingbar sein, müsse eine Ersatzfläche in der Nähe geschaffen werden. „Wir haben in Potsdam zu wenig Angebote für Kinder und Jugendliche“, sagte die Stadtverordnete und Vorsitzende des Bildungsausschusses, Tina Lange. Dabei bezog man sich auf die besagten Erweiterungspläne für das Hannah-Arendt-Gymnasium.

In Golm beantragt der Ortsbeirat derweil, dass eine neue Grund- und eine weiterführende Schule vor Ort sofort in die Schulentwicklungsplanung der Stadt aufgenommen werden. Zusätzlich sollten parallel zum Bau von Wohnungen für Geflüchtete im Rahmen des Sonderbauprogramms in Golm und bis zur endgültigen Standortentscheidung temporäre Schulen eingerichtet werden, fordert das Gremium.

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