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Uwe Plenzke ist seit 20 Jahren Leiter der Oberlinschule. Am zwölften Juli geht er in Ruhestand, dem letzten Schultag vor den Ferien.

© Andreas Klaer

Scheidender Leiter der Oberlinschule: Uwe Plenzke: „Wir gehören zur Schullandschaft dazu“

Nach 20 Jahren hört Uwe Plenzke als Leiter der Oberlinschule auf. Die PNN sprachen mit ihm über die Veränderungen der Schülerschaft, politische Kämpfe, den Stand der Inklusion und Glocken-Rituale.

Herr Plenzke, 1992 sind Sie als Lehrer an die Oberlinschule gekommen, seit 2003 sind Sie Schulleiter. Heute gehen Sie in den Ruhestand und werden Ihre Karriere mit dem „Ausläuten“ beenden. Was hat es damit auf sich?
Diese Tradition gibt es seit 1990 an der Oberlinschule: Immer am ersten und am letzten Schultag wird eine Glocke geläutet. Beim Einläuten läutet der jüngste Schüler, beim Ausläuten ein Schulabsolvent, der sich besonders angestrengt hat. In diesem Jahr soll erstmals ich das Ausläuten machen – zum Dank und weil ich mich besonders angestrengt habe! (lacht)

Wie zu sehen ist, wurde sogar eine neue Glocke gegossen?
Der theologische Vorstand Herr Dr. Fichtmüller hatte mir und der Schulleitung eine Reise geschenkt, als Dank für unsere Arbeit. Wir wussten erst gar nicht, wohin es geht, die Reise führte nach Sinn bei Wetzlar. Erst in letzter Minute wurde das Geheimnis gelüftet, dass wir beim Gießen der neuen Glocke anwesend sein sollten. Das ist ein unbeschreibliches Dankeschön und gleichzeitig ist die Glocke ein tragendes Symbol für die ganze Schule.

Vor über 30 Jahren haben Sie als Sonderschullehrer, Musiktherapeut und Logopäde angefangen zu arbeiten. Wie sah Ihre Arbeit im Vergleich zu heute aus?
Damals hatten wir noch vier Schüler in einer Klasse, jetzt sind es bis zu acht und mehr. Themen wie die „Unterstützte Kommunikation“ für Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen waren damals noch nicht weit entwickelt. Erst Mitte der 90er Jahre ging es los mit elektronischen Geräten, Augensteuerungen, Tastaturen und Talkern, durch die auch Menschen mit Sprachbehinderungen „sprechen“ konnten. Heute bleibt die Diagnostik dazu anspruchsvoll, aber es gibt einfachere Geräte wie Tablets und neue Ansteuerungen.

Wie hat sich die Schülerschaft seitdem verändert?
Die Diagnosen haben sich verändert: Früher gab es andere Erkrankungen, die es heute aufgrund von Früherkennungen und verbesserten Behandlungen so weniger gibt, zum Beispiel Muskeldystrophie oder Rückenmarkserkrankungen. Heute hingegen gibt es mehr Schüler mit komplexen Behinderungen, Epilepsie, Stoffwechselerkrankungen und Autismus. Autismus wird mehr und differenzierter diagnostiziert. Es gibt auch mehr Schüler mit komorbiden Diagnosen, die neben körperlichen Beeinträchtigungen auch noch emotionale, soziale oder psychische Belastungen haben.

Als Schulleiter hatten Sie als erstes die dringend nötige Erweiterung der Schule durch einen Neubau umgesetzt. Zuvor gab es jahrzehntelang erfolglose Bemühungen – was haben Sie anders gemacht?
Wir hatten damals im Land drei große Zentren für Schüler mit Körperbehinderungen: in Birkenwerder, Cottbus und Potsdam. Die ersten zwei wurden stark unterstützt, bei uns zog es sich lange hin. Man hat zwar die Notwendigkeit gesehen, aber es fehlte Geld. Dann kamen zum Glück zwei Förderpakete und zusammen mit einem Kredit hat es dann endlich geklappt. Wir mussten viele Gespräche führen, aber auch der immer stärkere Zulauf an Schülern führte bei den Verantwortlichen zur Einsicht. Der Bedarf ist immer noch hoch: Pro Schuljahr bekommen wir 70 bis 80 Anfragen, können aber nur 30 bis 40 Schüler aufnehmen.

Was waren die größten Widerstände aus der Politik, mit denen Sie zu kämpfen hatten?
Wir mussten immer wieder dafür werben, dass wir zur Schullandschaft mit dazu gehören. Eine Zeitlang wurde die Forderung nach Inklusion ja so verstanden, dass man die Förderschulen quasi abschaffen müsste. Aber viele Schüler mit Behinderung können unter den heutigen Gegebenheiten nicht in den Unterricht einer Regelschule gehen. In der Oberlinschule gibt es eine hohe Zahl von Sonderpädagogen und die entsprechende Fachlichkeit; es muss respektiert werden, damit jedes Kind das passende Schulangebot bekommen kann.

Wo steht Potsdam heute beim Thema Inklusion?
Es ist gut, dass wir in Potsdam eine engagierte sonderpädagogische Förder- und Beratungsstelle haben, auch das Schulamt ist sehr engagiert. Aber wir brauchen in allen Schulen mehr Fachpersonal mit sonderpädagogischer Kompetenz, mehr begleitendes Personal für den Schulalltag, flexiblere Räumlichkeiten und Rückzugsbereiche für Schüler.

Sie sind bekannt dafür, dass Sie gerne singen und Gitarre spielen, der ehemalige Bildungsminister Günter Baaske nannte Sie einst „den singenden Schulleiter“. Können Sie gut mit diesem Titel leben?
Ich kann sehr gut damit leben. Als am Montag das ganze Kollegium zum Abschied gemeinsam auf dem Schulhof Lieder gesungen hat, habe ich gesagt: Jetzt ist aus dem singenden Schulleiter eine singende Schule geworden!

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