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60. Meisterjubiläum Augenoptikermeister Wolfgang Dehmel (Foto) / Augenoptik Schauss Brandenburger Straße, Potsdam.

© Andreas Klaer

Potsdamer Traditionsgeschäft: Optiker Wolfgang Dehmel erhält Diamantenen Meisterbrief

Vor 60 Jahren übernahm der 85-Jährige die „Augenoptik Schauss“ in der Innenstadt. Gegründet wurde das Geschäft bereits 1860.

Von Kai Wielert

Wolfgang Dehmels „Augenoptik Schauss“ in der Brandenburger Straße ist eine Institution in der Potsdamer Innenstadt. Seit 60 Jahren untersucht der Optiker die Augen seiner Kunden und stellt ihnen ihre Brillen ein. Am Donnerstag hat Tilo Jänsch, stellvertretender Geschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam, dem 85-Jährigen den sogenannten Diamantenen Meisterbrief überreicht. Der Anlass: Vor genau 60 Jahren schloss Wolfgang Dehmel seine Meisterprüfung in Jena ab und übernahm das Optikergeschäft von seinem Vater Eric Dehmel.

Das Geschäft hat eine lange Familientradition: Der Urgroßvater von Wolfgang Dehmel hatte den im Jahre 1860 gegründeten Optikerladen im Jahr 1920 übernommen, unter der Bedingung, den Namen des Gründers zu behalten – Schauss. Als Wolfgang Dehmel 1963 in das Geschäft einstieg, habe er überlegt, den Laden umzubenennen, entschied sich jedoch dagegen: „Schauss ist eben der mit der Brille, weil der schon immer Schauss hieß. Da hab ich gesagt, warum sollst du das ändern?“

Wolfgang Dehmel mit Ehefrau Doris und Sohn Ulf und dessen Frau Sandra.
Wolfgang Dehmel mit Ehefrau Doris und Sohn Ulf und dessen Frau Sandra.

© Andreas Klaer

Ursprünglich hatte das Geschäft eine andere Adresse. 1978 musste Dehmel mit seinem Optiker aus der Lindenstraße zum heutigen Standort in der Brandenburger Straße umziehen, angeblich wegen „städtischen Maßnahmen“, so Dehmel. Nach der Wende habe man ihm jedoch eine andere Geschichte erzählt: „Du warst Herrn Mielke zu unsicher!“

Gemeint ist damit Erich Mielke, der von 1957 bis 1989 der Minister für Staatssicherheit in der DDR war. Direkt neben seinem alten Laden lag das Gefängnis der Staatssicherheit für politischen Gefangene der DDR. Dehmel habe dadurch jeden sehen können, wer dort ein und aus ging. „Das hat Herrn Mielke gestört“, glaubt der Optiker.

Auch die wirtschaftlichen Bedingungen zu DDR-Zeiten waren nicht immer einfach. „Lieferzeiten von einem halben Jahr, das war schlimm“, sagt Dehmel. Der Potsdamer Betrieb konnte sich gegenüber anderen Optikern jedoch glücklich schätzen. Im 80 Kilometer entfernten Rathenow lagen die Optischen Werke, der bedeutendste Linsenhersteller der DDR. Von dort wurden Brillengläser und -fassungen für ganz Ostdeutschland hergestellt. Für uns Potsdamer war das gut, wir hatten es ja nicht weit“, erinnert sich Dehmel.

Mittlerweile wird der Laden von Wolfgang Dehmels Sohn Ulf geführt. „Offiziell ist er natürlich Rentner“, sagt Ulf Dehmel über seinen Vater. Der denkt aber noch nicht daran, mit der Arbeit aufzuhören: „Jeden Tag um 7.30 Uhr bin ich hier.“ Der Laden mache zwar erst um halb zehn auf, vorher könne Wolfgang Dehmel aber in Ruhe arbeiten. Für seinen Sohn ist das kein Problem: „Es freuen sich alle, wenn du morgens da bist!“

„Das bin ich mein Leben lang hier so gewohnt und das mach’ ich, solange ich noch kann“, sagt der Optiker. Mit 18 Jahren habe er darüber nachgedacht, was er mit seinem Leben anfangen solle. Seine Eltern hätten bei der Entscheidung etwas nachgeholfen und vorgeschlagen, ihm den Laden zu übergeben: „Dann bin ich eingestiegen.“ Bereut habe er die Entscheidung nie.

Wenn eines der Enkelkinder einsteigen sollte – das würde mich freuen. Es wäre dann die fünfte Generation.

Wolfgang Dehmels (85), Optiker

Einen anderen Berufswunsch hatte Dehmel nie. „Ich hatte zwar immer Interesse für Mathe, Physik und Chemie“, erzählt er. Zum Beruf des Optikers passe das aber gut. Zusätzlich gefalle ihm bei seiner Arbeit auch der Umgang mit den Menschen in allen Altersklassen. Einige seiner Kunden seien 80 oder auch 90 Jahre alt: „Das finde ich schon schön.“

Sein Sohn ist zuversichtlich, dass der Betrieb auch in Zukunft von der Familie Dehmel geführt wird. Er habe einen 18-jährigen Sohn und eine 21-jährige Tochter, die ins Geschäft einsteigen könnten: „Es könnte schon in die Richtung laufen. Wir hoffen und denken schon, dass sie es machen. Wir gehen einfach mal davon aus.“ Auch der 85-jährige Jubilar hofft, dass der „Augenoptik Schauss“ in der Familie bleibt: „Wenn eines der Enkelkinder einsteigen sollte – das würde mich freuen. Es wäre dann die fünfte Generation.“

Den Diamanten-Meisterbrief geben die Handwerkskammern Menschen, deren Meisterprüfungen 60 Jahre zurückliegen. „Nach 25 Jahren geben wir den silbernen Meisterbrief, nach 50 den goldenen und mit 60 den diamantenen“, erklärt Tilo Jänsch. Andere, wie die Düsseldorfer Handwerkskammer, verteilen auch einen eisernen Meisterbrief nach 65 oder einen ehernen Meisterbrief nach 70 Jahren. Bei der Handwerkskammer Potsdam gebe es diese Ehrungen nicht. In diesem Jahr hat auch der derzeitige Geschäftsführer in der „Augenoptik Schauss“ ein Meisterjubiläum: Ulf Dehmel hat vor 25 Jahren seine Prüfung abgeschlossen und wird dafür den silbernen Meisterbrief erhalten.

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