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Johanetta Cornell ist Jugendpfarrerin der evangelischen Kirche in Potsdam.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Partys mit Gott und Kickerturniere: Potsdamer Pfarrerin gibt Nachwuchs Raum für Ideen

Seit eineinhalb Jahren ist Johanetta Cornell Jungendpfarrerin in der Landeshauptstadt. Wie sie die evangelische Kirche verjüngen will.

Im evangelischen Kirchenkreis Potsdam leben 4500 Jugendliche Kirchenmitglieder zwischen 14 und 27 Jahren. Das ist fast ein Fünftel alle Kirchenmitglieder – eine beachtliche Zahl. Für sie will Johanetta Cornell eine Ermöglicherin sein. Die Jugendpfarrerin lebt seit eineinhalb Jahren in Potsdam. Für eine Tätigkeit in der Evangelischen Jugend- und Kinderstelle hat sich die 44-Jährige auch deshalb entschieden, weil es eine 100-Prozent-Position ist. Das sei nötig, wenn man Jugendarbeit wirklich ernst nehme.

„Junge Leute fallen im normalen Kirchenalltag oft durchs Raster. Man kann sie nicht am Sonntagmorgen zum Stillsitzen in der Kirchenbank einladen. Das funktioniert nicht“, weiß Cornell. Andererseits seien Jugendliche in dieser Entwicklungsphase auf der Suche nach Freiräumen, nach einem Ort, der nicht Schule und nicht Zuhause heißt. Kirche könne dieser Ort sein, wenn dort etwas passiert, was die jungen Gläubigen als das ihre empfinden. Wenn sie spüren, dass man ihnen etwas zutraut. Dann würden sie auch Verantwortung übernehmen.

Die hochgewachsene, Optimismus ausstrahlende Pfarrerin will die Kirche aus der verstaubten Ecke holen. Ihre wichtigste Frage an die jungen Leute sei deshalb: Wie muss Kirche sein, dass ihr dabei seid? Damit habe sie gute Erfahrungen gemacht. „Die Jugendlichen haben klare Vorstellungen darüber, wie sie Kirche gestalten wollen. In dem Moment, in dem man ihnen die Bühne übergibt, sind sie dabei. Unsere Gottesdienste sind Partys mit Gott. Wir feiern, wir lesen aber auch Psalmen.“

Unsere Gottesdienste sind Partys mit Gott. Wir feiern, wir lesen aber auch Psalmen.“

Johanetta Cornell, Jugendpfarrerin

Ganz bewusst nennt Cornell das abwechslungsreiche Programm der Jugend- und Kinderstelle nicht Angebot. „Die Ideen entstehen im Miteinander hier am Tisch“, erklärt sie. Neben Andachten finden sich ein Rave-Gottesdienst ebenso wie ein Kickerturnier, ein Kinoabend oder gemeinsames Zelten im Programm. Seit September musiziert eine Band in der Gutenbergstraße. Im August proben 8- bis 14-Jährige in Bornim für ein Musical. In der Ferienzeit stehen verschiedene gemeinsame Fahrten für Kinder, künftige Konfirmanden oder Familienfreizeiten an.

In den jungen Gemeinden kommt man wöchentlich zusammen. Veranstaltungen für alle gibt es einmal im Monat. Was aktuell ansteht, was gerade passiert ist, darüber berichten sie auf ihrem Instagram-Kanal: @evangelische.jugend.potsdam

Johanetta Cornell stammt aus einem christlichen Elternhaus. Dass sie Pfarrerin werden möchte, hat sie allerdings erst nach einer Ausbildung in einem Verlagshaus entschieden. In der freien Wirtschaft läge aus ihrer Sicht zu viel Druck auf den Menschen. „Ich wollte lieber etwas machen, das den Menschen zeigt, dass sie wertvoll sind, wollte ihnen etwas von dem mitgeben, was ich von Zuhause kenne – die Kirche als Ort der Gemeinschaft und der Vielfalt.“

Deshalb habe sie nach dem Abschluss der Ausbildung ein Theologiestudium begonnen. Pfarrerin zu sein, sei anstrengend. Man sei immer im Dienst, auch am Sonntag und auch nachts. Ihr Mann sei Hausmann, sonst wäre das nicht möglich. Andererseits bekäme sie unglaublich viel zurück. „Mir gefällt an der Arbeit mit den Jugendlichen das Spontane. Man kann viel auf die Beine stellen mit ihnen. Es ist witzig und humorvoll“, erzählt die Mutter zweier Töchter.

Vermittlerin zwischen den Generationen

Einen großen Wunsch hat Johanetta Cornell allerdings noch. Es sollte neue Räume, quasi eine Kirche nur für die Jugendlichen geben, die sie sich auch nach ihren Vorstellungen einrichten könnten. Wäre das nicht toll? Cornell weiß, dass es im Kirchenkreis genügend davon gibt. Sie weiß aber auch, dass das ein sehr sensibles Thema sei. „Die Menschen vor Ort hängen an ihrer Kirche. Das verstehe ich auch.“

So bleibt es dabei, dass sie sich mit den jungen Leuten hin und wieder eine eigene Kirche schaffen – mit all den Problemen, die das bringen kann. So wie neulich, als sie mit Paddelbooten nach Sacrow übergesetzt sind und dort in der Kirche eine Andacht gefeiert und übernachtet haben. Zum Aufräumen am nächsten Morgen wollten die Jugendlichen laute Musik hören. Es habe nur wenige Minuten gedauert, bis andere Leute kamen und sich empörten. Das ginge doch nicht, dass die Sonntagsruhe so gestört wird. „Da bin ich dann vor allem als Vermittlerin gefragt, muss erklären, dass die Bedürfnisse Jugendlicher eben andere sind“, berichtet die Pfarrerin.

Wie lange sie Jugendpfarrerin sein kann, fragt sich Cornell aktuell nicht. Und wenn doch, beantwortet sie sie mit dem ihr typischen Humor: „So lange es mir nichts ausmacht, auf der Isomatte zu schlafen, kann ich das machen.“

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