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Landeshauptstadt: Nicht ganz sauber

„Ekel-Liste“: Fast jeder dritte kontrollierte Lebensmittelbetrieb beanstandet. Gastronomieverband besorgt

Es sind wenig appetitliche Zahlen: Bei fast jedem dritten kontrollierten Gastronomie- und Lebensmittelbetrieb in Potsdam haben die Inspektoren des Gesundheitsamtes im Jahr 2016 Verstöße festgestellt. Das geht aus einem bundesweiten Vergleich unter 57 Städten hervor, den das Verbraucherportal billiger.de erarbeitet hat. In Potsdam wurden im Jahr 2016 demnach 1267 der insgesamt 1749 Lebensmittelbetriebe kontrolliert. Dabei wurden 405 Verstöße festgestellt.

Mit der Quote von 32 Verstößen je 100 Betrieben landet Potsdam beim Ranking – die Verfasser sprechen von einer „Ekel-Liste“ – mit Platz 25 zwar noch im Mittelfeld. Zum Vergleich: Mülheim an der Ruhr und Trier schnitten mit drei Beanstandungen auf 100 kontrollierte Betriebe am besten ab, gefolgt von Eisenach, Gera und Bayreuth mit vier Verstößen. Beim Schlusslicht Pirmasens gab es 84 Beanstandungen auf 100 Betriebe, gefolgt von Heidelberg mit 71 und dem oberfränkischen Hof mit 68 Verstößen. 53 Städte verweigerten den Autoren der Studie verwertbare Auskünfte, sie blieben ohne Listenplatz. Dennoch sind die Befunde für Restaurant- und Imbissbesucher in Potsdam alles andere als beruhigend.

Die Frage danach, wie man sich als Kunde über beanstandete Betriebe informieren kann, konnte die Stadtverwaltung am gestrigen Freitag auf PNN-Anfrage nicht beantworten. Das Rathaus ließ auch offen, welcher Art die festgestellten Verstöße sind, ob es Schwerpunkte gibt und wie die Zahlen für 2017 ausfielen.

Dabei scheint sich die Lage in Potsdam in den vergangenen Jahren zumindest verbessert zu haben: 2008 wurde noch fast jeder zweite Betrieb von den Kontrolleuren beanstandet, wie die PNN damals berichteten. 2009 waren es sogar 62 Prozent. Nicht immer handelte es sich damals um Verstöße, die eine akute gesundheitliche Gefahr für den Gast darstellen – bemängelt wurden unter anderem auch fehlende Silikonfugen oder Risse in Fugen. Kontrolliert werden nicht nur Restaurants und Bistros, sondern auch Supermärkte, Seniorenheime oder Bäckereien.

Besorgt auf die Ergebnisse des aktuellen Rankings reagierte die Kreischefin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Alice Paul-Lunow. „Grundsätzlich ist es sehr schade, dass wir nicht im vorderen Feld mitspielen“, sagte sie den PNN am Freitag. Der Verband habe großes Interesse daran, dass Kunden auch eine entsprechende Qualität bekommen. Eine Veröffentlichung der Kontrolldaten vom Gesundheitsamt lehnt sie trotzdem ab – mit Verweis auf den Datenschutz und mögliche Nachbesserungsfristen für die Betriebe. Ein „transparentes Bewertungssystem mit klaren Standards und Vorgaben“ sei jedoch denkbar, so Paul-Lunow: „Dann könnte man darüber nachdenken, ob die Ergebnisse auch veröffentlicht werden.“ Sie verweist außerdem auf verbandseigene Qualitätsoffensiven wie die Siegel „ServiceQualität Deutschland“ oder „Brandenburger Gastlichkeit“. Diese böten auch für die Kunden Sicherheit.

Für Schlagzeilen hatte der Berliner Bezirk Pankow im Jahr 2009 mit einem amtlichen Gütesiegel in Smiley-Form für Gastronomiebetriebe gesorgt. In Potsdam hatte daraufhin die Grüne-Fraktion im Stadtparlament ein ähnliches System gefordert. Der Grüne-Antrag wurde nach Diskussion in mehreren Ausschüssen 2011 zurückgezogen, weil er sich „durch Verwaltungshandeln erledigt“ habe.

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