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Ende einer Institution. Die Tafel an der Schopenhauerstraße schließt und zieht um. Gründe dafür sind fehlendes Personal und die teils schwere körperliche Arbeit, der die – zumeist älteren – Ehrenamtlichen nicht mehr gewachsen sind.

© Andreas Klaer

Essensausgabe der Potsdamer Tafel schließt: In der Schopenhauerstraße ist Schluss

Nach fast 20 Jahren schließt die älteste Ausgabestelle der Potsdamer Tafel und zieht um. Ungewiss ist bislang, wie sich die Umstellung auf die bis zu 200 Kunden auswirkt.

Potsdam - Fast 20 Jahre lang war es ein vertrautes Bild in der Schopenhauerstraße: Hunderte Menschen stehen am Dienstagmorgen Schlange vor dem Eingang der Baptisten-Gemeinde, und warten auf die Essensausgabe der Potsdamer Tafel. Damit ist nun Schluss: Die Ausgabestelle wird am 24. Oktober das letzte Mal öffnen. Danach wird sie geschlossen. Ein Teil der Mitarbeiter wird die Ausgabestelle in Waldstadt verstärken, die künftig einen zusätzlichen Tag geöffnet haben wird.

„Es ist ein trauriger Einschnitt für die Gemeinde, für uns und für die Kunden“, sagt Maria Conze, Sprecherin der Potsdamer Tafel bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Dennoch sei er notwendig geworden, da die Gemeinde mit Personalmangel und der Überalterung vieler Helfer zu kämpfen hat. Rund 20 Ehrenamtler der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde engagieren sich derzeit bei der Essensausgabe, manche davon sind seit über zehn Jahren im Einsatz. Da es zu wenig Nachwuchs gibt, konnte der körperlich fordernde Betrieb unter den jetzigen Umständen nicht fortgeführt werden, so Pastor Michael Lefherz: „Wir waren auch nicht in der Lage, einen neuen ehrenamtlichen Leiter für die Stelle zu finden.“

Schwere Arbeit bei Wind und Wetter

Wer einmal bei der Ausgabe war, kennt die schwierigen Bedingungen, unter denen die Helfer gearbeitet haben: Im Hof hinter dem Gemeindehaus stehen Kisten voller Salatköpfe, Kürbisse, Brot, Äpfel und anderen Lebensmitteln und werden sortiert. Die Kunden müssen bei Wind und Wetter draußen stehen und warten, nur ein kleines Dach hängt über dem Ausgabetresen. Zudem gibt es keinen Kühlraum, wenig Lagerfläche, verwinkelte Räume und zu wenig Platz, um schwere Kisten mit Sackkarren von A nach B zu bewegen. „Das ist knallharte Arbeit, vor allem im Winter“, sagt Johannes Wegener, Gründer der Potsdamer Tafel.

In der Ausgabestelle in der Drewitzer Straße, die 2013 eröffnet wurde, sieht dies anders aus: Kunden können im Trockenen warten, es gibt keine Treppen und eine Kühlkammer. „Wir haben uns deshalb gesagt: Ok, wenn wir diese Ausgabestelle auch noch haben, dann macht es keinen Sinn, hier weiterzumachen“, sagt Lefherz. Etwa 15 Helfer aus der Schopenhauerstraße werden künftig am Dienstag die Ausgabestelle in der Drewitzer Straße unterstützen, die bislang nur am Mittwoch, Donnerstag und Freitag geöffnet hat. Schon 2014 hatte die Tafel eine ihrer Ausgabestellen in Kirchsteigfeld aus ähnlichen Gründen geschlossen und den Betrieb in die Drewitzer Straße verlegt.

Wohin gehen jetzt die 200 Kunden?

Ungewiss ist, wie sich die Umstellung auf die Kunden auswirkt: „Das muss sich zeigen“, sagt Wegener. Viele der bis zu 200 Kunden, die an den Ausgabetagen in die Schopenhauerstraße kamen, wohnten ohnehin in Waldstadt oder den angrenzenden Stadtgebieten, haben nun also kürzere Wege. Aber: „Der Rahmen ist ein anderer“, sagt Wegener. Die besondere, kirchliche Atmosphäre könne nicht in die Drewitzer Straße mitgenommen werden.

Die Ausgabestelle in der Schopenhauerstraße war eine Potsdamer Institution: 1998 hatte die Baptisten-Gemeinde einstimmig beschlossen, der neugegründeten Potsdamer Tafel zu helfen, sich bei der Essensausgabe zu engagieren. „Dies war unsere ‚Urausgabe’, hier hat alles angefangen“, sagt Conze. „Ohne die Unterstützung der Baptistengemeinde hätten wir das nicht beginnen können.“ Dass man damals, im Gegensatz zu heute, so viele ehrenamtliche Helfer finden konnte, war auch der Nachwendezeit geschuldet, so Lefherz: „Es gab viele Menschen, die früh aus dem Berufsleben ausgeschieden waren und Zeit hatten, sich hier zu engagieren.“

„Wir brauchen dringend Verstärkung, vor allem für unsere Fahrer- und Ausgabeteams“

Regelmäßig fand auch das „Tafel-Café“ statt, bei denen Kunden und Helfer ins Gespräch kommen konnten. Das Begegnungscafé soll nach der Schließung der Ausgabestelle aber an jedem zweiten Donnerstag im Monat fortgeführt werden.

Wegener bedauert die Schließung der Ausgabestelle sehr: „Wir gehen mit großer Wehmut, für uns war das hier immer eine ganz feste Burg.“ Damit ist der Standort Drewitzer Straße künftig die einzige Ausgabestelle der Potsdamer Tafel im Stadtgebiet, eine weitere gibt es in Teltow. Und der gemeinnützige Verein, für den über 100 Helfer tätig sind, steht vor dem gleichen Problem wie die Baptisten-Gemeinde: „Die Überalterung unser Ehrenamtler gepaart mit der körperlichen Arbeit“, sagt Wegener. „Wir brauchen dringend Verstärkung, vor allem für unsere Fahrer- und Ausgabeteams.“

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