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Dass Lebensmittel in Deutschland oft zu früh weggeworfen werden, haben mittlerweile auch die Händler erkannt.

© Matthias Balk/dpa

„Potsdam rettet Lebensmittel“: Gemeinsames Essen gegen Lebensmittelverschwendung

Im Juni wollen Potsdamer an zwei Aktionstagen ein großes, kostenloses Gemeinschaftsessen veranstalten. Dabei sollen ausschließlich überschüssige Lebensmittel verkocht werden.

Aufessen statt Wegschmeißen: Unter dem Motto „Potsdam rettet Lebensmittel!“ finden Anfang Juni in Potsdam zwei Aktionstage gegen Lebensmittelverschwendung statt. Am 4. Juni wird bei der „Langen Tafel“ ein großes, kostenloses Gemeinschaftsessen für alle Potsdamer stattfinden, bei denen überschüssige Lebensmittel verkocht werden, die am Tag zuvor bei einer Erntetour durch das Umland eingesammelt wurden. „Jedes achte Lebensmittel wird von uns weggeworfen, das sind pro Person 82 Kilo jährlich“, sagt Maria Conze von der Potsdamer Tafel, die die Aktion zusammen mit Slowfood Deutschland e.V. und dem Bundesernährungsministerium organisiert.

Am 3. Juni wird um 9.30 Uhr ein Bus vom Hauptbahnhof Potsdam losfahren, der interessierte Bürger zunächst zur Jugendschule am Schlänitzsee bringt, die ein Gemeinschaftsprojekt mit der landwirtschaftlichen Hofstelle „Bauerei Grube“ betreibt. Dann heißt es für die Besucher anpacken, denn auf der Hofstelle soll geerntet werden, zum Beispiel schiefe und knubbelige Karotten und Kartoffeln, die wegen ihres Aussehens vom Handel verschmäht werden.

Nächste Station wird um 12.30 Uhr der Obst- und Gemüsehof Teltower Rübchen in Stahnsdorf sein: Die Betreiber des Gemüsehofs werden nicht nur über die regionale Spezialität Teltower Rübchen berichten, sondern auch allgemeine Infos zum Anbau historischer Kulturpflanzen geben. Anschließend wird auch hier abgeerntet, danach geht es um 14 Uhr zurück nach Potsdam.

Erstes Gemeinschaftsessen am 4. Juni auf dem Luisenplatz

Am 4. Juni gibt es dann ab 11 Uhr auf dem Luisenplatz Nahrung für Kopf und Magen: Während an der „Langen Tafel“ gegessen wird, findet parallel ein Bühnenprogramm mit Musik und Gesprächen statt. So werden unter anderem Paavo Günther vom Netzwerk Foodsharing Potsdam, Johannes Wegner von der Potsdamer Tafel und Landwirt Mathias Peeters, der „Solidarische Landwirtschaft“ betreibt, über Strategien sprechen, wie weniger Lebensmittel verschwendet werden könnten.

Allein in Deutschland werden pro Jahr rund 12 Millionen Lebensmittel weggeschmissen, so Marie-Luise Dittmar vom Bundesernährungsministerium. Der größte Teil davon wird durch Privathaushalte verursacht. Unter den weggeworfenen Nahrungsmitteln stellen Obst und Gemüse mit 44 Prozent den größten Posten, gefolgt von 20 Prozent Back- und Teigwaren. Immerhin zwei Drittel dieser Lebensmittel-„Abfälle“ wären laut Maria Conze vermeidbar.

Potsdamer Tafel hat bis zu 300 Kunden pro Tag

Das, was die Supermärkte normalerweise wegwerfen würden, sammeln die bundesweit 900 Tafeln ein und verteilen es an Bedürftige. „An unserer Ausgabestelle in der Schopenhauerstraße haben wir pro Tag zwischen 200 und 300 Kunden“, sagt Johannes Wegner, Chef der Potsdamer Tafel. Und die Kundenzahlen wachsen, nicht zuletzt wegen der Flüchtlinge, die in Potsdam derzeit rund ein Drittel der Tafel-Kunden ausmachen (siehe Kasten).

Dies bringt die Potsdamer Tafel in Bedrängnis, denn gleichzeitig sinkt die Zahl der Lebensmittel, die an die gemeinnützige Einrichtung abgegeben werden. Wegner erklärt sich dies unter anderem damit, dass Supermärkte stärker als früher überschüssige Lebensmittel zum halben Preis anbieten. Zum anderen hätten die Händler – auch wegen der Aufklärungsarbeit der Tafeln – erkannt, dass ihre Lebensmittelverschwendung bares Geld kostet und kaufen nun umsichtiger ein. „Die haben gesehen, was sie an uns liefern und sich gesagt: Das ist zu viel“, sagt Wegner.

Eigentlich gute Nachrichten, denn schließlich soll die Lebensmittelverschwendung ja reduziert werden. Doch die Tafel müsse auch Bedürftige versorgen und sei für diese in Potsdam eine unverzichtbare Institution, so Wegner: „Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust.“ Die Ausgaben mussten bereits reduziert werden: Konnten die Kunden der Potsdamer Tafel früher an zwei Tagen in der Woche Lebensmittel abholen, geht dies mittlerweile nur noch an einem Tag.

Anmeldung für die Erntetour am 3. Juni unter Tel.; 0151 153 08 186 oder alh@lenkert-hoerrmann.de.

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