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Die Jury des von der Robert-Bosch-Stiftung gestifteten deutschen Schulpreises weilte zwei Tage lang in der Evangelischen Grundschule in Babelsberg.

© Andreas Klaer

Grundschule in Babelsberg im Rennen um Schulpreis: Wo Kinder gerne lernen und Eltern zufrieden sind

Die Evangelische Grundschule in Babelsberg hofft auf den deutschen Schulpreis. Die Jury lobt nach einem zweitägigen Besuch das Konzept und die Arbeit des Kollegiums.

Die Klassenräume heißen blaue oder gelbe Kamuffel, gelernt wird jahrgangsübergreifend und themenorientiert. Statt Mathe und Deutsch gibt es Thementage in Lernbüros. „Beim Thema Wasser beschäftigen sich die Kinder mit Lesen, Schreiben und Rechnen“, sagt Karen Kleemann vom erweiterten Leitungsteam der Evangelischen Grundschule in Babelsberg. Die Einrichtung in Trägerschaft der Hoffbauer-Stiftung kam bei der Verleihung des deutschen Schulpreises unter die besten 20 von 85 Bewerbungen. Am Mittwoch und Donnerstag machte sich eine Jury vor Ort ein Bild vom Konzept und dem Unterricht, sprach mit Schülern, Lehrern und Eltern.

Nach ihrer Visite waren die Jurymitglieder voller Lob. „Wir haben in dieser Schule eine Haltung vorgefunden, die ihresgleichen sucht“, sagte Jurorin Simone Fleischmann, die auch Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands ist. Sie lobte das besondere Verhältnis zwischen Schülern und Pädagogen und die Zufriedenheit der Eltern. Eine Mutter habe ihr gesagt, „mein Kind hat hier ein Zuhause gefunden“. Andere Eltern seien dankbar, dass ihre Kinder in der Evangelischen Grundschule lernen dürften. „So etwas zu hören, hätte ich mir als Lehrerin immer gewünscht“, sagte Simone Fleischmann.

Die Evangelische Grundschule in der Rudolf-Breitscheid-Straße 21 in Babelsberg wurde vor 17 Jahren gegründet.
Die Evangelische Grundschule in der Rudolf-Breitscheid-Straße 21 in Babelsberg wurde vor 17 Jahren gegründet.

© Andreas Klaer

Gelernt wird in den ersten drei Klassen jahrgangsübergreifend in Gruppen mit jeweils 26 Kindern. Die Schüler sitzen zusammen im Kreis, zum Schreiben haben sie Tablets auf dem Schoß. Für die Einzelarbeit sitzen sie an kleinen Tischen, oder auch mal darunter, auf den Podesten oder einer Galerie, die eine zweite Ebene in allen Räumen schaffen. „Die Möbel wurden mit den Kindern entwickelt“, sagt Markus Pieper, Juror und Berliner Schulrat.

Die gute Lernatmosphäre basiert auf rückhaltloser Wertschätzung und Anerkennung.

Bernhard Straub, Geschäftsführer der Robert-Bosch-Stiftung

Seit die erste Pisa-Studie Deutschland eine schlechte Bildungsqualität attestierte, solle der Schulpreis auf Einrichtungen mit besonders guten Konzepten aufmerksam machen, sagt Bernhard Straub, Geschäftsführer der Robert-Bosch-Stiftung, der einmal jährlich zusammen mit der Jury eine Schule besucht. Die Babelsberger Grundschule habe mit ihrer Platzierung unter den ersten 20 nun eine Sichtbarkeit erlangt. Auch Straub lobte deren Konzept. „Die gute Lernatmosphäre basiert auf rückhaltloser Wertschätzung und Anerkennung.“

Zehn Prozent der Schüler haben einen Förderbedarf

Jurorin Bettina Labahn von der Grundschule Neuruppin, die den Schulpreis bereits einmal gewonnen hatte, lobte das „unglaublich engagierte Kollegium, das mit Leidenschaft Schule macht“. „Sie haben eine Lernwelt geschaffen, in der sich Kinder entfalten können.“ Die Schüler verspürten deshalb Dankbarkeit und kämen gern in den Unterricht. Mehrfach wurde betont, dass alle Kinder dieselben Chancen bekämen und Schüler mit Behinderungen sehr gut eingegliedert würden. „Sie haben schwerkranke Kinder integriert, wie es die Gesellschaft nicht leisten kann“, lobte Simone Fleischmann. Zehn Prozent der Schüler haben einen Förderbedarf.

Schulleiterin Susanne Anders.
Schulleiterin Susanne Anders.

© Andreas Klaer

Schulleiterin Susanne Anders sagte, es sei gut, nach 17 Jahren des Bestehens der Schule nun von außen betrachtet zu werden. Den Erfolg des Schulkonzepts erklärt sie so: „Es ist eine Frage der Haltung. Wir machen uns nicht in erster Linie Gedanken über Regeln, Strukturen und Noten.“ Bei jedem Kind würden die individuellen Bedürfnisse betrachtet, aber gleichzeitig die Gemeinschaft gestärkt.

„Wir nehmen die Kinder so, wie sie sind“, erklärt Lehrerin Katharina Herrmann. „Es ist wunderbar, hier zu arbeiten.“ Die Arbeit mache Spaß, sei herausfordernd und relevant. „Wir verändern die Gesellschaft“, sagt sie. Das alles funktioniere unter baulich schwierigen Bedingungen, lobte Schulrat Pieper die in dem Altbau geschaffene Lernatmosphäre. Als nächstes Projekt soll die Küche der Cafeteria gemeinsam mit den Schülern rollstuhlgerecht umgebaut werden.

Leider müssten jedes Jahr auch viele Bewerbungen für die Schule mit rund 300 Plätzen sowie 55 Pädagogen, Sonderpädagogen und Erziehern abgelehnt werden, sagt Susanne Anders. Die Grundschule sei aber vor allem ein Lernort für Kinder aus der näheren Umgebung. Auch das wurde von der Jury lobend erwähnt. Für die Schule in freier Trägerschaft muss ein Schulgeld von mindestens 30 Euro pro Monat gezahlt werden. Die tatsächliche Höhe orientiert sich am Einkommen der Eltern. Abgerechnet wird über die Hoffbauer-Stiftung. „Wir wissen nicht, wie viel die Eltern verdienen“, betont Susanne Anders.

Die Jury tagt in der kommenden Woche und will danach 15 Nominierungen bekannt geben. Verliehen wird der Schulpreis im Oktober von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Berlin. Der erste Preis umfasst ein Preisgeld in Höhe von 100.000 Euro. Fünf weitere Schulen erhalten jeweils 10.000 Euro.

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