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Das Schülerticket für den öffentlichen Nahverkehr in Potsdam wird voraussichtlich deutlich billiger.

© Andreas Klaer

Etatverhandlungen vor Durchbruch: Potsdamer Rathausbündnis und Stadtspitze finden Kompromiss

Die Millionen-Forderungen der rot-grün-roten Kooperation werden etwas abgespeckt. Zum Beispiel soll das verbilligte Schülerticket nun 15 statt 9 Euro kosten.

Ein etwas günstigeres Schülerticket für den öffentlichen Nahverkehr, einen zunächst auf ein Jahr begrenzten Preisdeckel für Schulessen, mehr Geld für Kultur und Jugendsozialarbeit: Nach wochenlangem Ringen haben sich Rathausspitze und die rot-grün-rote Rathauskooperation nun verständigt, wie im geplanten Doppelhaushalt trotz eines drohenden Rekorddefizits noch Wünsche bezahlt werden können.

Die Einigung bestätigte die SPD-Fraktion – auch im Namen von Grünen und Sozial.Linken – bereits am Freitagabend in einer Pressemitteilung: „Das Ziel, auf der Stadtverordnetenversammlung im Juni den Haushalt zu verabschieden, ist in greifbare Nähe gerückt.“ Demnach habe die Kooperation „ihre Änderungsliste finalisiert“ – und zwar „in enger Abstimmung mit der Verwaltung in einer Reihe von gemeinsamen Beratungen“. Offene Fragen seien Mitgliedern der drei Fraktionen am Freitag von der Verwaltung noch beantwortet worden, hieß es in der Erklärung weiter. Alle von der Kooperation geforderten Anliegen würden „in Angriff genommen“. Möglich sei das durch „Anpassungen und zeitliche Verlagerungen“ von Maßnahmen.

Der Preisdeckel für das Schulessen wird zum Modellprojekt

Konkret umgesetzt werden soll nach PNN-Informationen ein bei knapp vier Euro greifender Preisdeckel für Schulessen, der zunächst als Modellprojekt für ein Jahr geplant ist – flankiert von einer Evaluation, was genau nötig ist, um gerade in finanziell schwächeren Gegenden dafür zu sorgen, dass Kinder nicht hungern müssen. Auch das kostenlose Frühstück an Schulen soll auf mehr Standorte ausgeweitet, ebenso mehr Schulsozialarbeiterstellen finanziert werden, hieß es aus Kooperationskreisen.

Die Spitzenvertreter der Rathauskooperation: Für die SPD Babette Reimers und Pete Heuer, Saskia Hüneke und Gert Zöller von den Grünen sowie Stefan Wollenberg und Sigrid Müller von der Fraktion Sozial.Linke.
Die Spitzenvertreter der Rathauskooperation: Für die SPD Babette Reimers und Pete Heuer, Saskia Hüneke und Gert Zöller von den Grünen sowie Stefan Wollenberg und Sigrid Müller von der Fraktion Sozial.Linke.

© Ottmar Winter/ PNN

Das Bündnis hat im Stadtparlament eine Mehrheit hinter sich – zusammen mit Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sind das 30 von 55 Stimmen. Die Kooperation betonte aber auch, eine Reihe von Änderungsanträgen weiterer Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung fänden „unsere Unterstützung“. Auch Beschlüsse aus Sozial-, Jugendhilfe- und Kulturausschuss seien in den Entwurf eingeflossen, hieß es.

Die nun gefundene Linie ist ein Kompromiss angesichts der schwierigen Haushaltslage. Ein Beispiel: Die Kooperation will das aktuell noch mit rund 25 Euro pro Monat zu Buche schlagende Schülerticket Potsdam AB möglichst noch dieses Jahr auf 15 Euro verbilligen – teilweise war sogar von nur neun Euro die Rede gewesen. Ferner will das Bündnis die Planungsleistungen für eine neue Jugendaktionsfläche am Hauptbahnhof bereitstellen, die Umsetzung könnte dann ab 2025 erfolgen. Geblieben sei also die mehrfach geforderte Priorität auf Kinder- und Jugendbelange, hieß es aus der Kooperation.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD).
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD).

© Ottmar Winter PNN

Mehr Geld ist auch für Klimaschutz- und Baumpflege und die Kultur vorgesehen – allerdings gibt es auch hier Abstriche gegenüber einem ersten Forderungspaket aus dem Bündnis von vor rund eineinhalb Wochen, das sich auf weit mehr als 12 Millionen Euro summiert hatte.

Das wäre aber aus Sicht der Stadtspitze zu viel gewesen, wie Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) kurz danach deutlich gemacht hatte – versehen mit der Warnung, die Stadt könne ihre Bürgschaftsfähigkeit verlieren, was auch das finanziell angeschlagene Bergmann-Klinikum weiter in Schieflage bringen könnte.

200
Millionen Euro könnte die Stadt Potsdam bis Ende 2027 zu viel ausgeben.

Wie berichtet, hatte Kämmerer Burkhard Exner (SPD) im Zuge der Haushaltsberatungen vor einem Defizit in Höhe von rund 200 Millionen Euro bis Ende 2027 gewarnt. Damit wären die dreistelligen Millionenrücklagen der Stadt aufgebraucht. Grund sind unter anderem die mehrstelligen Millionenkosten für das Klinikum, die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst, zusätzlich nötige Schulplätze und geplante Flüchtlingsunterkünfte.

Deswegen wollen Schubert und Exner ab 2024 ein Sparprogramm auflegen, das einige Monate vor der Kommunalwahl im nächsten Frühsommer beschlossen werden könnte. Dabei geht es um 24 Millionen Euro, die pro Jahr weniger ausgegeben werden sollen als bisher geplant. Allerdings hoffen die Rathausspitze auch weiter, dass Bund und Länder die finanzielle Unterstützung für die Kommunen noch ausbauen.

Dass nun zumindest einige Wünsche doch möglich waren, liegt nach PNN-Informationen daran, dass die Stadt zum Beispiel im ersten halben Jahr weniger Flüchtlinge aufnehmen musste. Das habe Geld sparen geholfen. Rund fünf Millionen Euro pro Jahr habe die Verwaltung so locker machen können, hieß es aus Verhandlungskreisen.

Konkret soll das Paket am heutigen Montag ins Ratsinformationssystem eingespeist werden, am Mittwoch folgt die Beratung darüber im Finanzausschuss. Die Opposition im Rathaus hatte vergangene Woche bereits Alleingänge der Kooperation kritisiert. Von einer Machtprobe zwischen der neuen SPD-Fraktionsspitze und Schubert war die Rede.

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