zum Hauptinhalt
20 Personen demonstrierten vor der Kreissynode und versuchten, Superintendent Zehner von der Freistellung der Pfarrerin Ute Pfeiffer abzubringen.

© M. Thomas

Protest gegen Suspendierung von Stadtteilpfarrerin Pfeiffer: Der Anker fehlt

"Wir brauchen unsere Kiezpfarrerin": Etwa 20 Schlaatzer demonstrierten gegen die Freistellung von Stadtteilpfarrerin Ute Pfeiffer. Doch die Kirche hält an der Suspendierung fest.

Potsdam - Die Stimmung ist gereizt: 20 Schlaatzer demonstrieren am vergangenen Samstag vor der Versöhnungskirche im Kirchsteigfeld, wo zeitgleich die zweitägige Kreissynode stattfindet. Ihre Forderung: Die zum Anfang des Monats freigestellte Ute Pfeiffer soll weiterhin Kiezpfarrerin am Schlaatz bleiben dürfen. Insbesondere während der Suche nach Elias bot sie den ehrenamtlichen Helfern im Stadtteil Halt, leistete Beistand.

Andreas Markert, Pfarrer der Sternkirchengemeinde, und Joachim Zehner, Superintendent des Kirchenkreises Potsdam, nehmen die Forderungen der Demonstranten vor der Versöhnungskirche entgegen. Mit Transparenten stehen die den beiden Kirchenvertretern gegenüber: „Wir brauchen unsere Kiezpfarrerin“, „Ute Pfeiffer gehört zum Schlaatz“ oder „Ute, unser Anker für den Schlaatz“ steht darauf. Sechs andere, darunter auch Kinder, haben sich gemeinsam T-Shirts übergestreift, auf das je ein Buchstabe gemalt ist. Gemeinsam schreiben sie: „Ute!!!“. Kurz zuvor haben die Demonstranten sich geeinigt, dass es respektvoll zugehen soll. Pfeifen sollen nur als letztes Mittel eingesetzt werden.

Petition für die Weiterbeschäftigung von Ute Pfeiffer

Nach einem kurzen Gespräch erlaubt Zehner den Demonstranten, ihr Anliegen im Kircheninneren, also vor der Kreissynode, vorzutragen. Mitsamt Transparenten ziehen die Unterstützer der Kiezpfarrerin in den Kirchensaal ein. Dort übergeben sie dem Präsidium der Synode die Petition für die Weiterbeschäftigung Pfeifers – die auch den PNN vorliegt – mit fast 50 Unterzeichnern. Auch Kircheninstitutionen und -mitglieder, das Bürgerhaus am Schlaatz, das Stadtteilmanagement Stadtkontor, „Wildwuchs“-Streetworker und der Kinderklub „Unser Haus“ zählen zu den Unterstützern der Petition. Insbesondere in der schweren Zeit nach dem Verschwinden des sechsjährigen Elias sei Pfarrerin Pfeiffer für viele Schlaatzer eine wichtige Stütze gewesen, heißt es darin.

„Uns ist bewusst“, sagt Kathrin Feldmann vom Stadtkontor im Namen der Unterstützer vor der Synode, „dass Frau Pfeiffer ihre Unterschrift unter ihre Freistellung gegeben hat.“ Für die Demonstranten seien aber andere Fragen entscheidend: „Wir wollen Antworten, wie es dazu kommen konnte, welche Alternativen Frau Pfeiffer hatte und wie es jetzt am Schlaatz weitergeht“, so Feldmann. Die Reaktion der Synode? Beifall. Zum Teil sind die Demonstranten auch darüber verärgert, dass sie vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Dass nicht früher mit ihnen gesprochen wurde. Schließlich hätten sie doch am besten über den Erfolg von Pfeiffers Arbeit berichten können.

Entscheidung ist gefallen

Aber: Die Entscheidung über die Freistellung Pfeiffers bei vollen Bezügen bis zum Juli 2016 sei bereits am 17. August gefallen, informiert Superintendent Zehner, der arbeitsrechtlich ihr Vorgesetzter ist. Wenige Tage später habe der Kreiskirchenrat zugestimmt. Seitdem oblag der Umgang mit den Informationen der Stadtteilpfarrerin Pfeiffer selbst, die den Vorgang erst kürzlich öffentlich machte. Das Team von „Kirche im Kiez“, wo die Theologin tätig war, sei natürlich schon früher informiert gewesen, sagt Till Schwabe, der ebenfalls Teil des Projekts ist. Man wollte zuvor versuchen, das Problem um die Freistellung anders zu lösen. Auch Anwälte schaltete Pfeiffer ein. Vergebens. Ihr blieb keine andere Wahl, als zu unterschreiben, sagt Schwalbe.

Welchen Stellenwert Ute Pfeiffer und ihre Arbeit für die Schlaatzer hatte, wird am Samstag vor der Versöhnungskirche deutlich: „Ich konnte sie Tag und Nacht anrufen“, sagt eine Frau mit Kinderwagen. „Nur wegen ihr bin ich auch in die Kirche eingetreten und habe meine Kinder taufen lassen.“ Mehrere Demonstranten beschreiben Ähnliches, Pfeiffer habe ihnen die Kirche nahegebracht. Infolge Pfeiffers Freistellung hätten außerdem bereits „sechs bis zehn Personen“ einen Umgemeindungsantrag gestellt, sagt eine andere Teilnehmerin, „wegen nicht christlichen Verhaltens“ der Sternkirchengemeinde in der Personalentscheidung.

"Unterschiedliche Auffassungen über die Schwerpunkte der Arbeit"

Joachim Zehner begründete die Freistellung bisher mit „unterschiedlichen Auffassungen über die Schwerpunkte der Arbeit“. Am Samstag aber wird er genauer: Dies betreffe vor allem die Verknüpfung der Arbeit mit der Sternkirchengemeinde und die Arbeit im Flüchtlingsheim am Schlaatz. Dort aber habe Pfeiffer Zehner zufolge nicht arbeiten wollen. Eine Demonstrantin erwidert, die Theologin habe am Stern mehrere Gottesdienste gehalten und sich auf anderem Wege für die Integration der Asylbewerber eingesetzt. Zum Beispiel mit dem Nachbarschaftscafé. Diese Art der Integration sei viel mehr wert, als mehrere Stunden in dem Asylheim zu sitzen, sagt die Frau. Der Superintendent führte jedoch an, dass es kirchenintern keine gemeinsame Vertrauensbasis mehr gegenüber Pfeiffer gegeben habe. Das habe auch sie so gesehen.

Wer Pfeiffers Nachfolge im Juli kommenden Jahres antreten wird, ist bisher unklar. Der Tenor der Demonstranten ist: Wenn das Vertrauen einmal zerstört wird, kann man es nicht wieder aufbauen. In einem der Petition beigefügten Schreiben heißt es: „Es war während der Krankheitszeit von Pfarrerin Ute Pfeiffer niemand bei uns, der uns geholfen hätte, sich nach uns erkundigt hätte. Vor Ort war keiner, auch nicht Pfarrer Markert.“

Markert, der eigentlich Pfarrer am Stern ist, soll die Stelle am Schlaatz solange parallel ausfüllen und zum Beispiel Seelsorge leisten. Die Demonstranten sind skeptisch, dass das funktionieren wird. Markert betont gegenüber den PNN, dass es aber auch andere Sichtweisen gebe, andere Schlaatzer zuversichtlich seien. Am 19. November will er zunächst mit den Menschen von „Kirche im Kiez“ ins Gespräch kommen, am 25. November mit den sozialen Trägern am Schlaatz. Der Sternkirchen-Pfarrer muss am Schlaatz jedenfalls bei null anfangen.

Lesen Sie weiter:

Ute Pfeiffer spricht im PNN-Interview über die Suspendierung >>

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false