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Naturkundemuseum Potsdam: Castros Kroko und andere Paradiesvögel

Das Naturkundemuseum Potsdam stellt erstmals das Krokodil aus, das einst als Staatsgeschenk aus Kuba kam. Es ist nicht der einzige Exot, der im Wissenschaftsschaufenster zu sehen ist.

Potsdam - Nein, in brandenburgischen Gewässern ist das, was seit heute im Naturkundemuseum Potsdam ausgestellt wird, nicht heimisch: Das knapp drei Meter lange Krokodil mit dem leicht geöffnetem Maul, aus dem Dutzende spitze Zähne ragen, stammt ursprünglich aus Kuba und war ein Geschenk von Fidel Castro an den DDR-Politiker Werner Lamberz. Als historisches Kuriosum ist das Präparat dennoch seit heute im neuen Wissenschaftsschaufenster des Naturkundemuseums zu sehen. Damit ist es erstmals auch der Öffentlichkeit zugänglich, nachdem das Reptil 2015 als Schenkung in das Museum kam.

„Die wussten damals nicht, was in der drei Meter langen Kiste drin war“, erzählt Sammlungs- und Ausstellungskonservator Dirk Berger über Lamberz und seine Familie, die 1971 einen gemeinsamen Urlaub auf Kuba verbracht hatten. Kurz vor dem Rückflug ließ Castro dem SED-Funktionär ein besonderes Geschenk zukommen: Die Familie stand bereits auf dem Rollfeld, um ins Flugzeug zu steigen, als plötzlich eine drei Meter lange Kiste herangerollt und umständlich verladen wurde – mit besten Grüßen von „El Comandante“.

Das Reptil stand lange friedlich im Wintergarten

Erst zu Hause in Wandlitz offenbarte die Kiste ihren Inhalt. Lamberz staunte nicht schlecht und wies dem ausgestopften Staatsgeschenk einen Ehrenplatz zu: Viele Jahre lang stand das Reptil friedlich zwischen Blumentöpfen auf einem Podest und war ein Blickfang des heimischen Wintergartens.

Nachdem Lamberz 1978 unter nie ganz geklärten Umständen bei einem Helikopterabsturz in Libyen verstorben war, musste seine Familie aus dem Haus in Wandlitz ausziehen. Das Krokodil verschwand im Keller und geriet über Jahrzehnte in Vergessenheit. 2014 zog Lamberz’ Mutter in ein Pflegeheim, bei der Auflösung der Wohnung kam auch das Krokodil aus Kuba wieder zum Vorschein. Sohn Ulrich Lamberz bot es verschiedenen Museen an, das Naturkundemuseum Potsdam sagte erfreut zu.

Als die seit über 30 Jahren verschlossene Kiste von den Mitarbeitern des Museums in Potsdam geöffnet wurde, erlebten diese einen Schock: Das Präparat war über und über mit Schimmel bedeckt. Sofort wurde die Kiste wieder verschlossen, damit keine Sporen an die empfindlichen Sammlungen des Museums gelangen konnten. Das Ganze erwies sich jedoch im Nachhinein als Irrtum: Bei dem vermeintlichen Schimmel handelte es sich lediglich um Staub.

Bizarre Bartfedern, gebogene Schnäbel

Nachdem das Präparat gesäubert und eine kleine Beschädigung am Fuß ausgebessert wurde, ist es nun im Wissenschaftsschaufenster zu sehen, wo regelmäßig besondere, selten gezeigte Objekte aus dem Depot des Museums für einen gewissen Zeitraum ausgestellt werden. Es ist nicht der einzige Exot, der im aktuellen Wissenschaftsschaufenster zu sehen ist: Ähnlich spektakulär ist eine historische Glasvitrine mit acht Paradiesvogel-Präparaten. Die balzenden Amazonas-Vögel mit Namen wie Goldlaubenvogel, Schmalschwanzparadieskopf oder Fächerparadieselster tragen bizarre Bartfedern, schillernde Federn und lange, gebogene Schnäbel.

Ihr genauer Ursprung ist unbekannt, sagt Präparator Christian Blumenstein: „Es sind vermutlich Wildvögel, die waren in der Schmuckindustrie damals sehr begehrt.“ Die Vitrine ist nach Machart des frühen 20. Jahrhunderts als Diorama mit gemalten Urwaldpflazen im Hintergrund gefertigt. Seit mindestens 1961 hat sie sich im Bestand der pädagogischen Hochschule Potsdam befunden. Da in Deutschland kaum noch solche exotischen Vögel lebend gehalten werden und sie in Südamerika beinahe ausgestorben sind, seien diese Präparate „echter Goldstaub“, so Blumenstein.

Aus mitteleuropäischen Gefilden stammen hingegen die Krähen-Bälge, die etwas traurig wie gerade erlegte Jagdbeute in einer anderen Vitrine liegen: „So werden die meisten Vögel im Depot gelagert, also platzsparend“, erklärt Jobst Pfaender, stellvertretender Leiter des Naturkundemuseums. Anders als Präparate werden die Bälge, also Vogel-„Felle“, nicht in Pose gesetzt, bekommen keine Glasaugen und auch keine Nachkolorationen des Gefieders.

Krähen spiegeln uralte wissenschaftliche Kontroverse wider

Die fünf ausgestellten Krähen wirken unspektakulär, spiegeln aber eine uralte wissenschaftliche Kontroverse wider: Links liegt eine schwarze Aaskrähe, rechts eine grau-schwarze Nebelkrähe, dazwischen farblich abgestufte Hybride. Seit mehr als 250 Jahren streiten Biologen darüber, ob es sich bei den zwei „Farb-Morphen“ um eigene Arten, Unterarten oder nur Farbvarianten handelt.

Neben dem Krokodil steht im Wissenschaftsschaufenster noch ein heimisches Raubtier: Wölfin „55/15“, wie sie offiziell heißt, war am 22. Februar 2014 nahe dem Flughafen Schönefeld auf der B96 tot aufgefunden worden. Als mobiles Präparat soll das Tier künftig bei verschiedenen Aktionen und Ausstellungen zum Thema Wölfe zum Einsatz kommen.

Die Exponate werden noch bis März 2017 gezeigt. Am Sonntag um 14 Uhr gibt Dirk Berger eine thematische Führung durch das Wissenschaftsschaufenster und das Depot des Naturkundemuseums. Dort lagern insgesamt 370 000 Objekte, die meisten davon Insekten.

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