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Anschluss verpasst. Studio Babelsberg verliert die US-Agentenserie „Berlin Station“ (Szenenbild) wegen fehlender Fördersicherheit. Die dritte Staffel wird in Ungarn entstehen, sagte Babelsberg-Vorstand Woebcken. Hintergrund ist das Ringen um die Koalition in Berlin – und der bislang nicht verabschiedete Bundeshaushalt.

© Frédéric Batier/epix

Filmwirtschaft Potsdam: „Berlin Station“ vor Absprung nach Ungarn

Das Studio Babelsberg verliert ein wichtiges Serienprojekt, weil die Freigabe von Fördermitteln wegen der Groko-Verhandlungen ins Stocken geraten ist. Filmschaffende drängen auf Verbesserung der Filmförderung.

Potsdam - Das Ringen um eine Koalition in Berlin hat dramatische Auswirkungen auf die hiesige Filmbranche. Denn solange der Bundeshaushalt für dieses Jahr weiter nicht genehmigt ist, können auch Filmfördermittel nicht oder nur zu einem kleinen Anteil ausgezahlt werden. Wegen der finanziellen Unwägbarkeiten sei man mit einigen Produktionen „in Schieflage“ geraten, eine erste internationale Serie habe man bereits verloren, sagte Carl L. Woebcken, der Vorstand der Studio Babelsberg AG, am Montag bei der Berlinale-Pressekonferenz in der Brandenburgischen Staatskanzlei. Die dritte Staffel der US-Agentenserie „Berlin Station“ wird demnach nicht wie die beiden ersten Staffeln in Babelsberg und Berlin, sondern komplett in Ungarn gedreht. „Das schmerzt uns sehr“, sagte Woebcken.

Ähnliches drohe auch bei der zweiten Staffel der ebenfalls in Berlin angesiedelten US-Serie „Counterpart“, so der Studiochef: „Auch hier warten wir derzeit auf Förderzusagen.“ Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr auf die Entwicklung in der Branche reagiert und einen neuen zehn Millionen Euro umfassenden Fördertopf unter anderem für das zunehmend wichtige Serienformat eingerichtet – der nun aber wegen der Hängepartie auf Bundesebene blockiert ist.

Betroffen sind auch viele Freiberufler

Leidtragend sei nicht nur das Studio, betonte Woebcken: „Wenn unsere Studios leer stehen, betrifft das eins zu eins alle Filmschaffenden in der Region.“ Das Studio arbeitet für große internationale Projekte mit vielen Freiberuflern zusammen. Schon im vergangenen Jahr sei man bei der Auslastung der Studioflächen nur auf etwa 25 Prozent gekommen, rentabel sei der Betrieb erst ab 50 Prozent Auslastung.

Auch der Regisseur Lars Kraume, dessen in Eisenhüttenstadt und im Studio Babelsberg gedrehter Film „Das schweigende Klassenzimmer“ bei der Berlinale Premiere feiern wird, muss um sein nächstes Projekt bangen. Er will in diesem Jahr die Serie „Eine Frau am Bauhaus“ drehen – für eine Ausstrahlung im Jahr 2019, wenn sich die Gründung der Bauhaus-Kunstschule in Weimar zum 100. Mal jährt. Aber auch er wartet auf die Förderzusage vom Bund: „Jetzt machen wir uns alle große Sorgen“, sagte er am Montag. Wegen des Jubiläums sei das Projekt nicht zeitlich flexibel. Gleichzeitig gebe es bei solchen Großprojekten einen langen Vorlauf: „Jetzt muss ich die Leute nach Hause schicken“, so Kraume.

Filmförderung ist im Standortwettbewerb entscheidend

Der Studiochef und der Regisseur appellierten gemeinsam mit Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) und Kirsten Niehuus, der Filmförderchefin des Medienboard Berlin-Brandenburg, auch für eine generelle Verbesserung der Filmförderung in Deutschland. Deutschland müsse im internationalen Standortwettbewerb „auf Augenhöhe“ mit der Konkurrenz in London, Budapest oder Prag kommen, sagte Studiochef Woebcken. Mit attraktiven Förderbedingungen stehe und falle der Filmstandort. Woebcken hält einen Wegfall der Kappungsgrenze und eine Öffnung der Fördertöpfe nötig. Bislang wird pro Produktion in Deutschland nur ein bestimmter Maximalbetrag gezahlt, der gesamte Fördertopf ist zudem jährlich begrenzt. Das sei bei der Konkurrenz im Ausland anders.

Für den Bundeshaushalt sei Filmförderung kein Minusgeschäft – im Gegenteil, betonte Wirtschaftsminister Gerber. Für jeden Euro an Filmförderung würden nicht nur beträchtliche Ausgaben in der Region, sondern auch Steuereinnahmen generiert. Für die im vergangenen Jahr vom Medienboard Berlin-Brandenburg ausgereichten Fördermittel für Filme und Serien in Höhe von rund 26 Millionen Euro etwa habe man in der Region Ausgaben von insgesamt 150 Millionen Euro verzeichnet. Die Filmwirtschaft sei wichtig als Wirtschafts- und Standortfaktor, so Gerber. Medienboard-Chefin Niehuus sagte, es sei „absolut zwingend erforderlich“, dass alle die Filmförderung betreffenden Ziele im Koalitionspapier auf Bundesebene auch umgesetzt würden.

Brandenburg will sich als Filmland auch touristisch vermarkten

Im Rahmen der Berlinale wolle man gemeinsam mit der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH an einem Konzept zur touristischen Vermarktung der brandenburgischen Drehorte arbeiten, kündigte Niehuus zudem an. Regionen, in denen Filme entstünden, hätten international „ein sehr gutes Image“. Das müsse auch hier für den Tourismus genutzt werden, sagte Niehuus. Bei der Berlinale laufen 15 vom Medienboard geförderte Film. Darunter ist auch der Puppentrickfilm „Isle of Dogs“ von Wes Anderson, der das Festival am Donnerstag eröffnet.

Studio Babelsberg will in diesem Jahr auch in Zukunftstechnologie investieren und ein neues 3-D-Studio einrichten. Mehr dazu lesen Sie hier >>>

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