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Landeshauptstadt: „Alles war top secret“

Der Potsdamer Leonard Carow spielt im neuen Steven-Spielberg-Film mit: „War Horse“ entstand 2010 in England

Seit der Trailer in den Kinos läuft, kommen auch die Fragen. Von Freunden oder Mitschülern. Dabei ist Leonard Carow in der Vorschau nur für Sekunden zu sehen. Aber der 17-jährige Potsdamer, der bisher unter anderem in Fernseh-Krimis spielte, stand diesmal für keinen geringeren als Hollywood-Erfolgsregisseur Steven Spielberg vor der Kamera. In Spielbergs neuestem Werk „Gefährten“ – der englische Titel ist „War Horse“ – spielt Carow an der Seite von David Kross („Der Vorleser“) einen deutschen Jungen. Die aus der Sicht des Pferdes Joey erzählte Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg ist derzeit sechsfach für den Oscar nominiert. In Deutschland startet sie am 16. Februar in den Kinos.

Deshalb darf Leonard Carow jetzt auch reden. Das war während der Vorbereitung und der Dreharbeiten im Jahr 2010 noch anders: Kein Wort durfte der Nachwuchsschauspieler über das Projekt verlieren, keine Fotos am Set schießen. Selbst das Drehbuch bekam er nur im Produktionsbüro in London zum Lesen – damit nicht etwa Details in die Öffentlichkeit gerieten. „Das war alles top secret“, erzählt der Voltaire-Schüler. Ihm sei das aber ganz recht gewesen, fügt er hinzu und lächelt vorsichtig. Das Prahlen mit Filmrollen ist seine Sache nun wirklich nicht, das wird sofort klar, wenn man ihm gegenüber sitzt.

Dabei ist er nicht neu im Geschäft – und hat das Film-Gen sozusagen in der Familie. Nein, er ist nicht mit dem bekannten Regisseur Heiner Carow („Die Legende von Paul und Paula“) verwandt. Aber seine jüngere Schwester, Amber Bongard, war 2011 als Hauptdarstellerin in der herzerfrischenden Komödie „Sommer in Orange“ zu erleben, die ältere Schwester Isabel Bongard, die unter anderem in „Die Päpstin“ oder „Antikörper“ zu sehen war, hat die Schauspielerei mittlerweile zum Beruf gemacht. Gemeinsam mit seinen Geschwistern stand Leonard Carow vor neun Jahren auch zum ersten Mal überhaupt vor der Kamera – in einem „Tatort“. „Ich hab mich dafür begeistert und weitergemacht“, sagt er.

Auf Auftritte bei Löwenzahn, im „Polizeiruf“, bei „Der Kriminalist“ oder „Soko-Wismar“ kann der Potsdamer mittlerweile zurückblicken. Aber wie kam es zum Sprung in die Hollywood-Liga? Für Leonard Carow begann das erstmal wie jede andere Produktion auch: mit einem Casting in Berlin. Beim Namen Steven Spielberg sei er schon besonders „gespannt“ gewesen, räumt der Zwölftklässler ein. Einen Lieblingsfilm kann er aus der Fülle der Spielberg-Klassiker von „E.T.“ über „Indiana Jones“ bis zum „Weißen Hai“ gar nicht wählen. Für Leonard Carow ist das alles „ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk“. Dann ging alles sehr schnell. In den Sommerferien 2010 wurde der Schüler nach London eingeladen. „Ich dachte, es gibt ein weiteres Casting, aber dann stellte sich heraus, dass ich die Rolle schon habe“, erzählt er. Stattdessen ging es zur Fieldways-Farm vor den Toren Londons – zum Reittraining. In gut zwei Monaten lernte Leonard Carow, ohne Sattel im Galopp zu reiten. „Ein Crashkurs“, resümiert der Potsdamer.

Mit dabei: Filmbruder David Kross und die englischen Darsteller wie Benedict Cumberbatch oder Tom Hiddleston. „In dem Moment, wo ich David getroffen habe, wusste ich, dass es funktioniert“, sagt Leonard Carow. Die Stimmung im Team sei „sehr gut“ gewesen, erinnert er sich. Auch sein Englisch habe sich im täglichen Gebrauch schnell verbessert.

Trotzdem musste er an seinem Akzent arbeiten: Denn obwohl Carow und Kross ein deutsches Geschwisterpaar darstellen, sollten sie nicht nur akzentfrei englisch sprechen – sondern auch einen bestimmten ländlichen Slang. Ein Dialekttrainer half beim Einstudieren: „Wir haben viele Zungenbrecher gelernt“, erzählt Leonard Carow und lächelt.

An den ersten Drehtag in England im Herbst 2010 erinnert er sich noch gut. Alles an der Produktion war „enorm“: „Die Sets waren riesengroß, es waren extrem viele Leute dabei.“ Ganze Schlachtfelder ließ Spielberg für den Film nach dem gleichnamigen Jugendbuch des britischen Autors Michael Morpurgo nachbauen, Hunderte Komparsen waren beteiligt – und zahlreiche Pferde. Allein für Joey, das titelgebende „War Horse“, waren neun Tiere verschiedenen Alters im Einsatz. Die Figuren von Carow und Kross – Michael und Gunther Schröder – arbeiten zunächst bei der Ambulanz und kümmern sich um das Pferd – doch dann wird der Jüngere an die Front geholt.

Die Arbeit mit Spielberg und dem Filmteam hat Carow beeindruckt: „Alle waren unglaublich schnell und professionell, aber die Atmosphäre war trotzdem angenehm und entspannt“, erzählt er. Der Regisseur habe am Set immer neue Ideen entwickelt, das Drehbuch geändert: „Man hat gemerkt, dass er sich zu jeder Szene genau Gedanken macht“, sagt Leonard Carow. Neun Drehtage hatte der Potsdamer gemeinsam mit David Kross. Zum Abschied der beiden deutschen Schauspieler habe es ein Feuerwerk gegeben, dann ging es zurück nach Potsdam.

Erst im November 2011 hat der 17-Jährige wieder vor der Kamera gestanden: Für das ZDF-Heimkinder-Drama „Schläge im Namen des Herrn“. Dass es momentan kein neues Projekt gibt, nimmt er als Chance: Denn auch wenn er das Schauspielern schätzt, sieht Leonard Carow seine berufliche Zukunft eher hinter der Kamera – oder in der Filmmusik. „Darum muss ich mir jetzt die Zeit nehmen, auch andere Sachen auszuprobieren“, sagt er. Gerade hat er für ein Schultheaterstück Musik komponiert – und wird sie demnächst bei der Premiere selbst auf dem Klavier spielen. Außerdem dreht er mit Freunden Videos, Kurzfilme. Und er sieht Filme, fast jeden Tag einen, quer durch die Filmgeschichte: „Da gibt es soviel zu entdecken.“

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