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Knöllchen für Pflegedienste: „Etwas Rücksichtnahme wäre nicht verkehrt“

Ambulante Pflegedienste in Potsdam klagen über das rigorose Vorgehen des Ordnungsamtes gegen Dienstfahrzeuge. Sie fordern eine unbürokratischere Regelung zur Erteilung von Sondergenehmigungen zum Parken. Doch die Stadtverwaltung hebt die Hände.

Potsdams Pflegedienste schlagen Alarm: Knöllchen gehören für die Pflegekräfte auf der Tour zu ihren Patienten in den Wohngebieten mittlerweile zum Alltag – eine praktikable Alternative für eine Ausnahme-Parkgenehmigung beispielsweise in Anwohnerparkzonen fehlt in der Landeshauptstadt bislang aber. Die Stadtverwaltung sieht ihre Möglichkeiten zu einem Entgegenkommen schon ausgeschöpft.

Wöchentlich laufen beispielsweise bei den Pflegekräften der Diakonie-Pflege Potsdam Nord Knöllchen auf. Zwar übernimmt die Firma – wie andere Anbieter auch – die Kosten für Parkscheine, auf den Knöllchen-Gebühren bleiben aber die Mitarbeiter sitzen, sagt Pflegedienstleiter Mario Hildebrandt. Die hätten jedoch oft gar keine Chance: „Manchmal kann der Besuch beim Patienten einfach mal 30 Minuten statt 20 dauern – wir arbeiten nicht am Fließband.“ Schon bei Überschreitungen im Minutenbereich verteile das Ordnungsamt Strafzettel, kritisiert er – und das, obwohl die Fahrzeuge als Dienstfahrzeuge gekennzeichnet seien und Telefonnummern am Auto stehen. In einem Fall sei sogar ein Pflege-Auto abgeschleppt worden, während der Kollege beim Patienten war. „Ein bisschen mehr Rücksichtnahme wäre nicht verkehrt“, findet Hildebrandt.

Ein weiteres Problem sind Anwohnerparkzonen wie in der Burgstraße: Dort befänden sich die nächsten freien Parkplätze oft erst mehrere Hundert Meter von den Patientenwohnungen. „Ja, was sollen wir denn machen?“, fragt Hildebrandt. Für ihn klingt es wie ein Hohn, wenn die Stadt auf der anderen Seite fordert, dass häusliche Pflege – wo es geht – vor der stationären Betreuung in Pflegeheimen stehen soll.

Auch bei der Volkssolidarität ist das Problem bekannt: Ein-, zweimal im Monat gibt es dort Strafzettel – auch hier bleiben die Mitarbeiter auf den Kosten sitzen. „Wir zahlen den Parkschein – wenn der Mitarbeiter überhaupt einen lösen kann“, sagt Volkssolidaritätschef Herbert König. Vor allem in Anwohnerparkzonen würde es oft länger dauern, einen Parkplatz zu finden, als den Patienten zu versorgen. Auch König bestätigt Berichte, wonach bereits Überziehungen im Minutenbereich von den Ordnungshütern geahndet werden.

Ähnliche Erfahrungen hat auch Jürgen Frei, der Geschäftsführer des häuslichen Pflegedienstes Wiku, gemacht. Bei ihm fällt die Knöllchen-Bilanz wegen einer Besonderheit sogar noch schlechter aus: „Wir bekommen jeden Tag drei bis fünf“, sagt Frei. Das Problem: Das Büro des Pflegedienstes befindet sich am Luisenplatz in der Zeppelinstraße, der Bereich davor ist ein Halteverbot. „Die Mitarbeiter müssen aber kurz halten, um die Schlüssel für die Patientenwohnungen zu holen“, erklärt er. Um eine Sondergenehmigung habe er sich schon bei der Stadt bemüht – vergeblich. „Da geht es nur um eine Stellgenehmigung für maximal zehn Minuten“, erklärt er. Ein Parkplatz im privaten Parkhaus Luisenplatz sei mit 220 Euro pro Monat für alle 20 Autos zu teuer – „dafür gibt es keine Vergütung von der Krankenkasse“, sagt Frei: „Wir können uns das Parkhaus nur für die Autos der vier Mitarbeiter, die dauerhaft im Büro arbeiten, leisten.“

Auch die Volkssolidarität hat sich bereits um eine Sondergenehmigung für die zehn Pflegedienst-Fahrzeuge bemüht, sagt Herbert König. Aber das Prozedere sei viel zu kompliziert – Genehmigungen gebe es nur straßenzugweise, dafür müssten die Adressen der Patienten, die sich durch den Wechsel ins Pflegeheim oder in stationäre Behandlung aber schnell ändern könnten, angegeben werden – ein erheblicher Bürokratieaufwand, nicht nur aufseiten der Pflegedienste, sondern auch bei der Stadtverwaltung: „Das ist unzumutbar“, so der Volkssolidaritätschef.

Er fordert eine generelle Regelung für Pflegedienste: „Die Stadt soll Sondergenehmigungen ausstellen, damit die Autos ohne größere Einschränkungen parken dürfen – zum vernünftigen Preis.“ Solche Regelungen gibt es unter anderem in München, Bielefeld, Konstanz, Hamburg oder Köln.

Aber die Potsdamer Stadtverwaltung hebt die Hände. Man habe das Problem bereits 2011 im Netzwerk „Älter werden in Potsdam“ diskutiert, sagt Stadtsprecher Jan Brunzlow. Für die 35 häuslichen Pflegedienste der Stadt bestehe die Möglichkeit, „gebietsbezogen“ – also für bestimmte Parkzonen – eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Das koste – je nach Zone und weiteren Bedingungen – zwischen 50 und 600 Euro im Jahr. Einen Standardpreis gebe es nicht, die Stadt verfahre branchenabhängig, die genaue Summe der Verwaltungsgebühr hängt unter anderem von der Art der gewünschten Zone – Mischparkzone oder Anwohnerparkzone – ab. Die häuslichen Pflegedienste lägen bei den Gebühren bereits am unteren Limit, so der Stadtsprecher.

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