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Unter dem Titel „Sozial in Potsdam“ hatte ein Bündnis verschiedener Träger zur Kundgebung vor das Rathaus gerufen.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Förderung für Sozialprojekte: „In unserer Existenz bedroht“

200 Potsdamer demonstrierten am Mittwoch gegen die geplante Streichung der Förderung für mehrere Sozial- und Gesundheitsprojekte. Dabei erhielten sie auch politische Rückendeckung.

Mit blauen Ballons, Trillerpfeifen und Hupen haben rund 200 Personen am Mittwoch vor dem Rathaus gegen die geplante Förderliste für Sozial- und Gesundheitsprojekte in Potsdam protestiert. Zehn Projekte, die Anträge auf Fördergelder gestellt haben, sollen laut dem Entwurf der Verwaltung 2024 keine Mittel erhalten. Betroffen sind unter anderem das Selbsthilfe-, Kontakt- und Informationszentrum Sekiz, die Ehrenamtsagentur der Arbeiterwohlfahrt (Awo) und die Selbsthilfegruppe für Blinde und sehgeschädigte Menschen des Sozialwerks. Aufgerufen hatte ein Bündnis mehrerer Organisationen unter dem Titel „Sozial in Potsdam“, Anlass war die Sitzung des Hauptausschusses am Abend.

„Ohne städtisches Geld wird es das Sekiz ab 1. Januar nicht mehr geben“, sagte Oliver Geldener, Vorstandsvorsitzender des Sekiz bei der Kundgebung. Der Verein existiere seit 1991, in früheren Jahren habe er für die Finanzierung kämpfen müssen. „Ich dachte, diese Verteilungskämpfe hätten wir hinter uns und wir wären nicht mehr in unserer Existenz bedroht“, so Geldener bitter.

Ohne städtisches Geld wird es das Sekiz ab 1. Januar nicht mehr geben.

Oliver Geldener, Vorstandsvorsitzender des Sekiz

Auf Schildern und in Redebeiträgen unterstützten Teilnehmer von Selbsthilfegruppen des Sekiz die Forderungen. „Dank Sekiz bin ich nicht alleine“ und „Ohne Sekiz mehr Notfälle“ war auf Pappplakaten zu lesen. Wolfgang Jäkel, der eine Gruppe für Alkoholkranke besucht, erinnerte sich an seine Vergangenheit als Alkoholiker. „Damals habe ich zwei Flaschen Schnaps am Tag getrunken, meine Lebenserwartung lag bei einem halben Jahr“, sagte er ins Mikrofon. Seit mehr als zehn Jahren sei er trocken. „Dank der Selbsthilfe bin ich noch am Leben.“

Rund 200 Personen demonstrierten vor dem Rathaus.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Reinhard König, Geschäftsführer des Sozialwerks Potsdam, forderte die Stadtverordneten dazu auf, „die Kürzungen zu verhindern“. Die Stadt dürfe sich „ihren Pflichtaufgaben nicht entziehen“. Die Finanzierung der Sozial- und Gesundheitsprojekte auf der Liste gehört zu den sogenannten freiwilligen Leistungen der Stadt. Zur Verfügung stehen 1,3 Millionen Euro, beantragt waren in der Summe knapp 1,8 Millionen Euro - also etwa eine halbe Million mehr.

Schubert verweist auf Beschluss der Stadtverordneten

Im Hauptausschuss, in dem kein Beschluss gefasst wurde, betonte Potsdams Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD), das Tischtuch sei zu kurz für den Bedarf. Allerdings seien für einige Angebote der Selbsthilfe andere Finanzierungen möglich, etwa durch die Krankenkassen, so Meier. „Niemand hat hier etwas gekürzt, sondern es sind Anträge nicht bewilligt worden“, stellte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) klar. Bei der Vergabe sei die von den Stadtverordneten beschlossene Richtlinie angewendet worden. „Wir können nicht einfach Geld draufpacken“, so Schubert.

Genau das fordert die Fraktion Sozial.Die Linke mit ihrem Antrag für die kommende Stadtverordnetenversammlung. „Wir wollen die Finanzierung dauerhafter Angebote endlich auf feste Füße stellen“, sagte die Stadtverordnete Isabelle Vandré bei der Kundgebung. Es gehe darum, diese aus der kurzfristigen Projektfinanzierung auszugliedern und aus dem regulären Haushalt zu finanzieren. Dazu müssten andere Mittel umgewidmet werden. Welche genau, wisse sie noch nicht. Auch ein Nachtragshaushalt findet Vandré denkbar.

Unterstützung erhielten die Demonstranten auch von Stadtverordneten der Grünen und der CDU. Uwe Fröhlich (Grüne) forderte die Verwaltung dazu auf, die Liste zurückzunehmen. Es müsse eine „ausgewogene Finanzierung“ geben. Matthias Finken, Fraktionsvorsitzender der CDU, warf dem Rathaus mangelnde Transparenz bei der Vergabe der Fördermittel vor. Es sei „im Hinterzimmer ausgekungelt worden“, so Finken.

Die zweite Lesung der Förderliste im Sozialausschuss ist für den 19. September angesetzt. Die Entscheidung über den Antrag fällt die Stadtverordnetenversammlung.

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