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Männer mit Masken. Bernd Wenzel und Robert Krüger (v.l.).

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Ein Lächeln, eine Drohung

Mit der Maske für den Film „V for Vendetta“ entstand in Babelsberg eine Ikone des 21. Jahrhunderts

Plötzlich war die Maske überall. Scientology-Gegner protestierten zuerst damit, heute kostümieren sich Internet-Aktivisten von „Anonymous“ mit der Larve des Grinse-Mannes mit dem geschwungenen Bart ebenso wie Anhänger der globalen „Occupy“-Bewegung gegen die Macht der Finanzmärkte oder aktuell Gegner des Urheberrechtsgesetzes „ACTA“. Die Maske, die den englischen Attentäter Guy Fawkes aus dem 16. Jahrhundert darstellen soll, ist weltweit zum Symbol geworden für den Kampf gegen scheinbar übermächtige Systeme – ganz ähnlich, wie das im Science-Fiction-Thriller „V for Vendetta“ im London der 2030er Jahre passiert.

Gedreht wurde der Streifen um den mysteriösen und stets maskierten „V“, der es mit einem neofaschistischen Regime aufnimmt, 2005 im Studio Babelsberg. In den Babelsberger Werkstätten entstand damals auch die Maske. Der Filmplastiker Bernd Wenzel entwarf sie nach der Comic-Vorlage für den Film von Alan Moore und David Lloyd, Filmkunstmaler Robert Krüger sorgte für das „Make up“: Die Haut bekam einen „ausgebleichten Knochenton“, die Wangen wurden mit Rouge akzentuiert.

Wie so oft beim Film musste es schnell gehen: Zwei Wochen blieben vom ersten Entwurf bis zur Abnahme, erinnert sich Bernd Wenzel. Mit seinen 62 Jahren ist er der dienstälteste Studio-Mitarbeiter, 1965 begann der gebürtige Babelsberger bei der Defa seine Lehre, ein Studium an der Kunsthochschule in Dresden folgte später. Sein Kommentar zum enormen Erfolg der Maske: ein gelassenes Lächeln.

Von Owen Paterson, dem „Vendetta“- Setdesigner, bekam er damals Comic-Zeichnungen als Vorlage, eine venezianische Maske – und das Gipsmodell vom Kopf des Hauptdarstellers. „Darauf habe ich verschiedene Varianten in Ton modelliert“, erzählt er. Die Comic-Zeichnungen hängen heute an der Wand in der Werkstatt, neben den hohen Regalen, auf denen sich kalkweiße Skulpturen und Büsten stapeln.

Irgendwann war es perfekt, dieses Lächeln, das gleichzeitig eine Drohung ist. Dass Robert Krüger die Farbe in letzter Minute mit Airbrush-Technik aufgesprüht hat, sollte er später bereuen: Denn Paterson und die Wachowski-Geschwister, die das Drehbuch verantworteten, bestanden auf exakten Kopien des Prototyps. Mit dieser Technik war das aber extrem zeitaufwändig, erklärt Krüger. Nach einigen Nachtschichten wurde schließlich sogar eine neue Mitarbeiterin nur für die Maskenbemalung eingestellt.

Insgesamt 56 Masken aus glasfaserverstärktem Kunststoff wurden für den Film gefertigt – unter höchster Geheimhaltung. „Die Masken wurden im Alu-Koffer hin- und hergetragen“, erzählt Krüger. Dann holt er ein Exemplar aus dem Schrank in seinem Büro. Es ist ein Luxusmodell im Vergleich zu den heute überall für wenige Euro erhältlichen Kopien: Von innen ist die Maske mit Schaumstoff gepolstert, Augen- und Mundschlitz mit schwarzer Gaze verklebt. Dadurch werden die Pupillen unsichtbar, der Träger wirkt geheimnisvoller. Für die Stuntmen wurden spezielle Masken mit größeren Atemlöchern gefertigt, sagt Krüger.

Nur für die Schlussszene des Films, in der eine maskierte Menschenmenge zu sehen ist, entschied man sich für die sparsame Variante: 500 Masken wurden in einer Berliner Werkstatt aus Plastik „tiefgezogen“. Als Krüger kurz nach Drehschluss eine solche Komparsen-Maske im Internet bei „Ebay“ fand, wies er den Verkäufer noch per Mail darauf hin, dass es sich nicht um eines der teuren Originale handelte. Der Rest ist Geschichte. J. Haase

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