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Solarthemie-Kraftwerk in Brandenburg

© dpa/Soeren Stache

Wie heizt Brandenburg ab 2045 klimaneutral? : Erstes Wärmekataster für Mark vorgelegt

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hat ein Wärmekataster für das ganze Land vorgelegt, mit dem die Kommunen nun das klimaneutrale Heizen von Morgen planen können - ohne Öl, Kohle und Gas.

Brandenburgs Landesregierung will die Wärmewende zum klimaneutralen Heizen im Land vorantreiben, also zu einer Wärmegewinnung künftig ohne Gas, Öl oder Braunkohle, um das Land bis 2045 klimaneutral zu machen. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) präsentierte dafür am Mittwoch ein flächendeckendes Wärmekataster für das gesamte Land. Brandenburg sei auch hier „an der Spitze der Bewegung“, sagte Steinbach. „Ohne diesen Hebel werden wir die Klimaziele nicht schaffen können.“

Brandenburgs neue digitale Wärme-Landkarte enthält detaillierte Angaben zum Status Quo und den Potenzialen einer künftigen klimaneutralen Wärmeversorgung auf Gemeindeebene - flurscharf. Sie soll den Gemeinden, Städten und Kreisen helfen, die nach Bundesvorgaben erforderlichen kommunalen Wärmeplanungen für jede Körperschaft zu erstellen.

Es werde in der Energie- und Klimaschutzdebatte zu oft nur über den Strom geredet, sagte Steinbach. Dabei sei der Wärmesektor für die Energiewende genauso bedeutsam, der in Brandenburg immerhin 58 Prozent des Endenergieverbrauchs im Land und 40 Prozent der energiebedingten Kohlendioxid-Emissionen ausmache.

40
Prozent der energiebedingten Kohlendioxid-Emissionen in Brandenburg stammen aus dem Wärmesektor

Genau dort setzt das Wärmekataster an, das vom Wirtschaftsministerium 2022 beauftragt und von der auf Energie spezialisierten Unternehmensberatung Conenergie erstellt wurde. Die hat zuerst einmal alle verfügbaren Daten gesammelt, wie in Brandenburg bislang Häuser, Betriebe und Wasser geheizt werden. „Da steckt irre viel Arbeit drin“, sagte Steinbach. Es flossen Daten zu Gebäudetypen, Lage, Alter, genutzten Energieträgern und die Netzanschlusssituation ein.

Brandenburgs wichtigste Wärmequelle ist Erdgas

Brandenburg ist bei der Wärmeversorgung vor allem ein Gasland. Von den jährlich 17.457 Gigawattstunden (2022), die für warme Gebäude und warmes Wasser benötigt werden, haben 11892 Gigawattstunden Erdgas als Energieträger. Es folgen Heizöl mit 2883 Gigawattstunden, Fernwärme mit rund 1000 Gigawattstunden und Pellets mit 820 Gigawattstunden. Die Kohle, zu DDR-Zeiten noch dominierend, macht nur noch 120 Gigawattstunden aus.

Wie Conenergie-Projektleiter Philipp Melzer erläuterte, geht aus dem Kataster hervor, welche Potenziale es in jeder Gemeinde dort für eine klimaneutrale Wärmeerzeugung aus Erneuerbaren Energien gibt. Die Palette reicht von Geothermie, Flussthermie, Abwärme von Industrie, Biomasse, Solarflächen bis hin zu geeigneten Standorten für Erdwärmekollektoren.

Testkommen haben mitgeholfen

Das Ganze erinnert an den „Solaratlas“, mit dem für jedes Haus, für jedes Grundstück in der Mark jeder Interessierte das Fotovoltaik-Potenzial abrufen kann. Mit dem Wärmekataster, das auf dem Brandenburger Energieportal seit Mittwoch freigeschaltet ist, sind die Daten allerdings nur bis auf Flur-Ebene öffentlich - aus Datenschutzgründen nicht für jedes Gebäude. Ab 2024 sollen für die Kommunen weitere Tools - nämlich Simulationsrechnungen für die Wärmeplanungen - bereitgestellt werden.

Damit das Kataster für Rathäuser und Verwaltungen auch praktikabel ist, es angenommen und „kein Datenfriedhof wird“ (Steinbach) wurde das Kataster gemeinsam mit zwei Testkommunen entwickelt, nämlich der Stadt Frankfurt (Oder) und Michendorf bei Potsdam. „Wir haben das Ziel, eine nachhaltige, bezahlbare Wärmeversorgung zu erreichen“, erklärte Michendorfs Bürgermeisterin Claudia Nowka (Bündnis für Michendorf). „Auch die Bürger bewegt das sehr.“ Es gebe Anfragen, ob sich der private Einbau einer Wärmepumpe lohne, ob Michendorf ein neues Nahwärme-Netz plane, also klimaneutrale übergreifende Lösungen. Da die Datengrundlage nun vorliege, werde man spätestens Anfang nächster Woche die Ausschreibung für die Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung veröffentlichen, sagte Nowka. Sie könne andere Kommunen nur dazu aufrufen, dieses Wärmekataster zu nutzen. „Wir haben gute Einblicke bekommen.“

Danach wird in Michendorf, ohne Windrad, Freiflächen-Solaranlagen, Biomassekraftwerk, ohne einen Industriebetrieb mit Abwärme, eine vollständigen Dekarbonisierung bis 2045 bei der Wärme extrem schwierig. Nach den Katasterdaten könnten künftig maximal zwölf Prozent der mit 68 Hektar großen Gemeinde mit sechs Ortsteilen über Nahwärme-Netze erschlossen werden, so Nowka. „Wir werden immer Individuallösungen brauchen.“

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