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Projekt „Laden oder tanken?“ – Schüler diskutieren mit Minister Jörg Steinbach die Zukunft alternativer Antriebe.

© Andreas Klaer

Planspiel zur Verkehrswende: Was Potsdamer Schüler über E-Mobilität und Wasserstoff denken

Beim Planspiel „Laden oder tanken?“ debattierten Jugendliche in Brandenburg zu E-Akkus und Brennstoffzellen. Offene Fragen beantworteten der Wirtschaftsminister und Experten.

Wie sicher sind die ersten Wasserstoffautos? Woher bekommen wir in den globalen Krisenzeiten verlässlich Wasserstoff und seltene Erden? Und wie kann die neue Mobilität finanziert werden? Die Schülerinnen und Schüler aus Potsdam, Nauen, Oranienburg und Neuenhagen wollen ganz genau wissen, wie die Mobilitätswende in Brandenburg gelingen kann.

Seit dem Planspiel „Laden oder tanken?“, das Jugendliche an 20 Brandenburger Schulen, darunter zwei in Potsdam, im vergangenen Jahr durchlaufen haben, sind sie Expertinnen und Experten auf dem Gebiet. Antworten auf ihre offenen Fragen finden sie bei der Abschlussveranstaltung am Montag bei Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sowie Expertinnen und Experten aus Wasserstofflobby, Naturschutz und Wirtschaftsförderung.

Stehen den Jugendlichen für Antworten parat: Armin Henning von der Wirtschaftsförderung Brandenburg, Pauline Schur vom Nabu, Werner Diwald vom Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, v.l. In der Mitte Moderatorin Katja Sinko.

© Andreas Klaer

Planspiel zu Gesetzgebung und alternativen Antrieben

Auf dem Podium sitzen die Verantwortlichen, in deren Rollen die Jugendlichen im Planspiel geschlüpft waren. Sie vertraten in dem fiktiven Gesetzgebungsprozess die Staatskanzlei und Landesministerien sowie Verbände der Automobilindustrie, der E-Mobilität und den Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband, die Fraunhofer-Gesellschaft und den Naturschutzbund (Nabu). „Die Schülerinnen und Schüler mussten entscheiden, wie sie die Tank- und Ladeinfrastruktur ausbauen, wie sie Forschungsgelder verteilen und welche steuerlichen und finanziellen Anreize sie für Unternehmen und Privatpersonen setzen“, berichtet Lukas Zidella von der Deutschen Gesellschaft, dem Veranstalter der Workshops.

Fast alle Gruppen haben sich entschieden, beide Technologien zu fördern.

Lukas Zidella, stellvertretender Leiter EU & Europa bei der Deutschen Gesellschaft

Seit 2021 können Jugendliche in dem vom Wirtschaftsministerium geförderten Projekt mehr zur Mobilitätswende und alternativen Antriebstechnologien lernen sowie das komplexe Verfahren eines Fördergesetzes erleben. „Fast alle Gruppen haben sich entschieden, beide Technologien zu fördern“, fasst Zidella die Ergebnisse der 20 Schulen zusammen. 62 Prozent der Förderung soll laut ihnen in Brennstoffzellen und Wasserstofftechnologie fließen, 38 Prozent stimmten für Lithium-Ionen-Akkus und E-Mobilität. Zudem soll der Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmittel gefördert werden.

Jugendliche verschiedener Brandenburger Schulen berichten von ihren Planspielen.

© Andreas Klaer

„Den Gesetzgebungsprozess fanden wir äußerst interessant“, berichtet Elftklässler Emil Asmusen von der katholischen Marienschule Potsdam. Englischlehrerin Raja Kienitz hatte für den gesamten 11. Jahrgang das Planspiel als Projekttag im September organisiert, denn es sei wichtig, „dass man sich mit der Mobilitätswende auseinandersetzt, unabhängig von Fach und Seminarkurs“. Dass die Jugendlichen in verschiedene Rollen, die nicht immer ihre Überzeugung widerspiegeln, hineinfinden, sei für sie spannend, so Raja Kienitz.

Diese Fragen haben Jugendliche zur Mobilitätswende

Im Brandenburg-Saal der Staatskanzlei will ein Potsdamer Schüler wissen, wie sicher die ersten Autos mit Brennstoffzellen seien. Ein Wasserstoff- oder E-Auto gehe statistisch nicht öfter in die Luft als ein Verbrenner, antwortet Pauline Schur, zuständig für Verkehrspolitik beim Nabu.

Potsdamer Jugendliche im Gespräch mit Expertinnen und Experten.

© Andreas Klaer

Und die Rohstoffsicherheit? „Unser Anspruch ist es, dass wir wenig auf Importe angewiesen sind“, sagt Minister Jörg Steinbach. Die Wasserstoffversorgung solle über eigene Elektrolyseurkapazität laufen, die Batterietechnologie werde als Kreislaufwirtschaft – von Rohmaterialbeschaffung bis Recycling – etabliert. „Unser Anspruch ist, dass mindestens 50 Prozent des Lithium-Bedarfs aus dem Recycling gedeckt wird“, so Steinbach. Bei den Lithium-Eisenphosphat-Akkus von Tesla braucht es kein Kobalt und Mangan, zudem soll es Salzbatterien geben, ergänzt Armin Henning, zuständig für Elektro- und Wasserstoffmobilität bei der Wirtschaftsförderung Brandenburg.

Die Vision 2034

Die Moderatorin fragt nach der Vision in zehn Jahren. „Ich gehe fest davon aus, dass wir im privaten Haushalt Verbrenner-Fahrzeuge nur noch auf dem Gebrauchtmarkt haben werden“, antwortet Steinbach. CO₂-Zertifikate werden teurer, die Verbrenner-Neuzulassung unattraktiver und letztlich 2035 verboten. 70 Prozent der Fahrzeuge auf der Straße könnten strombetrieben sein, prognostiziert Steinbach. E-Fuels sieht er hingegen vor allem in der Schiff- und Luftfahrt.

Minister Jörg Steinbach diskutierte mit Jugendlichen.

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„Ab 2025 werden wir schwere Lkw mit E-Batterie auf den Straßen haben“, prognostiziert Armin Henning. 2027 oder 2028 komme die Brennstoffzelle dazu. Doch für die Wasserstofftechnologie brauche es flächendeckend Tankstellen und Anreize durch Förderprogramme, sagt Werner Diwald vom Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband. In den Betriebskosten herrsche zwischen Diesel, Brennstoffzelle und E-Akku Parität. „Wir müssen die Beschaffungskosten senken“, so der Verbandsvorsitzende.

Pauline Schur vom Nabu setzt bis 2034 auf eine pünktlichere und besser ausgebaute Bahn und fragt: „Reicht nicht ein Auto pro Haushalt?“ Viele Jugendlichen bestätigen, dass ihre Familie mehr als ein Auto besitzt.

Der Streit, Kompromiss und Widerspruch, den die Jugendlichen nachgespielt haben, ist auf dem Podium real. „Es ist beeindruckend, deren Sichtweisen zu sehen, nicht nur die, die auf dem Papier standen“, sagt Benjamin Nowak von der Marienschule. Mitschüler Emil Asmusen ergänzt: „Es ist ein schwieriges und komplexes Thema. Es gibt viel zu viele Probleme, die gelöst werden müssen.“

Je nach Förderzusage soll das Planspiel „Laden oder tanken?“ der Deutschen Gesellschaft fortgeführt werden. Bald soll „Demokratie vor Ort. Ein Kommunalwahl-Planspiel in Brandenburg“ starten.

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