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Die Uckermärkischen Bühnen Schwedt. Die Uckermärkischen Bühnen Schwedt sind jetzt ein Denkmal der Ostmoderne. Die für Stadt und Theater überraschende Entscheidung des Landesamtes für Denkmalpflege verhindert vorerst eine dringende Sanierung des größten Gebäudes der Stadt. Freude kommt da nicht auf. +++ dpa-Bildfunk +++

© picture alliance/dpa/Patrick Pleul

Gebäude erhalten oder abreißen?: Ostmoderne in Brandenburg ist Last und Schatz

Bei einer Diskussion im Landtag gab es eine klare Tendenz. Eine Zeithistorikerin plädierte für den Erhalt scharfer Brüche in den Innenstädten. Auch das Potsdamer Rechenzentrum war Thema.

Die Uckermärkischen Bühnen in Schwedt an der Oder sind ein gutes Beispiel: Das im Jahr 1978 erbaute, ehemalige Kulturhaus ist voller Wandbilder. Eigene, für das Theater entworfene Lampen und auch der Metallvorhang, der den Bühnenraum vom Zuschauerraum trennt, machen das Gebäude bis heute zum Unikat. Es ist ein wichtiges Beispiel der sogenannten „Ostmoderne“ im Land Brandenburg.

„Der eiserne Vorhang in Schwedt hatte immer eine Doppeldeutigkeit – jeder wusste Bescheid, hat die Kalte-Krieg-Problematik verstanden“, sagt Christiane Onnen. Die Leiterin des Fachgebiets Inventarisation und Dokumentation des Landesdenkmalamtes arbeitet an einem Projekt zur Erfassung der baubezogenen Kunst der DDR im Land Brandenburg. Am Mittwoch berichtete sie dazu im Landtagsausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur.

Denkmalamt erfasst alle Bauten der Ostmoderne im Land

„In Schwedt haben wir ungefähr sechzig Kunstobjekte erfasst, von denen wir zehn in die Denkmalliste eingetragen haben“, sagt Christiane Onnen. „Aber alles andere halten wir natürlich auch für erhaltenswert.“ Bislang waren die Expertinnen und Experten in Schwedt, Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder) und Cottbus unterwegs. In diesem Jahr soll die Inventarisierung auch in Potsdam beginnen.

Aber warum sind Architektur und Kunst aus der DDR-Zeit eigentlich erhaltenswert? Der Architekt Martin Maleschka, der in mehreren Büchern die Kunst am Bau aus DDR-Zeiten dokumentiert hat, berichtete im Ausschuss davon, selbst in einem heute abgerissenen Plattenbauquartier in Eisenhüttenstadt aufgewachsen zu sein. „Menschen verbinden damit Emotionen und Erinnerungen an ihre Kindheit“, sagte Maleschka. „Das ist Heimat, unser Erbe – was die elterliche und großelterliche Generation uns hinterlassen wird.“

Zeithistorikerin für Erhalt scharfer Brüche in Innenstädten

Die Zeithistorikerin Anja Tack vom Leibniz-Zentrum für zeithistorische Bildung plädierte für den Erhalt scharfer Brüche in den Innenstädten. Das entspräche auch den historischen Zeitschichten. „Der Erhalt von Architektur und Kunst am Bau kann eine Auseinandersetzung mit historischen Sachverhalten jenseits des Schulbuchs fördern“, sagte Tack. Oft erlebe man aber auch Vandalismus: Seit das Gelände der ehemaligen Jugendhochschule Bogensee leer stehe, fühlten sich Spaziergänger offenbar immer wieder dazu aufgerufen, die Köpfe von Statuen abzuschlagen oder Dinge zu entwenden. „Das ist aber auch ein politisches Problem.“

Leerstand führt zu Vandalismus: Ein Gebäude der ehemaligen Jugendhochschule der DDR-Jugendorganisation FDJ am Bogensee bei Wandlitz.
Leerstand führt zu Vandalismus: Ein Gebäude der ehemaligen Jugendhochschule der DDR-Jugendorganisation FDJ am Bogensee bei Wandlitz.

© picture alliance / dpa/Jörg Carstensen

Natürlich floss auch die Kommunalpolitik der Landeshauptstadt in die Landtagsanhörung ein. So betonte die Linken-Abgeordnete Isabelle Vandré, dass sie hoffe, dass der Abriss des Staudenhofs in Potsdam der „hoffentlich letzte“ sein wird, während das Rechenzentrum erhalten bleiben sollte. Der als Experte geladene Vertreter der Potsdamer Initiative „Mitteschön“, die sich für den Wiederaufbau des historischen Stadtzentrums einsetzt, Ulrich Zimmermann, betonte dagegen, dass es einen gültigen Beschluss der Stadt gebe, wonach das Rechenzentrum als städtebaulicher Missstand abgerissen werden solle. Denkmalschutz gebe es nur für das Mosaik am Rechenzentrum. Er setze sich aber dafür ein, das Mosaik als Kontrast zum wiederaufgebauten Turm der Garnisonkirche zu erhalten.

Wie fließend die Grenzen in der Diskussion um den Erhalt der DDR-Kunst sein können, zeigte sich letztlich auch an den Äußerungen des AfD-Abgeordneten Lars Hünich. „Ich kriege dafür vielleicht ein Parteiausschlussverfahren, aber wenn man sagt, wir müssen die Kultur und Kunst dieser Zeit schützen, bin ich sehr dafür“, sagte Hünich. „Aber wenn es darum geht, den Plattenbau zu schützen, sehe ich das nicht so.“

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