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Brandenburgs Bauern konnten bislang gut Ernte eingefahren. Aber die Qualität des Korns ist entscheidend.

© IMAGO/Countrypixel/imago

Frühling zu trocken, Sommer zu feucht: Regen zum falschen Zeitpunkt verdirbt Brandenburger Getreideernte

Brandenburgs Landwirtschaft ist durch erhöhte Rohstoffpreise und Billigprodukte aus dem Ausland gebeutelt. Jetzt spielte das Wetter den Getreidelandwirten schlecht in die Karten.

Man könnte meinen, Regen ist gut. Für den Wald und die Wiesen. Und auch für Brandenburgs Landwirtschaft. Beklagten sich die Landwirte doch in den vergangenen Jahren häufig über zu trockene und heiße Jahre. Dann regnete es zwei Wochen fast am Stück. Und das ist auch wieder nicht gut?

Leider nein: Das Wetter ist für die Bauern neben den Entwicklungen am Markt hinsichtlich Rohstoffpreisen und Kaufbereitschaft der Verbraucher:innen der wichtigste Faktor dafür, ob es ein gutes oder ein schlechtes Betriebsjahr wird. Ob ein Betrieb die Ernteflächen im nächsten Jahr verkleinert oder vergrößert. Ob ein Hof aufgegeben wird oder fortgeführt werden kann. Das Wetter bleibt, wie es Landesbauernverbandspräsident Henrik Wendorff am Donnerstag bei der Zwischenbilanz zur Ernte auf dem Spargelhof in Kremmen sagt, „das Zünglein an der Waage“.

Für die Getreideernte in Brandenburg kam der anhaltende Regen in diesem Sommer zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Zwei Wochen nach dem Erntestart Anfang Juli setzte der Regen ein und unterbrach die Erntearbeiten auf den Feldern. Ende Juli durchzog dann ein Tief die Region mit anhaltendem Regen und Schauern und führte zum Stopp der Ernte.

Roggenland Brandenburg auf Schrumpfkurs

Jetzt, Ende August, ist die Ernte teilweise noch im Gange. Rund 20 Prozent von Weizen und Roggen – Brandenburgs wichtigstem Getreide – stehen noch auf den Feldern. Bislang wurden 5,7 Tonnen Weizen pro Hektar eingefahren. Das fünfjährige Mittel liegt bei 5,8 Tonnen. 2022 waren es 6,1 Tonnen. Insgesamt wird Weizen auf 146.800 Hektar angebaut.

60.000
Hektar mehr Roggenanbaufläche gab es 2012 in Brandenburg.

Beim Roggen liegt die derzeitige Ernte bei etwas über vier Tonnen je Hektar. Vor zehn Jahren, 2013, wurden knapp fünf Tonnen geerntet. Die niedrige Ernte beim Roggen macht den Bauern Sorgen. Ist Brandenburg mit 125.000 Hektar Anbaufläche des Korns erstmals seit vielen (mindestens zehn) Jahren nicht mehr an der Spitze der Bundesländer als Roggen-Anbauland. Es steht nun auf Platz zwei hinter Niedersachsen.

Die Fläche schrumpfte stetig. 2012 waren es in Brandenburg noch fast 194.000 Hektar und damit fast 70.000 Hektar mehr. „Meine Großeltern haben noch viel mehr Roggen angebaut“, sagt Fabian Blöchl, Landwirt, Agrarwissenschaftler und Referent für Acker- und Pflanzenbau beim Landesbauernverband Brandenburg (LBV).

Gut läuft es in diesem Erntejahr bei der Gerste. Im Durchschnitt brachten die Landwirte 6,4 Tonnen je Hektar Wintergerste in die Lager, fast 13 Prozent mehr als das fünfjährige Mittel. „Aber wer will schon nur Gerstenbrot?“, fragt Blöchl. Gewollt sei das „fluffige Brot“. Und das wird aus Weizenmehl gebacken.

Kornqualität ist entscheidend für Betriebe

Insgesamt liegen die Erträge im konventionellen Landbau auf dem Niveau des Jahres 2022 bis leicht darunter, teilte der LBV mit. Also gar nicht so schlecht. Aber: Ernte ist nicht gleich Ernte. Die Qualität des Korns ist entscheidend dafür, was die Bauern für ihr Getreide bekommen. Und hier kommt wieder der Regen und sein schlechtes Timing ins Spiel. „Der Mai war zu trocken“, sagt Wendorff. In dem Monat bildet sich das Korn. Der Regen sei somit für die Kornfüllung zu spät gekommen.

Die anhaltende Feuchtigkeit im Juli und Anfang August habe Brandenburgs wichtigste Getreidearten erneut in Keimstimmung getrieben. Die Pflanzen bildeten Auswüchse, statt in die Keimruhe zu gehen, die die Ausreifung des gelben Korns befördere. „Korn soll Stärke beinhalten“, erklärt Landwirt Blöchl. Die sei wichtig für die Backfähigkeit. Wenn spät nochmal Feuchtigkeit komme, aktivierten sich Enzyme, das wirke sich auf den Stärkegehalt aus. Ist die Fallzahl hier zu niedrig, ist die Backqualität schlecht. Die Bauern bekommen ihr Getreide in der Lebensmittelindustrie nicht untergebracht. Die Einfuhr muss als Tierfutter veräußert werden. Dafür gibt es weniger Geld.

Christoph Plass, Landwirt und Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Oberhavel sagt, ob Getreide als Back- oder Futterqualität verkauft wird, macht einen Unterschied von 40 bis 50 Euro aus. Wenddorff ergänzt: „Das macht für die Landwirte 25 Prozent weniger Einnahmen aus“. Daneben werde Futterqualität auch gar nicht so sehr gesucht.

Wohin dann mit dem minderwertigeren Getreide? Blöchl sagt, auf dem eigenen Betrieb verwenden zur Tierfütterung. Ansonsten beim Nachbarbetrieb fragen. Aber der hat meist ebenfalls zu viel davon.

Nicht abgenommenes Getreide können die Landwirte einlagern. Aber die Einlagerung kostet. Und die Lager sind teils noch von der Ernte 2022 voll. So bleibt den Bauern nur zu hoffen, dass das nächste Jahr ein besseres Regenjahr für die Landwirtschaft wird.

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