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Blick auf das winterliche Schloss Wartin.

© dpa / Patrick Pleul

Ein Schloss für Wartin: Barockes Rittergut soll wieder Dorfmittelpunkt werden

Das Anwesen in Wartin wird häufig als romantischstes Schloss in der Uckermark beschrieben. Jetzt öffnet sich das Haus als Begegnungsstätte.

Von Jeanette Bederke, dpa

Wartin brauche eine neue Geschichte, sagt Anna Voth. Sie sitzt im ehemaligen Inspektorenhaus des einstigen Gutes in Wartin (Uckermark), in dem seit dem Sommer dieses Jahres ein Café eingerichtet wurde. „Ich wollte einen Raum für die Öffentlichkeit und die Dorfgemeinschaft schaffen, um den Kontakt zwischen dem Schlossanwesen und der Region wiederzubeleben“, erzählt die neue Geschäftsführerin der Schloss Wartin GmbH.

Zu DDR-Zeiten Dorfmittelpunkt

Zu DDR-Zeiten sei das einstige barocke Rittergut aus dem Mittelalter, im 19. Jahrhundert klassizistisch umgebaut, der Dorfmittelpunkt gewesen, sagt Voth. Im Schloss befanden sich der Kindergarten, das Gemeindebüro und ein Friseur. Die umliegenden Gebäude nutzte die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, in der viele Wartiner arbeiteten. Nach der Wende hatten die beiden miteinander befreundeten Professoren Hans-Joachim Mengel und Charles Elworthy das rund sieben Hektar große Anwesen übernommen, mit der Verpflichtung, Angebote für Wissenschaft und Kultur zu schaffen.

Dafür wurde der Verein Europäische Akademie gegründet, später zudem die Stiftung Collegium Wartinum. Im Mittelpunkt stand zunächst die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudeensembles. Rund sechs Millionen Euro, so schätzt der gebürtige Neuseeländer Elworthy, darunter etliche Fördermittel, flossen in die Restaurierung. Gleichzeitig hätten er und sein Mitstreiter sich um kulturelle Angebote bemüht.

Studenten und Wissenschaftler sind gern gesehene Gäste

Vor allem Studenten und Wissenschaftler von Hochschulen und Universitäten, zu denen die Politikwissenschaftler Elwothy und Mengel durch ihre Professuren Kontakt hatten, seien gern gesehene Gäste gewesen. Im Laufe der Jahre wurde das romantische Anwesen auch zu einer gefragten Hochzeitslocation, allerdings wohl auch nur in ausgewählten Kreisen.

„Was hier passierte, war alles sehr intellektuell angelegt, das Dorf und die Region blieben über Jahrzehnte außen vor“, bedauert Voth. So sei nicht einmal bekannt gewesen, dass es im Schlossensemble einen Hotelbetrieb gab - immerhin 90 Übernachtungsmöglichkeiten stehen sowohl im Schloss selbst als auch in mehreren Nebengebäuden zur Verfügung.

Charles Elworthy, Politikwissenschaftler und Miteigentümer vom Schloss Wartin, sitzt auf einem Sofa im Schloss.

© dpa / Patrick Pleul

Nachdem sich Mengel aufgrund schwerer Krankheit weitgehend zurückgezogen habe, gründete Elworthy - inzwischen auch Mitglied im Wartiner Gemeinderat - 2018 die neue Betriebsgesellschaft, deren Geschäftsführerin Voth nun ist. „Er erkannte, dass sich die Nutzung grundlegend ändern muss, spätestens nachdem in der Corona-Zeit viele alte Kontakte und Veranstaltungsformate wegbrachen“, sagt sie. Zu ihrem Team gehören inzwischen auch mehrere Wartiner.

„Die Dorfbewohner stehen den angedachten Neuerungen und Angeboten prinzipiell offen gegenüber. Diese Haltung sollte man nicht durch Überheblichkeit verspielen, denn die Wartiner haben es verdient, mit dem Schloss zu leben und nicht nur davor“, macht Dana Malzahn-Knauer deutlich. Die Berliner Architektin ist vor einigen Jahren in den Ort gezogen, engagiert sich im Dorfverein und bei der Feuerwehr. Sie hat auch der Schloss GmbH ihre Hilfe angeboten. Nicht zuletzt, weil das Anwesen vor nunmehr Jahrzehnten zwar saniert wurde, es aber laut Malzahn-Knauer in dieser Zeit kein Instandhaltungskonzept gab. Das jahrhundertealte Denkmal brauche dringend eine Generalüberholung.

Das ist auch der gebürtigen Uckermärkerin Voth bewusst. „Die Herausforderung ist jetzt, das Ensemble der heutigen Zeit anzupassen“, sagt sie. Im Sinne der Nachhaltigkeit strebt sie eine energetische Selbstversorgung des Anwesens an - mit Fotovoltaik und Wärmepumpen beispielsweise. Ohne erneute Fördermittel sei das jedoch nicht zu stemmen, glaubt sie.

Der jetzt wachsende Verein Europäische Akademie plant Kulturveranstaltungen im alten Kaminsaal des Schlosses. Dort sollen bald Konzerte, Lesungen und Gespräche angeboten werden. „Wir müssen uns auch inhaltlich neuen Themen wie Digitalisierung, Kommunikationsstrategien oder Veränderungen in der Demokratie widmen“, sagt die Geschäftsführerin. Auch der Hotelbetrieb und das offizielle Standesamt in der Kulturscheune sowie in der alten Brennerei sollen besser beworben werden.

Fördermittel bewilligt

Inzwischen seien Fördermittel der Brandenburger Investitionsbank bewilligt, um das Dachgeschoss des Inspektorenhauses als Gästezimmer auszubauen und das jetzige Café später als Restaurant mit einer Terrasse auszustatten. Auch ein Lieferservice ist angedacht. Die Schlossküche soll professionell umgebaut werden, um bei Hochzeiten nicht mehr nur auf Cateringfirmen angewiesen zu sein.

Das Treppenhaus im Schloss Wartin. Jetzt öffnet sich das Haus als Begegnungsstätte für Anwohner und Besucher.

© dpa / Patrick Pleul

Im Frühjahr 2023 plant die studierte Geografin Voth zudem die Eröffnung eines Regionalladens in einem Nebengebäude, um direkt im Dorf eine Lebensmittelgrundversorgung anzubieten. Dorfverein, Feuerwehr und Kirchengemeinde will sie an einen Tisch bringen, um weitere Ideen zu besprechen.

„Der offene Ansatz als auch der besondere Ort sind für uns in der touristischen Vermarktung ein wichtiges Objekt gerade für die nordöstliche Uckermark“, sagt Anet Hoppe, Geschäftsführerin der tmu Tourismus Marketing Uckermark GmbH. Sie sei gespannt darauf, wie jetzt mit dem Ort und der Region etwas Zukunftsfähiges gestaltet werde.

Am 3. Adventswochenende sind Anwohner und Besucher der Region zum Adventsmarkt nach Wartin eingeladen. Am 10. und 11. Dezember dieses Jahres soll es im Schlosshof und im großen Saal mit Weihnachtsmann, Engeln, Kulinarischem und handwerklichen Anregungen für kleine Geschenke zum bevorstehenden Fest besinnlich werden.

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