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Götz Lemberg, Ausstellung „Oder-Cuts“, Porträt einer Grenz.Fluss.Landschaft, Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG).

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Bilder vom Fluss in Brandenburg und Polen: Fotokünstler Götz Lemberg porträtiert die Oder

Lembergs Fotos fügen sich zu großen Panoramen. Die Bilder seien keine Dokumentarfotografie, sondern bewusste Kompositionen, sagt er.

Von Richard Rabensaat

Es ist der Abschluss einer 2014 begonnenen Fotoreise über drei Flüsse Brandenburgs: „Oder-Cuts“, Panels von Götz Lemberg, an und um die Oder fotografiert. Die Fotos fügen sich zu großen Panoramen. Erst beim zweiten Blick offenbaren sie ihre geschickte Konstruktion.

„Ich wollte alles Spektakuläre vermeiden. Die Bilder sollten alle ganz gewöhnlich aussehen, so als ob sie jeder machen könne,“ so der Fotokünstler. Keine Dramatisierung, sondern der geschärfte Blick auf das Alltägliche.

Schon bei den vorangegangenen Fotoserien über die Havel und die Spree hatte Lemberg bewusst auf alles Aufregende und jede Inszenierung verzichtet. Der Grenzfluss Oder lud dazu ein, sich mit seiner besonderen Lage und Funktion zu befassen.

„Dem Fluss unmittelbar sieht man nicht an, dass es sich um einen Grenzfluss handelt. Da sind keine Markierungen oder Bojen im Wasser. Daher war es um so interessanter, an den Ufern auf beiden Seiten hinzuschauen, was sich gleicht und wie sich die Länder unterscheiden,“ so Lemberg.

Fotos von beiden Flussseiten

Auch in der begleitenden Veröffentlichung hat Lemberg Fotos von beiden Seiten des Flusses zusammengestellt, ohne jeweils darauf hinzuweisen, aus welchem Land die Bilder stammen. Der verblüffende Effekt ist, dass sich Betrachter bei der Zuordnung häufig irren.

Bei seinen Reisen durch die Landschaft und bei Gesprächen mit Menschen aus der Grenzregion hat Lemberg erhebliche Unterschiede in den Mentalitäten und gelegentlich Vorbehalte gegenüber ihm als Fotografen festgestellt. Bewohner von Häusern und Grundstücken näherten sich ihm skeptisch, denn sie fürchteten, dass er im Auftrag von Alteigentümern agiere, die ein Restitutionsverfahren einleiten wollten.

Das Verhältnis zu Land und Gebäuden sei östlich und westlich der Oder besonders, meint Lemberg. Weil östlich und westlich der Oder viele dort Wohnende erst nach dem Zweiten Weltkrieg dorthin gezogen seien, sei die Verbindung zum Land nicht so eindeutig wie gelegentlich in Westdeutschland.

In Polen befeuere auch die konservative Regierungspartei „Prawo i Sprawiedliwość“ (PiS, deutsch: „Recht und Gerechtigkeit“) Ängste der Bevölkerung, „die Deutschen“ könnten zurückkommen und „ihr Land“ fordern, hat Lemberg beobachtet. Die gemeinsame sozialistische Vergangenheit Polens und der verblichenen DDR habe zu keinerlei übergreifenden Gemeinsamkeiten und Verbundenheiten der Bewohner des Landstrichs geführt.

Umfangreiche Recherchen gingen der Fotoreise voraus

Bevor Lemberg eine zehntägige Reise über den Fluss gestartet hatte, recherchierte er gründlich über Leute und Landschaft. Drei Jahre lang unternahm er immer wieder Touren an der Oder entlang, sichtete mögliche Motive und versuchte zu ermitteln, wie sich der Fluss in die Landschaft und die spezielle Grenzsituation in die Leben der Menschen eingeschrieben hat.

Die wechselvolle Geschichte des Grenzgebiets, dessen östlicher Teil bis zum Zweiten Weltkrieg ebenfalls zu Deutschland gehörte, habe Land und Leute geprägt. Gleiches gelte für die geografische Herkunft der nunmehr besiedelten Gebiete. Diese waren früher Sumpfland, das erst vor wenigen hundert Jahren trocken gelegt wurde.

Es gebe verblüffende Ähnlichkeiten zwischen den beiden Ländern, aber auch große Unterschiede. Lemberg verweist auf seine Fotografien von Häusergiebeln. In einem Dreierpanel finden sich Beispiele von Giebeln, die zwar verschiedenfarbig, deren Bauweise und sogar Winkel jedoch völlig identisch sind. Aufgenommen auf beiden Seiten des Flusses, von einem Möbelhaus, der Stettiner Philharmonie und einem Backsteinbau.

Die Häuser sind ähnlich, die Gärten laut Lemberg nicht

Eine andere Fotozusammenstellung zeigt Häuserwände, die von Werbeplakaten bedeckt sind. Aufgrund der polnischen Schrift sind diese eindeutig zu verorten. Anders als meist auf deutschen Häuserwänden wird in Polen öffentlich auch für Dienstleistungen wie Zahnkliniken und Dentallabore geworben.

Fotokünstler Götz Lemberg fotografierte für seine Ausstellung keine Menschen. Er konzentrierte sich auf Landschaften und Gebäude, wollte den Fokus auf die Besonderheiten von Fluss und Natur legen.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Fotopanels, die mehrere Privathäuser zeigen, belegen, dass es auf beiden Seiten des Flusses sowohl Typenhäuser als auch kleinteilig gestaltete Einfamilienhäuser gibt. „Die Gärten allerdings sind anders“, behauptet Lemberg. Seiner Beobachtung nach seien östliche Vor- und Hinterhausgärten in der Regel detaillierter und bunter gestaltet als auf der westlichen Seite.

Die Flussreise war kompliziert, weil der Fluss beim ersten Startversuch nicht genug Wasser führte. Dann schipperte der Künstler von Eisenhüttenstadt nach Stettin. Auf jedem Flusskilometer entstanden Fotos vom Himmel, vom Wasser und vom Land. Diese hat Lemberg zusammen montiert.

Die entstandenen Bilder und Zusammenstellungen seien keine Dokumentarfotografie, sondern bewusste Kompositionen. Damit solle der Blick des Betrachters jeweils auf die Besonderheiten von Fluss und Landschaft gelenkt werden, so Lemberg. Menschen hat er nicht fotografiert. „Die hätten den Blick unweigerlich sofort auf sich gezogen,“ sagt der Künstler. Die Fotoarbeiten Lembergs stoßen auf beiden Seiten des Flusses auf Interesse. Zu sehen sind sie im Rahmen einer fünfteiligen Tournee.

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