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Konzentriert. Dirigentin Judith Kubitz bei der Orchesterprobe.

© R. Miller

Landeshauptstadt: „Alles muss blind klappen“

Knapp zwei Wochen vor der Premiere von „Carmen“ bei den Seefestspielen am Wannsee probte die Kammerakademie mit Dirigentin Judith Kubitz

Obwohl Fenster und Türen offen stehen, sind die Temperaturen, nun ja: mediterran. Und irgendwie passt das an diesem Freitagnachmittag im Gemeindesaal der Heilig-Kreuz-Kirche in der Kiezstraße genau. „Du zweifelst noch an meiner Lieb zu dir?“, singt Hans Georg Priese dort als entgeistert-verzweifelter Don José. Seine Carmen – Julia Rutigliano – hatte den Verliebten zuvor mit harten Worten verspottet, weil er zum Appell eilen will, zu dem die Trompete gerufen hat. „Traterata, traterata“, ätzt die in ihrem Stolz Gekränkte immer wieder. Knapp zwei Wochen vor der Premiere der diesjährigen Seefestspiele am Wannsee stand bei der Kammerakademie Potsdam am Freitag die erste Orchesterprobe mit den Sängern und Dirigentin Judith Kubitz auf dem Programm.

Das Potsdamer Orchester und die gebürtige Bautznerin Kubitz arbeiteten bereits im letzten Jahr für die erste Auflage der Seefestspiele zusammen. Diesmal sind sie dabei, wenn Regisseur und Wahlpotsdamer Volker Schlöndorff („Die Blechtrommel“) dort George Bizets Opernklassiker „Carmen“ inszeniert. Die Arbeit unter freiem Himmel unterscheidet die Seefestspiele von anderen Projekten, sagt Judith Kubitz: „Die größte Herausforderung ist, dass ich keinen Blickkontakt zu den Sängern habe.“ Denn während die Sänger auf der von einem gigantischen metallenen Fächer dominierten Bühne stehen, hat das Orchester seinen Platz in einem Zelt seitlich davon – höchstens über Bildschirme kann die Dirigentin dann sehen, was vorne los ist: „Alles muss blind klappen“, erklärt die zierliche und energische Frau.

Die Musiker der Kammerakademie hat Judith Kubitz mit ihrer Präsenz am Pult von der ersten Sekunde an im Griff: Sie ruft immer neue Taktnummern auf, manche Stellen lässt sie nur kurz anspielen, nickt dann anerkennend, ein kurzes „gut“, weiter gehts. Dann wieder kommentiert sie das Gespielte, ruft Anweisungen in den Saal, lässt eine Stelle wiederholen, bis sie perfekt klingt: „Klarinette, da dürfen Sie ruhig ein bisschen führen!“, sagt sie dann zum Beispiel. Oder: „Piano soll zwar piano sein, aber nicht entspannt – sondern so ein bisschen lauernd.“ Die Musiker folgen ihr konzentriert.

Noch einen zweiten Orchesterproben-Tag wird es geben, in der kommenden Woche, dann probt die Kammerakademie zum ersten Mal vor Ort am Wannsee. Dort ist am 16. August 19.30 Uhr Premiere. Bis zum 2. September spielen die Potsdamer Musiker unter der Leitung von Kubitz dann an zwölf Abenden.

Julia Rutigliano in der Titelrolle und Tenor Hans Georg Priese, der seine Karriere vor Jahren am Hans Otto Theater begann, werden indes nicht bei allen Vorstellungen dabei sein. Denn es gibt eine Alternativbesetzung, die die Organisatoren der Seefestspiele um den Wahlpotsdamer Christoph Dammann in diesem Jahr erstmals bei einem TV-Casting in Zusammenarbeit mit dem Fernsehsender Arte gesucht haben (PNN berichteten). Die fertige Dokumentation wird an drei Sonntagen vom 12. bis zum 26. August ausgestrahlt. Jana Haase

„Carmen“ auf der Seebühne am Wannsee. Tickets ab 40,50 Euro im PNN-Shop im Karstadt in der Brandenburger Straße.

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