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Grabung in Teltow: In einer Stadt vor unserer Zeit

Teltow wird in diesem Jahr 750 Jahre alt. Aktuelle und auch ältere Grabungsfunde an der Hafenbaustelle offenbaren: Gesiedelt wurde hier schon vor 3000 Jahren.

Teltow - Pünktlich zum 750. Stadtjubiläum sucht Teltow seine Frühgeschichte heim. Bei archäologischen Erkundungen der Marina-Baustelle am Teltowkanal zeigte sich: Das Areal am ehemaligen Schönower See war schon in der Urzeit beliebter Siedlungsort. Erste Ausgrabungen förderten Überreste einer bronzezeitlichen Siedlung zutage. Erdverfärbungen, Gruben und biologische Überreste lassen darauf schließen, dass hier schon vor etwa 3000 Jahren Menschen siedelten. Seit der Wende gab es eine ganze Reihe ähnlicher Funde im Stadtgebiet.

Die jetzigen Ausgrabungen werden dokumentiert, sagt Thomas Kersting, Dezernent Bodendenkmalpflege beim Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege. Überraschend seien sie nicht. So wurden von bronzezeitlichen Siedlern vorzugsweise Plätze am Wasser aufgesucht. Auch war bekannt, dass Teile des Ufers in ein in der Landesdenkmalliste erfasstes Bodendenkmal hineinreichen. Schon bei Bauarbeiten an der Nordspange (Oderstraße) 2007 gab es Grabungsfunde. Bis zu 40 Zentimeter tiefe kreisförmige Gruben hatten Archäologen dort entdeckt: Feuerstellen, Backöfen, Asche- und Abfallgruben – Spuren einer bronze- und eisenzeitlichen Besiedlung werden im ganzen Bereich zwischen Teltow-Seehof und dem Betonwerk an der Oderstraße vermutet, sagt Kersting.

Hausrat wurde mit vergraben

Nicht nur dort ließ sich die prähistorische Besiedlung belegen. Die zuletzt größte Entdeckung machte Archäologe Jakob Hogarth, der auch die Ausgrabungen am Hafen begleitet, unlängst bei der Sanierung der Potsdamer Straße. Vier Keramikurnen mit Asche- und Knochenresten, ebenfalls aus der Bronzezeit, gruben die Forscher auf Höhe des Diana-Kinos aus – ein Zufallsfund, sagt Hogarth. Trockener Boden war an einem Bauschacht weggebrochen. Nach weiteren Gräbern im Umfeld durfte er nicht suchen.

Manchmal existieren an Fundstellen wenige Familiengräber, andernorts können 100 Urnen und mehr im Erdreich sein. Es war üblich zu dieser Zeit, den Urnen mit der Asche Verstorbener Beigaben beizulegen, erzählt Erwin Cziesla, Chef des archäologischen Unternehmens „Martin Wurzel“ aus Stahnsdorf, für das Hogarth tätig ist. „Mitunter wurde der komplette Hausrat mit vergraben.“

Erst nach der Wende wurde die Frühgeschichte Teltows genauer untersucht

Bis zur Wende sei Teltow archäologisch fast ein weißer Fleck gewesen, sagt der Chef des Heimatvereins, Peter Jäckel. Erst durch das Baugeschehen nach dem Mauerfall und Heimatforscher, die den Bauarbeitern die Funde „von der Schippe holten“, nahm die Teltower Ur- und Frühgeschichte Gestalt an. Scherben, Münzen und Knochen wurden archiviert. Einzelfunde hat es jedoch auch schon in früheren Jahrhunderten gegeben.

1876 etwa schenkte der Rentier J. Wittgenstein dem Märkischen Museum eine Urne aus der Bronzezeit und schon 1728 sollen in der Nähe des Teltower Sees Gräberfelder aus der Bronzezeit gefunden worden sein. Gerade die Villen-Kolonie Teltow-Seehof, die sich am früheren Teltower See erstreckt, versetzt Archäologen in Goldgräberstimmung. So seien bei Bauarbeiten an der Max-Sabersky-Allee „etliche Funde“ gemacht worden, erinnert sich Jakob Hogarth. „Eine Abfallgrube reihte sich an die nächste“ – fast 3000 Jahre alt und dennoch gut erhalten.

Teltow wurde einst großflächiger besiedelt

Denkmalpfleger Thomas Kersting erzählt von spannenden Funden jüngerer Zeit. 1999 war er in ein Teltower Neubaugebiet an der Mahlower Straße gerufen worden. Neben Müllcontainern eines Plattenbaus lag ein 63 Zentimeter großer Kopf einer Sandsteinstatue, der vermutlich bei Erdarbeiten ausgebuddelt und beiseitegelegt worden war. „Verrückt“, kommentiert Kersting heute. Mit hoher Wahrscheinlichkeit, sagt er, gehöre das zwei Zentner schwere Fragment zum Berliner Stadtschloss. Rätselraten verursachte ein blaugraues Keramikpferd aus dem 14. Jahrhundert, das zur Jahrtausendwende bei Arbeiten in der Altstadt gefunden worden war. Solche Pferde gehörten zu den mittelalterlichen Spielzeugen, die zwar im städtischen Milieu Massenware, jedoch im norddeutschen Raum eher selten anzutreffen waren.

Insgesamt belegen die Funde, dass Teltow schon früh und großflächiger besiedelt war als das heutige Kerngebiet. Erst im 16./17. Jahrhundert soll das Kerngebiet von Gräben, die wohl als Sicherungsanlage dienten, umschlossen worden sein. Sie wurden im Laufe der Zeit mehrfach verändert, glaubt Hogarth.

Schmied verursachte Großbrand - Teltow brannte nieder

Die Annahme, dass die Altstadtanlage auf mittelalterlichen Wurzeln beruht, sei widerlegt. Die Veränderungen im Stadtbild seien vor allem auf Stadtbrände zurückzuführen, die die Teltower bis ins 18. Jahrhundert heimsuchten. Als einer der größten gilt der Brand von 1711. Verursacht hatte ihn vermutlich ein Schmied, der mit offenem Feuer vom Herd zum Stall gegangen war, sagt Heimatforscher Jäckel. Binnen Stunden brannte Teltow fast völlig nieder.

Scheunen seien danach aus Gehöften verbannt worden, aus Rohr- wurden Ziegeldächer. Heute ist in dem Unglückshaus im Hohen Steinweg 13, das nach dem Wiederaufbau weitere Veränderungen durchlebte, das Teltower Heimatmuseum untergebracht.

Lesen Sie hier: Wann Teltow gegründet wurde.

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