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Nachdenklicher Blick: AfD-Co-Chef Tino Chrupalla, im Hintergrund die Co-Vorsitzende Alice Weidel.

© Imago/Political-Moments

Exklusiv

Forsa-Wahlforscher Güllner: „Rechne bei der Europawahl mit keinem Durchmarsch der AfD“

Ein Skandal folgt bei der AfD auf den anderen. Forsa-Chef Manfred Güllner erwartet, dass sich Wut- und Protestwähler von der AfD abwenden. Bei der Europawahl könnte das Ergebnis der Partei mäßig ausfallen.

Fast im Tagestakt werden neue Vorwürfe gegen die AfD laut, immer neue Verdachtsfälle und Skandale werden bekannt. Führende Köpfe der „Alternative für Deutschland“ wurden, darauf deutet gerade allerhand hin, von Russland unterstützt. Der China-Spionagefall bringt die teils rechtsradikale Partei in die größten Turbulenzen seit ihrer Gründung.

Ausgerechnet der Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, und der Zweitplatzierte auf der AfD-Liste, Petr Bystron, sehen sich erheblichen Vorwürfen ausgesetzt – und reagieren ungewohnt leise.

Es ist gut möglich, dass die AfD hinter der SPD landen wird.

Manfred Güllner, Wahlforscher, über die Europawahl

Sollte die Europawahl am 9. Juni für die AfD zu einem Dämpfer, angesichts höchster Erwartungen gar zu einem Debakel führen?

Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, hält das für möglich. „Ich rechne bei der Europawahl mit keinem Durchmarsch der AfD, das wird eher ein mäßiges Ergebnis“, sagte Güllner dem Tagesspiegel: „Es ist gut möglich, dass die AfD hinter der SPD landen wird.“

Schon die Diskussion um das Potsdamer Treffen, die Pläne der AfD für eine Massenabschiebung und die vielen Demonstrationen gegen rechts haben nach Forsa-Erhebungen dazu geführt, dass die AfD an Zustimmung verliert. „Wir sehen sie derzeit bei 16 Prozent“, sagte Güllner, „nach 23 Prozent Ende 2023.“

Bei der jüngsten Umfrage zur Europawahl vom 12. April, also vor Bekanntwerden des China-Spionageverdachts, lag die AfD bei 16 Prozent. So ermittelte es die Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF. Hier wird sie gleichauf mit der SPD (16 Prozent) taxiert, die Union bei 30, die Grünen bei 15 Prozent. Bei der letzten Europawahl 2019 hatte die AfD bereits 11 Prozent erzielt.

Wahlforscher Güllner verweist auf eine schwere Lage der AfD in den acht Bundesländern, wo zeitgleich mit der Europawahl Kommunalwahlen stattfinden (der ganze Osten ohne Berlin, außerdem in Baden-Württemberg, Hamburg, Rheinland-Pfalz). „Besonders in den Bundesländern, die am 9. Juni ihre kommunalen Vertretungen wählen, dürfte die AfD nicht so gut abschneiden, wie sie es sich erhofft“, sagt Güllner: „In den Städten und Gemeinden ist die AfD doch bisher nur schwach verankert.“ 

„Es gibt zwei Gruppen von AfD-Wählern, die überzeugten Rechtsradikalen und die Wütenden, Verärgerten, Unzufriedenen“, sagte Meinungsforscher Güllner: „Die neuen Vorwürfe gegen die AfD, ob Geldzahlungen aus Russland oder Spionage für China, lassen die rechtsradikalen Wähler unbeeindruckt. Die anderen potenziellen Wähler werden nun aber abwägen, ob ihre Wut groß genug ist, um weiter der AfD ihre Stimme zu geben. Derlei Kontakte zu Russland und China dürften viele bisherige AfD-Sympathisanten zum Nachdenken bringen.“

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