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Am Rumpf eines Bundeswehr-Tornados sind zwei Lenkflugkörper vom Typ Taurus befestigt – die Ukraine hat erneut um deren Lieferung gebeten.

© picture alliance/dpa/Bundeswehr/Andrea Bienert

„Brauchen sie so schnell wie möglich“: Warum Scholz die Ukraine auch bei den Taurus-Raketen warten lässt

Steht die Entscheidung über die Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine kurz bevor? Vieles deutet darauf hin, das Kanzleramt jedoch gibt sich bedeckt.

Es tut sich politisch etwas in der Frage, ob Deutschland die Ukraine nun auch mit Marschflugkörpern unterstützen soll, um russische Stellungen weit hinter der Frontlinie zerstören zu können. Zuletzt ist die Unterstützung im Bundestag dafür gewachsen, dass die Bundeswehr aus ihrem Bestand von etwa 600 Lenkflugkörpern des Typ Taurus einen Teil abgeben könnte. Auch die Bundesregierung selbst befasst sich mittlerweile ernsthaft damit.

So hieß es aus Kreisen des Verteidigungsministeriums gegenüber dem Tagesspiegel, „dass das Bundeskanzleramt die Fäden in die Hand genommen hat und Gespräche, insbesondere mit der Rüstungsindustrie, selbst durchführt“. Im Kanzleramt freilich gab man sich am Samstag dazu weiter bedeckt. Aus Regierungskreisen hieß es, es gebe in der Sache „keinen neuen Stand“.

Kiew erneuert Zusage

Eine Wortmeldung des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba spricht jedoch dafür, dass die Gespräche auf Hochtouren laufen und eine Entscheidung bevorstehen könnte. Die von Briten und Franzosen bereits gelieferten Langstreckenwaffen vom Typ Storm Shadow hätten sich schon als „entscheidend“ herausgestellt, teilte Kuleba am Freitag mit: „Darum sind Taurus und ATACMS für den Erfolg der Ukraine unverzichtbar“, Kiew brauche sie „so schnell wie möglich“.

600
Lenkflugkörper vom Typ Taurus befinden sich im Bestand der Bundeswehr.

Der Verweis auf das US-Modell ATACMS dürfte ein Hinweis darauf sein, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) auch diesen nächsten qualitativen Schritt bei der Militärhilfe für die Ukraine nur „im Verbund mit den Amerikanern“ gehen möchte, wie der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid dem Tagesspiegel vor einer Woche gesagt hatte.

An Berlin und Washington richtet sich auch Kulebas erneute Zusage, dass die Marschflugkörper „ausschließlich innerhalb unserer Grenzen“ eingesetzt würden. Die „Bedenken“ wegen der „Reichweite“, dass also mit deutschen Waffen russisches Territorium angegriffen werden könnte, hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vor knapp zwei Wochen öffentlich artikuliert.

Technisch eingeschränkt

Eine Reihe von Äußerungen deuten jedoch darauf hin, dass das Herstellerkonsortium der Taurus-Systeme in Vorbereitung einer Lieferung bereits gebeten worden ist, das Einsatzgebiet der Marschflugkörper technisch zu beschränken. „Die abzugebenden Tauris über die Geodaten regional einzuschränken“, sei „unnötig und kein gutes Signal des Kanzleramts“, sagte der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber „angesichts der hundertprozentigen Verlässlichkeit der Ukraine“, die zuletzt auch der SPD-Politiker Schmid lobte.

Die sich zuletzt häufenden Angriffe auf einzelne Gebäude in Moskau führt die Ukraine nicht mit aus dem Westen gelieferten Waffen durch. Gleichwohl hatte die „Washington Post“ im Juni unter Berufung auf US-Geheimdienste berichtet, dass belgische Waffen auf russischem Gebiet gefunden worden seien. Der Brüsseler Premier Alexander De Croo hatte Kiew daraufhin um Aufklärung gebeten.

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