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Mit einer Zinsverbilligung will die Koalition den Wohnungsbau wieder ankurbeln.

© dpa/Rolf Vennenbernd

Update

Regierung reagiert auf Baukrise: Milliardenprogramm für den Wohnungsbau

Die Bauwirtschaft soll wieder mehr günstige Wohnungen bauen. Dafür will Ministerin Klara Geywitz die Zinsen verbilligen. Die Branche ist erleichtert.

Seit Monaten gibt es Horrornachrichten vom Wohnungsmarkt. Diese Woche waren es gleich zwei. Am Dienstag stellte das Pestel-Institut eine Studie vor, wonach in Deutschland 910.000 Sozialwohnungen fehlen.

Am Donnerstag veröffentlichte das Statistische Bundesamt Zahlen zum Rückgang der Baugenehmigungen im vergangenen Jahr. Bis einschließlich November wurden demnach rund 238.500 Genehmigungen für Wohnungen erteilt – ein Rückgang um 25,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Eine Antwort auf die Schreckensmeldungen blieb Bauministerin Klara Geywitz lange schuldig. Der SPD-Politikerin schien eine wirksame Strategie zu fehlen, um auf den Zinsanstieg und dem Einbruch beim Wohnungsbau zu reagieren. Bis der Haushaltsausschuss am Donnerstagabend überraschend ein neues milliardenschweres Förderprogramm beschloss – für den Bau neuer klimafreundlicher Mietwohnungen.

„Wir wollen ausschließlich Wohnungen des unteren und mittleren Preissegments fördern“, sagte Geywitz dem „Handelsblatt“. Laut der Bauministerin stehen für 2024 und 2025 jeweils eine Milliarde Euro zur Verfügung. Entwickelt wurde das Konzept nach Tagesspiegel-Informationen von Bundeskanzler Olaf Scholz und Geywitz. Bereits seit einigen Wochen soll demnach daran gearbeitet worden sein.

Wir wollen ausschließlich Wohnungen des unteren und mittleren Preissegments fördern.

Bauministerin Klara Geywitz (SPD)

Im Bundesetat war das Programm bisher nicht vorgesehen. Die Haushälter der Regierungsfraktionen haben dafür erst am Dienstag einen Haushaltsposten geschaffen. So kurz vor dem Abschluss der Etatverhandlungen ist das ungewöhnlich. Am Donnerstagabend bewilligten die Haushälter in der sogenannten Bereinigungssitzung dann die Gelder.

Fokus auf günstige Wohnungen

Viele Details sind allerdings noch unklar. So genehmigte der Haushaltsausschuss im Etat 2024 zunächst nur 10 Millionen Euro. Daneben sind Verpflichtungsermächtigungen für spätere Ausgaben über 990 Millionen Euro vorgesehen. Die weitere Milliarde muss Geywitz noch im Haushalt des kommenden Jahres sichern.

Ein Förderkonzept hat Geywitz noch nicht vorgelegt, weshalb der Haushaltsausschuss die Gelder vorläufig gesperrt hat. Das Ministerium plant, beim Bau klimafreundlicher Mietwohnungen die Zinsen zu verbilligen. Die Förderung läuft über die Dauer des Darlehens und ist für zehn Jahre geplant.

Bis zu welchem Höchstbetrag Neubauten gefördert werden, steht noch nicht fest. Die Wohnungen sollen sich „im unteren Drittel des Mietspiegels befinden“, heißt es im entsprechenden Haushaltstitel. Zudem müssen die Gebäude über den Lebenszyklus die klimafreundliche Energieeffizienzklasse 40 erreichen.

Branche hat Zinsprogramm gefordert

Die Wohnungsindustrie reagierte am Freitag erleichtert. „Die Ampel hat sich bewegt. In der derzeitigen Wohnungsbaukrise sind eine Milliarde Euro für den bezahlbaren Neubau genau das richtige Signal“, sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Der Verband hatte zuvor lange eine Zinsverbilligung gefordert.

Die Ampel hat sich bewegt.

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.

Diese Subvention sei nötig, „damit der nahezu komplett eingestellte Wohnungsbau endlich wieder aufgenommen werden kann“, sagte Gedaschko. Die Konzentration auf kleine und günstige Wohnungen hält der Vertreter großer, städtischer Wohnungsbauunternehmen für umsetzbar. Man könne mit diesem Programm wieder mehr Wohnraum für Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen schaffen, versprach er.

Auch die Bauindustrie sprach von einem guten Signal. Ihr Hauptverband will sich nun allerdings die Ausgestaltung genau anschauen. Wichtig sei, dass die Baukosten nicht durch unnötig hohe Anforderungen etwa bei der Energieeffizienz in die Höhe getrieben würden, sagte Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller. 

Union kritisiert „Mikromanagement“

Unnötige Bürokratie befürchtet der baupolitische Sprecher der Union, Jan-Marco Luczak. „Nun muss wieder ein neues Förderprogramm mit eigenen Konditionen aufgesetzt werden – das kostet Zeit und macht es kompliziert“, kritisierte er. Er warf Geywitz „Mikromanagement“ vor, weil sie ihre Förderung auf kleine und günstige Wohnungen konzentrieren will. Zwar sei der Bedarf in diesem Marktsegment am größten, die Wohnungsbauunternehmen würden deshalb aber auch aus eigenem Antrieb kleine Wohnungen bauen. 

Bei Grünen und FDP hält man den Fokus auf kleine Wohnungen hingegen für die größte Stärke von Geywitz‘ Zinsverbilligungsprogramm. Es helfe gerade Singles, Alleinerziehenden und Rentnern, sagte die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, Hanna Steinmüller.

Man adressiere gezielt eine Lücke in der bestehenden Fördersystematik, sagte FDP-Bauexperte Daniel Föst. „Gerade kleinere Wohnungen im mittleren Preisbereich werden durch eine alternde Gesellschaft und die Zunahme an Einpersonen-Haushalten verstärkt nachgefragt“, betonte er. 

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