zum Hauptinhalt
Bleibt der Nahverkehr bezahlbar?

© dpa/Christoph Soeder

Offene Finanzierung beim Deutschlandticket: Wie teuer wird der Nahverkehr?

Das Deutschlandticket bringt der Bahn mehr Fahrgäste. Doch die Kosten sind höher als gedacht. Wie löst die Politik das Problem? Drei Experten geben Einschätzungen.

Von
  • Detlef Neuß
  • Michael Donth
  • Dirk Flege

Zumindest bis Mai wird das Deutschlandticket wohl weiter 49 Euro pro Monat kosten. Wie es danach weitergeht, ist offen. Diese Woche verhandeln darüber erneut die Staatssekretäre der Landesverkehrsministerien.

Der Bund will seinen Finanzierungsanteil von 1,5 Milliarden Euro pro Jahr nicht erhöhen. Die Länder haben immer wieder gesagt, dass sie die Mehrkosten nicht alleine übernehmen wollen. Bleibt es dabei, dürfte der Preis für den Nahverkehr demnächst steigen. Wie teuer wird es? Drei Experten geben Antworten.

Alle Folgen unserer Serie „3 auf 1“ finden Sie hier.


Schon 2024 wird es wohl teurer

Derzeit erleben wir eine rege Diskussion über den Preis des Deutschlandtickets und die Preise im Nahverkehr für Einzelfahrkarten. Die Preise, die für das Deutschlandticket für das nächste und das Jahr 2025 in der Diskussion stehen, schwanken zwischen 59 und 79 Euro. Ein akzeptabler kostendeckender Preis, inklusive Landes- und Bundeszuschuss, könnte im kommenden Jahr bereits bei 53 bis 55 Euro liegen.

Eine Preiserhöhung auf 69 oder 79 Euro ab dem Jahr 2025 würde viele Abonnenten sicher zum Ausstieg aus dem Deutschlandticket bewegen. Manche würden zu örtlichen, innerstädtisch nutzbaren Angeboten wechseln, weil diese dann kostengünstiger sind, andere würden ganz aus der umweltfreundlichen Mobilität aussteigen.

Parallel zum Deutschlandticket erleben wir gerade einen deutlichen Preisanstieg bei den Einzeltickets. Dieser Preisanstieg ist sicher angesichts steigender Kosten erforderlich, andererseits kaum noch vermittelbar. Eine weitere Beteiligung des Bundes an den Kosten ist daher notwendig.


Preiserhöhungen gibt es längst

Die Kosten im Nahverkehr sind stark gestiegen. Wenn es auch in Zukunft eine Mitfinanzierung der Fahrgäste geben soll, wird man das 49-Euro-Ticket nicht auf alle Zeit bei diesem Preis belassen können – das sollte die Bundesregierung ehrlich zugeben.

Wenn Verkehrsminister Wissing behauptet, dass alle Finanzfragen „endgültig“ geklärt seien, dann frage ich mich: Wie denn? Die Ministerpräsidentenkonferenz hat Finanzierungsfragen ins neue Jahr und in einen weiteren Arbeitskreis verschoben. Die finale Beschlussfassung enthält auch die Möglichkeit höherer Ticketpreise. Falls der Bund nicht mehr Mittel bereitstellen will, gehe ich davon aus, dass die Länder das 49-Euro-Ticket ab Mitte nächsten Jahres erhöhen werden.

Vielleicht ist das das Kalkül von Herrn Wissing, den Ländern für „sein Kind“ den schwarzen Peter zuzuschieben. Auf jeden Fall sehen wir schon jetzt deutliche Erhöhungen der Ticketpreise im ÖPNV. Zuletzt hat zum Beispiel der VBB Preiserhöhungen von fast sieben Prozent ab dem Jahreswechsel angekündigt.


Politik muss höheren Preis mit Sozialtickets abfedern

Für 49 Euro den Nahverkehr im ganzen Land nutzen – das ist ein einfaches und für viele auch ein erschwingliches Angebot. Ein niedriger Einstiegspreis ist wichtig, weil er auch diejenigen einlädt, den ÖPNV auszuprobieren, die bisher mit dem Auto unterwegs waren.

Nachdem Bund und Länder die Frage der langfristigen Finanzierung erneut aufgeschoben haben, ist zu erwarten, dass das Ticket ab Mai teurer wird. Vielleicht werden es 55, vielleicht 59 Euro sein. Unterm Strich bleibt hängen, dass man sich auf den Ticketpreis nicht verlassen kann. Das schafft kein Vertrauen.

Bei einer Preiserhöhung müssen Bund und Länder zwei Dinge mitdenken. Erstens: Auch Geringverdiener wollen Zugang zum ÖPNV. Es braucht unbedingt ein Sozialticket und ein bundeseinheitliches Ticket für Studierende, finanziert aus dem Sozialetat. Und zweitens: Menschen sind dann bereit, mehr zu bezahlen, wenn gleichzeitig das Angebot im ÖPNV insbesondere in der Fläche spürbar ausgeweitet wird. Die Preiserhöhung darf kein Selbstzweck sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false