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Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) fordert nun, dass die Landespolitiker der Union bei der Wahl eines Kanzlerkandidaten mitentscheiden sollen.

© Imago/dts Nachrichtenagentur

Kanzlerkandidatur der Union: Rhein pocht auf Mitspracherecht der Ministerpräsidenten

Hessens Ministerpräsident fordert, dass er und seine Kollegen mitentscheiden, wer Kanzlerkandidat der Union wird. Zudem verlangt er eine deutlich verschärfte Asylpolitik.

Die nächste planmäßige Bundestagswahl steht erst im September 2025 an – doch längst ist in der Union die Debatte über die Kanzlerkandidatur entbrannt. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) fordert nun, dass die Landespolitiker der Union bei der Wahl eines Kanzlerkandidaten mitentscheiden sollen. „Die Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten wollen bei der Kanzlerkandidatur ein entscheidendes Wörtchen mitreden“, sagte Rhein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Ebenso müsse der CSU-Vorsitzende „natürlich involviert“ werden. Markus Söder spielt auch als bayerischer Ministerpräsident eine herausragende Rolle in der Union. Wir brauchen jedenfalls einen Kanzlerkandidaten, den die gesamte Partei mitträgt und der auch die ganze Partei begeistert.“

Rhein schloss sich auch Söders Vorschlag an, die Kanzlerkandidatur erst nach den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern im September 2024 zu klären: „Ich hätte nichts dagegen. Dann können wir in aller Ruhe entscheiden.“ Es sei sich sicher, dass Parteichef Friedrich Merz „ein geordnetes Verfahren“ vorschlagen werde.

Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Asylpolitik und ein Ende der offenen Grenzen, zumindest für eine gewisse Zeit.

Boris Rhein, hessischer Ministerpräsident (CDU)

Auf die Frage, warum die Union offensichtlich nicht von der Schwäche der Ampel profitiere, sagte Rhein, viele Bürger seien „tief verunsichert“ wegen dieser Bundesregierung. „Sie wollen sich nicht länger bevormunden lassen bei der Ernährung, beim Verbrennungsmotor, bei der Heizung. Das Ergebnis dieser Verunsicherung ist Protest, und der zeigt sich auch in Umfragen. Die Union ist aber keine Protestpartei.“

Von der Union forderte er, sie müsse ihr Profil schärfen. „Wir müssen ganz konkret sagen, was wir für Land und Leute tun und was unser Programm ist. Das beginnt beim Thema Migration, bei dem die Union eine klare Gegenposition zur Ampel bietet“, sagte Rhein.

Es gehe unter anderem um Humanität und Ordnung. „Wir helfen denen, die unsere Hilfe benötigen. Aber wir brauchen Kontrollen an den Binnengrenzen. Wir brauchen dringend eine Rückführungsoffensive“, sagte der Ministerpräsident.

Außerdem müsse es sichere Herkunftsländer geben. „Wenn jemand aus einem Land kommt, in dem die Anerkennungsquote unter fünf Prozent liegt, muss er automatisch zurückgewiesen werden“, sagte Rhein. Er schloss sich der Forderung des Vizechefs der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU) an, der „eine Pause von dieser völlig ungesteuerten Asyl-Migration“ gefordert hatte. „Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Asylpolitik und ein Ende der offenen Grenzen, zumindest für eine gewisse Zeit“, sagte Rhein.

Es sei ihm unverständlich, dass es keine Kontrollen an den Binnengrenzen zu Polen und Tschechien durchgeführt würden, es gebe schließlich auch Kontrollen zwischen Bayern und Österreich, sagte Rhein weiter.

Es sei unverantwortlich, den Hilferufen der Innenminister aus Sachsen und Brandenburg nicht Folge zu leisten. Rhein warnte: „Aber wir dürfen uns nicht auf die Migration beschränken, wenn wir die Populisten entzaubern wollen. Wir müssen auch einen klaren Punkt setzen bei der Familienpolitik“, sagte der CDU-Politiker.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnte Rhein auch auf kommunaler Ebene ab. „Wenn es ein wichtiges und sinnvolles Projekt vor Ort gibt, kann die CDU einen eigenen Antrag stellen, und dann stimmt das Gemeindeparlament eben dem CDU-Antrag zu. So schwierig ist das nicht“, meinte der Christdemokrat. Was ihn am meisten schockiere, sei der „brutal anti-europäische Kurs“ der AfD. „Das ist ein Anschlag auf das Friedensprojekt Europa und den Wohlstand unserer Exportnation.“

Der hessische Regierungschef, der ein Bündnis mit den Grünen anführt, betonte, eine schwarz-grüne Koalition funktioniere, wenn sich beide Partner an den Koalitionsvertrag halten und „alles ausdiskutieren, und zwar hinter verschlossenen Türen“. Merz hatte die Grünen als „Hauptgegner“ der Union im Bund bezeichnet und damit innerhalb der Partei Kritik auf sich gezogen. In Hessen wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt.

Rund sechs Wochen vor der Landtagswahl in Hessen liegt die CDU von Ministerpräsident Rhein deutlich vor der SPD, die mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin ins Rennen geht. Während die Christdemokraten 31 Prozent erreichen könnten, sieht die am Freitag veröffentlichte Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und von Hitradio FFH die Sozialdemokraten bei 20 Prozent.

Auf dem dritten Platz landen die Grünen mit Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir mit 18 Prozent, den vierten Platz erreicht die AfD mit 15 Prozent. Mit sechs Prozent würde die FDP den Sprung in den Landtag schaffen. Die Linke hingegen würde mit drei Prozent an der Fünfprozenthürde scheitern. Die Migrationspolitik ist ein zentrales Thema im hessischen Wahlkampf. (lem)

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