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An der Anti-Terrorübung «Counter Terrorism Exercise 2024» im März in Bayern beteiligen sich Spezialeinheiten der Polizei und des Zolls sowie Mitglieder der Bundeswehr, Rettungsdienste, Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks.

© dpa/Armin Weigel

Update

Durch islamistischen Terrorismus: Ampel-Politiker sehen große Gefahr – auch in Europa

Nach dem islamistischen Terrorangriff in Moskau machen auch Politiker und Experten hierzulande auf die hohe Bedrohungslage aufmerksam. Gerade vor der EM seien die Behörden maximal gefordert.

Politiker der Ampel-Koalition sehen eine große Gefährdung durch islamistischen Terrorismus in Europa. „Die Bedrohungslage durch islamistische Terroristen in Europa, auch und gerade in Deutschland, ist konstant hoch“, sagte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ vom Montag. Er fügte hinzu: „Zu welch abscheulichen und menschenverachtenden Taten Organisationen wie der IS in der Lage sind, belegen die zahlreichen verbrecherischen Anschläge der letzten Jahre.“

Von Notz verwies auf die Sicherheitsherausforderung für die anstehende Fußball-Europameisterschaft in Deutschland. „Die deutschen Sicherheitsbehörden werden in den nächsten Monaten personell maximal gefordert sein und brauchen dafür die volle politische Unterstützung des Bundes und der Länder“, sagte er. Nötig seien ein enger Austausch und verbindliche Abstimmungen mit den internationalen Partnern, „um die Gefahr des islamistischen Terrors konsequent zu unterbinden“.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte der Zeitung: „Vom IS und seinen regionalen Gruppierungen gehen weiterhin große Gefahren aus.“ Er betonte: „Der Kampf gegen den menschenverachtenden Terror muss nach wie vor im Fokus der Politik und der Sicherheitsbehörden bleiben.“ Auch dürften Konfliktregionen in Afrika, im Nahen und Mittleren Osten nicht aus dem Blick geraten.

Das Bundesinnenministerium sieht die Sicherheitslage in Deutschland nach dem Anschlag von Moskau nicht wesentlich beeinträchtigt. Die Gefährdung auch durch islamistische Extremisten sei bereits akut hoch gewesen und bleibe das auch, sagt ein Ministeriumssprecher in Berlin. Dies gelte auch für die Fußball-Europameisterschaft im Sommer. Es gebe eine „bekannte Bedrohungslage“

Größte terroristische Bedrohung wieder von Dschihadisten

Darauf weist auch der Terrorismusexperte Peter Neumann hin. Seit dem Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober gebe es eine riesige „Mobilmachung von Islamisten, von Dschihadisten überall in Westeuropa“, sagte Neumann am Montag im Deutschlandfunk.

In Deutschland seien drei oder vier Anschläge verhindert worden. Nun käme zusätzlich „der ISPK, also dieser Ableger des Islamischen Staats in Afghanistan, Zentralasien“ dazu, der „sehr ambitioniert und aggressiv auch Anschläge im nichtmuslimischen Ausland versucht, darunter auch in Westeuropa“.

Die Gruppe Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) hat ihren Ursprung in Afghanistan. Khorasan steht für eine historische Region in Zentralasien, die Teile von Afghanistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan sowie vom Iran umfasste. Das seien einige Gefahren, die hier zusammenkämen, „wo ich sage, die größte, aktuelle terroristische Bedrohung in Deutschland, in Europa, ist jetzt wieder von der islamistischen, von der dschihadistischen Seite“, sagte Neumann.

Für die Politik sei es immer eine schwierige Balance, die Menschen darauf hinzuweisen, dass eine derartige Gefahr tatsächlich existiere und zugleich die Menschen nicht unnötig in Unruhe zu versetzen. Der Bundesregierung bescheinigt Neumann dabei, ausgewogen vorzugehen. „Ich glaube, die Bundesregierung kriegt das aktuell ganz gut hin.“ Den Sicherheitsbehörden müsse man natürlich auch dafür gratulieren, dass sie so viele von den Anschlagsplänen verhindert hätten. Vergangene Woche etwa hatte es in Thüringen zwei Verhaftungen von mutmaßlichen IS-Anhängern gegeben, und um die Weihnachtszeit hatte es rund um Anschlagspläne auf den Kölner Dom Verhaftungen gegeben.

Insgesamt aber würden die „Einschläge“ häufiger, sagte Neumann weiter. Seit Beginn des Gaza-Kriegs Anfang Oktober habe es in Europa acht versuchte terroristische Anschläge von dschihadistischer Seite gegeben. Im gesamten Jahr 2022 seien es in ganz Europa sechs versuchte derartige Angriffe gewesen, sagte Neumann unter Berufung auf Europol.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden in Deutschland nicht ausreichend für die Verhinderung von Terroranschlägen gewappnet. „Auch Deutschland steht im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus“, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Polizei und Verfassungsschutz in Deutschland seien nicht so ausgestattet, dass sie auf sich allein gestellt auf Dauer einen ähnlich brutalen Terroranschlag wie jetzt in Moskau verhindern könnten. „Weder von den erforderlichen personellen Kräften noch von der technischen Ausrüstung. Und erst recht nicht von den rechtlichen Möglichkeiten“, beklagte der Polizeigewerkschafter.

Kreml äußert sich nicht zu Bekenntnis des IS zu Angriff

In einem Moskauer Vorort waren am Freitagabend maskierte Angreifer in den voll besetzten Konzertsaal Crocus City Hall eingedrungen und hatten dort das Feuer eröffnet. Mindestens 137 Menschen wurden bei dem Angriff getötet, für den die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung übernahm.

Der Kreml hat es am Montag abgelehnt, sich zum Bekenntnis der Dschihadistenmiliz IS zum Angriff auf einen Konzertsaal am Stadtrand von Moskau mit 137 Toten zu äußern. „Die Ermittlungen dauern an“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zu Reportern. „Es wurde noch keine kohärente Version vorgebracht. Wir sprechen nur über vorläufige Daten.“ Der russische Präsident Wladimir Putin plane nicht, den Tatort zu besuchen, fügte Peskow hinzu.

Nach dem Terroranschlag nahe Moskau mit mindestens 137 Toten will Russlands Präsident Wladimir Putin noch an diesem Montag über weitere Maßnahmen beraten. Gegen Abend sei ein Treffen unter anderem mit Vertretern aus Sicherheitsstrukturen und anderen staatlichen Bereichen angesetzt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Es solle dabei auch um die Frage gehen, mit welchen Leistungen Opfer und ihre Angehörigen unterstützt werden können. 

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den russischen Behörden nach eigenen Angaben eine Zusammenarbeit im Kampf gegen islamistische Extremisten angeboten. Die für den Anschlag bei Moskau verantwortliche Gruppe sei in letzter Zeit auch in Frankreich aktiv gewesen, sagt Macron am Rande eines Besuchs in Französisch Guyana. Es wäre zynisch, für den Anschlag vom Freitag die Ukraine verantwortlich zu machen. (AFP, dpa, Reuters)

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