zum Hauptinhalt
Bundesweit sind angesichts der Fußball-EM im Sommer zahlreiche Anti-Terror-Übungen geplant. 

© dpa/Patrick Pleul

Faeser nennt Terrorgefahr „akut“: Deutschland bereitet sich auf mögliche IS-Anschläge vor

Sicherheitsbehörden warnen gerade angesichts der Fußball-EM vor wachsender Terrorgefahr durch Anhänger des „Islamischen Staates“, die Verdächtigen seien „hochmobil“.

| Update:

Die Lage in Nahost, die Fußball-Europameisterschaft und das Erstarken des „Islamischen Staates“ – in deutschen Sicherheitskreisen wird die Gefahr dschihadistischer Angriffe evaluiert. Es geht dabei insbesondere um mögliche Schläferzellen des „Islamischen Staats“ (IS), die sich in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen sowie Berlin und Brandenburg aufhalten sollen.

Die Bundesregierung stuft nach dem tödlichen Angriff auf eine Konzerthalle nahe Moskau und dem IS-Bekenntnis zu der Tat die Terrorgefahr auch hierzulande als hoch ein. Von dem mutmaßlich verantwortlichen IS-Ableger gehe „derzeit auch in Deutschland die größte islamistische Bedrohung aus“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der „Süddeutschen Zeitung“. „Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus bleibt akut“, sagte Faeser weiter.

Auch der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, hält es nach derzeitigem Stand für das wahrscheinlichste Szenario, dass Islamisten hinter dem Angriff stecken. Das gelte „nicht zuletzt aufgrund der bekannten Warnungen“ seitens der USA im Vorfeld vor genau solchen Anschlagsplänen, sagte er dem „Handelsblatt“.

Einige Verdächtige reisen oft zu Bekannten in die Benelux-Staaten, Skandinavien und Osteuropa.

Sicherheitsexperte über Islamisten, denen Terroranschläge zugetraut werden

Zudem passe das Anschlagsbild zu den Islamisten. Der Angriff zeige außerdem, „wie real und hoch die Gefahrenlage auch für uns ist und dass wir nicht nachlassen dürfen in unserer Gefahrenabwehr“, sagte auch Kramer. 

Der verheerende Angriff auf das Konzerthaus mit mehr als 130 Toten in Moskau zeige, so Kenner der dschihadistischen Szene, wie einsatzfähig der IS sei: Moskau gehöre zu den am engsten überwachten Städten Europas. Die Attentäter zählten zum „IS Provinz Khorasan“. Damit ist eine Region in Zentralasien gemeint, die neben dem heutigen Afghanistan auch Areale der Ex-Sowjetrepubliken Tadschikistans, Usbekistans und Turkmenistan umfasst.

Zweistellige Zahl an IS-Dschihadisten in Deutschland?

Allein in Deutschland gebe es wohl eine „zweistellige Zahl“ an einsatzbereiten IS-Dschihadisten, berichten Kenner. Diese Männer (und wenigen Frauen) seien entweder als vermeintliche Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine registriert oder als Asylbewerber aus den zentralasiatischen Staaten, Afghanistan oder Russland – wobei damit die russischen Kaukasusprovinzen, vor allem Tschetschenien, gemeint sind.

Einige der Verdächtigen seien hochmobil: „Reisen zu Bekannten und Verwandten in die Benelux-Staaten, Skandinavien und in Einzelfällen auch Osteuropa seien üblich.“

Ein mit den Vorgängen vertrauter Fachmann sagte: „Aus Vernehmungen von Sympathisanten und durch nachrichtendienstliche Erkenntnisse wissen wir, dass dutzende Männer aus dieser Szene nur noch barbarische Vernichtungswünsche haben.“ Wie in diesen Kreisen über die im Westen übliche Freiheit, Individualität und Lage der Frauen gesprochen werde, sei erschreckend.

Gemeinsame Anti-Terror-Übungen mit dem RKI

Bundesweit sind angesichts der Fußball-EM im Sommer zahlreiche Anti-Terror-Übungen geplant. An dem Training nehmen neben diversen Polizei-Einheiten auch Experten des Robert Koch-Instituts (RKI) teil, die für den Fall „bioterroristischer Anschlagslagen“ hinzugezogen werden.

Ziel ist es, in deutschen Metropolen die Sonderisolierstation bestimmter Krankenhäuser innerhalb von 90 Minuten nach Alarm voll einsatzbereit mit Verletzten belegen zu können. Ärzte und Pflegekräfte müssten auch in der Nacht sofort ausrücken können, um dann im Schutzausrüstung zügig mit etwaigen Behandlungen zu starten. In Syrien hatte er der IS auch Chemiewaffen eingesetzt.

Erst vor einer Woche waren zwei Afghanen in Gera verhaftet worden, die ersten Ermittlungen zufolge zu einem Anschlag nach Schweden aufbrechen wollten. Festnahmen gab es im Januar auch in Duisburg und Herne, im Dezember in Wesel: Zuvor war um Weihnachten herum offenbar geplanter Anschlag auf den Kölner Dom verhindert worden. Zudem, so Ermittler, erwogen die Islamisten, mit Autos in Menschenmengen zu rasen.

Festnahmen in NRW und Thüringen

Schon im Juli 2023 hatten Spezialkräfte der GSG9 in Nordrhein-Westfalen sieben Männer aus Tadschikistan, Kirgistan und Turkmenistan verhaftet. Die Männer sollen Anschlagsziele in Deutschland ausgekundschaftet haben, die Ermittlungen laufen.

Vergangenes Jahr hatte Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang vor einem Erstarken des genannten IS-Ablegers gewarnt. Auch die US-Regierung sprach von der Gefahr, dass die Islamisten verstärkt Ziele im Westen angreifen werden.

Der IS ist in den vergangenen Jahren im Westen Afghanistans, in den zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken und im Kaukasus erstarkt. Schon zu seiner Hochzeit in Syrien und Irak, wo der IS ab 2014 fünf Jahre eine Territorialmacht mit Millionen Untertanen war, fielen Schergen aus Zentralasien, vor allem aber Tschetschenien als besonders aktiv auf.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false