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Protest gegen Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow: Björn Höcke mit Anhängern vor dem Thüringer Landtag.

© Martin Schutt/dpa

Höckes Mogelpackung: Der Name "Flügel" verschwindet, die rechtsextremen Inhalte bleiben

In einem Interview deutet Höcke nebulös die "Historisierung" des "Flügel" an. Klar ist jedoch, dass er in der AfD weiterrumoren will. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Das soll es nun gewesen sein. Höcke verkündet im Interview mit dem neurechten Blatt "Sezession" die "Historisierung" des "Flügel". Man brauche nun einen "Impuls, der über den Flügel hinausweist". Gleichzeitig beschimpft er den Bundesvorstand der AfD, der am Freitag mit großer Mehrheit beschlossen hatte, der "Flügel" solle sich bis zum 30. April auflösen. 

"Nervöse Teile" in der Partei hätten im Sinne des Verfassungsschutzes einen Bundesvorstandsbeschluss "herbeigetrommelt", sagt Höcke. Er deutet lediglich an, dass er selbst Anlass zur Kritik gegeben hat. Anfang März hatte er bei einem Treffen in Sachsen-Anhalt getönt, innerparteiliche Gegner des "Flügel" sollten "ausgeschwitzt" werden.

Empörung über Höcke nach Wortspiel mit Auschwitz

Das Wortspiel mit dem NS-Vernichtungslager Auschwitz hatte selbst in der AfD reichlich Empörung hervorgerufen, vor allem in den westlichen Verbänden. Das Video mit Höckes Parole wurde bekannt, kurz nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz den "Flügel" als "erwiesen rechtsextremistisch" eingestuft und vom "Verdachtsfall" zu einem klassischen Beobachtungsobjekt hochgestuft hatte. 

Teile der AfD waren konsterniert und sahen eine Steilvorlage für den ungeliebten Nachrichtendienst. Knickt Höcke nun angesichts des Gegenwinds in seiner Partei ein? Wird der "Flügel" jetzt Historie, wie Höcke suggeriert?

Der AfD-Vorstand wird provoziert

Die Antwort ist einfach: mitnichten. Höcke ist Überzeugungstäter. Und er hält sich und seinen engsten Mitstreiter im "Flügel", den Brandenburger AfD-Chef Andreas Kalbitz, für unersetzlich. 

Höcke sagt das auch offen im Interview bei "Sezession" und provoziert damit unverhohlen den AfD-Vorstand. "Andreas Kalbitz, ich selbst und alle anderen politikfähigen Flügler werden ihren politischen Kurs im Sinne der AfD weiterführen", steht in der letzten Antwort. Sie ist noch mehr als der Rest des Interviews eine Ohrfeige für den AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen, der die Partei aus dem Visier des Verfassungsschutzes herausholen möchte.

Höcke und Kalbitz denken nicht im Traum daran, sich zu mäßigen. Sie könnten es vermutlich auch gar nicht. Die beiden Frontmänner des "Flügel" sind eingefleischte Rechtsextremisten und Rassisten, daran lassen weder ihre Biografien im rechten Spektrum noch ihre Hetze gegen Flüchtlinge und Muslime einen Zweifel aufkommen.

Die Machtprobe ist keineswegs vorbei

Dass nun das "Flügel"-Logo verschwinden dürfte, dass Höcke künftig darauf verzichtet, beim "Kyffhäuser-Treffen" den "Flügel"-Orden in den Stufen schwarz, silber oder blau zu verleihen - geschenkt. Mehr als der Verzicht auf Kosmetik wird kaum passieren. 

Höcke und Kalbitz werden schon wegen ihrer Erfolge bei den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg das Ziel nicht aufgeben, die AfD zu erobern und als komplett rechtsextremistische Fundamentalopposition gegen das "System" der Bundesrepublik in Stellung zu bringen. 

Die Machtprobe, die Höcke und Kalbitz den nicht ganz so radikal auftretenden AfD-Politikern wie Jörg Meuthen aufzwingen, ist keineswegs vorbei. Sie wird eher noch härter.

Höckes Gegner werden weiter mit einem fanatischen Block konfrontiert

Höcke hat in der AfD mindestens 7000 Anhänger hinter sich, das sind immerhin 20 Prozent der Parteimitglieder. Meuthen und die Höcke-Kritiker in den westlichen AfD-Verbänden werden weiterhin mit einem fanatischen Block konfrontiert, ob der nun "Flügel" heißt oder nicht. 

Womöglich knickt Meuthen ein und gibt sich damit zufrieden, dass der Name "Flügel" verschwindet und die Gefahr einer Spaltung der AfD erstmal abnimmt. Aber ein Risiko wird so oder so nicht geringer. Der Verfassungsschutz hat in seinem Gutachten zur Einstufung des "Flügel" als rechtsextrem angedeutet, die ganze AfD könnte vom "Prüffall" hochgestuft werden zum "Verdachtsfall".

Der Verfassungsschutz wird sich nicht täuschen lassen

Damit wäre auch eine Beobachtung über V-Leute und andere nachrichtendienstliche Mitteln möglich. Rumoren Höcke, Kalbitz und ihre Fans weiter in der Partei und setzen ihren Eroberungskurs fort, ist eine härtere Gangart des Verfassungsschutzes gewiss.

Und schon jetzt wird sich der Nachrichtendienst nicht davon abhalten lassen, die Beobachtung der rechtsextremen "Flügel"-Kohorten fortzusetzen. Es kommt nicht auf den Namen an, sondern auf die bräunlichen Inhalte. Die werden bleiben. Dass ein Brandstifter wie Höcke abrüsten könnte, ist nicht mal eine Illusion.

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