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Mit einer Norwegen-Reise bereitete Robert Habeck die Nutzung der CO2-Speicherung vor.

© dpa/Kay Nietfeld

CO₂-Speicherung auch für Kraftwerke: Habeck geht in den Clinch mit seiner Partei

Unter der deutschen Nordsee kann künftig CO₂ gespeichert werden. Darauf hat Wirtschaftsminister Habeck seine Grünen lange vorbereitet. Doch nun gibt es dennoch Ärger.

Diese Kehrtwende hat Wirtschaftsminister Robert Habeck sorgfältig vorbereitet – mit einer Norwegen-Reise. Dort schaute sich der Grünen-Politiker Anfang 2023 an, wie der Zementhersteller Heidelberg Materials CO₂ bei der Produktion einfängt, um es anschließend unter dem Boden der Nordsee zu verpressen.

Bei den Grünen und Umweltschutzverbänden galt die unterirdische Speicherung des Treibhausgases lange als Teufelszeug. Sie warnten davor, dass das eingelagerte Gas entweichen könnte. Mit Erfolg. 2012 verbot eine CDU-geführte Bundesregierung die sogenannte CCS-Technologie in Deutschland weitgehend. Doch nach Habecks Norwegen-Reise öffneten sich die Grünen auf ihrem Parteitag im November schließlich für die lange abgelehnte Klimaschutztechnologie.

Am Montag präsentierte Habeck nun einen Gesetzentwurf sowie Eckpunkte für eine Industriestrategie, mit denen er die Speicherung von CO₂ auch in Deutschland erlauben will. „Die Technik ist reif und sicher. Das CO₂ bleibt in der Erde“, sagte Habeck in seinem Ministerium. „Wir waren beim Klimaschutz zehn Jahre zu schlafmützig unterwegs“, betonte er. Jetzt brauche man jede verfügbare Technologie.

Zementbranche braucht CCS

Besonders die Baustoffindustrie und die Abfallwirtschaft hoffen auf CCS und die Nutzung von abgeschiedenem CO₂ (CCU). Denn wer Müll verbrennt, produziert CO₂. Und auch Zement und Kalk lassen sich derzeit nicht ohne CO₂-Emissionen herstellen. Allein die Zementindustrie steht nach Schätzungen für bis zu acht Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes. CO₂-Speicherung gilt als einzige Möglichkeit, Zement klimaneutral herzustellen.

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Habecks Gesetzentwurf sei ein wichtiger Meilenstein für die Industrie, sagte der Chef von Heidelberg Materials, Dominik von Achten. Ab 2029 will er auch in seinem Zementwerk im ostwestfälischen Geseke CO₂ abscheiden, um es anschließend unterirdisch zu speichern.

Erlaubt ist die Speicherung laut dem Gesetzentwurf allerdings nicht an Land, sondern nur unter dem Meeresboden der deutschen Nordsee. Naturschutzgebiete will Habeck ausnehmen. In der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone sei auch so ausreichend Platz, betonte er.

Umweltverbände: Nordsee wird zum „fossilen Entsorgungspark“

Das CO₂ soll von den Produktionsstandorten im Idealfall per Pipeline zu den Häfen gebracht werden. Den Aufbau der Röhren sollen die Nutzer finanzieren. „Die Verursacher, und nicht die Steuerzahler, bezahlen das Pipelinenetz, das ist eine wichtige Entscheidung“, lobte Lisa Badum, Obfrau der Grünen im Energie-Ausschuss.

Dennoch muss Habeck mit Widerstand aus den eigenen Reihen gegen seinen Gesetzentwurf rechnen. Denn der Wirtschaftsminister will, dass auch die Betreiber von Gaskraftwerken die CO₂-Speicherung nützen dürfen – wenn auch ohne Förderung. Und selbst bei Kohlekraftwerken könnte CCS zum Einsatz kommen, auch wenn sie nicht an das Pipelinenetz angeschlossen werden sollen. „CCS in der Energiewirtschaft lehnt die grüne Bundestagsfraktion ab“, entgegnete Badum.

Sascha Müller-Kraenner, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, spricht von einem doppelten Dammbruch: „Einerseits erlaubt Habeck lebensverlängernde Maßnahmen für fossile Gaskraftwerke, andererseits widmet er die Nordsee zu einem fossilen Entsorgungspark um“, sagte er.

Union und FDP wollen breite Anwendung

Jens Spahn forderte Habeck auf, die Bedenken aus den eigenen Reihen zu ignorieren. „Die Ampel ist bislang immer nur aus Technologien ausgestiegen, bei CCS sollte sie endlich mal beherzt einen Einstieg schaffen“, sagte der energiepolitischer Sprecher der Union dem Tagesspiegel. Habeck müsse sich dafür offensiv gegen die erneute Technologie-Skepsis seiner Partei stellen.

Auch die FDP wünscht sich einen möglichst breiten Einsatz. „Je mehr CO₂ zukünftig gespeichert wird, desto besser wird unsere Klimabilanz“, sagte ihr energiepolitischer Sprecher Michael Kruse. „CCS sorgt für eine klimafreundlichere Energieversorgung und sollte daher überall möglich sein.“

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