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Der Hauptangeklagte Arafat Abou-Chaker geht vor der Urteilsverkündung im Prozess um den Streit mit Rapper Bushido.

© dpa/Sebastian Gollnow

Massiver Aufwand, mageres Resultat: Was die Freisprüche im Abou-Chaker-Prozess bedeuten sollten

Womöglich war das Verfahren um den Streit der Abou-Chakers mit Bushido ungeeignet, um im Zuge der Debatte um die Clan-Kriminalität die nötige Härte zu zeigen.

Ein Kommentar von Pascal Bartosz

Von einem Nebenaspekt abgesehen, wurden die Abou-Chaker-Brüder nach dreieinhalb Jahren Prozess freigesprochen. Einige werden davon sprechen, dass der Rechtsstaat eben funktionierte. Andere werden sich zu Richterschelte hinreißen lassen, die Justiz als zu lasch geißeln.

Diejenigen, die seit Jahren auf die Gefahr durch familienbasierte, mitunter besonders reaktionäre Tätercliquen hinweisen, dürften sich mindestens ärgern. Die vier Angeklagten sind wegen anderer Delikte aktenkundig, werden dem Milieu deutsch-arabischer Clans zugerechnet und galten im Umgang mit jenen, die ihnen im Weg zu stehen schienen, stets als rabiat. Auch in diesem Fall ging es um räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, gefährliche Körperverletzung und Nötigung zum Nachteil des Musikers Bushido.

Sicher, keine Banalität. Doch im Konkreten war das eben nicht der Riesenfall, zu dem er öffentlich gemacht wurde. Die Angeklagten sollen den Rapper für einige Stunden festgehalten, bedroht, ein- oder zweimal geschlagen haben, um eine Ablösesumme zu erpressen. Das ist – so ernüchternd es klingen mag – wenig im Vergleich zu dem, was in der Szene, der die Angeklagten zugerechnet werden, sonst schon vorgekommen ist.

Immer wieder ermittelten Beamte diverser Dienststellen gegen die Angeklagten, öfter fielen Zeugen durch akute Erinnerungslücken auf. Umso erfreulicher war für viele, dass nun jemand umfangreiche Aussagen machte: Bushido selbst. Offenbar setzen Ermittler und Staatsanwaltschaft alles daran, nicht nachzugeben.

Dabei gilt unter Kennern der Clan-Kriminalität eben auch: Nicht auf den einen Präzedenzfall warten, sondern die Großfamilien im Alltag an Staat und Gesetz erinnern. So wurde vor wenigen Jahren die „Strategie der tausend Nadelstiche“ diskutiert. Gewerbeaufsicht, Ordnungsämter, Zoll und Polizei kontrollieren dabei gemeinsam Lokale, Casinos, Autohäuser, die der Szene zugerechnet werden.

Es geht um Schwarzarbeit, Brandschutz, fragwürdige Kassenführung, griffbereite Waffen und offene Haftbefehle. Vielleicht Kleinvieh, sozusagen, doch in der Summe stört’s die Geschäfte.

Was also tun? Dran bleiben. Womöglich ärgert die Abou-Chakers schon bald ein Urteil in anderer Sache, auch wenn das dazugehörige Verfahren weniger Glamour bietet als der Bushido-Prozess: Demnächst stehen zwei Abou-Chaker-Brüder wegen falscher Atteste vor Gericht. Sie sollen einen Arzt dazu gebracht haben, ihnen falsche Gesundheitszeugnisse ausstellen, damit einer der Brüder einen Prozess schwänzen konnte.

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