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Auch in Bremen versammelten sich Tausende, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren.

© dpa/Carmen Jaspersen

Die Verantwortungslosen: Hunderttausende demonstrieren – doch die Ampel streitet

Hunderttausende gehen gegen Rechtsextremismus auf die Straße: Ein Momentum, das die Ampel retten und Scholz in der Kanzlerkrise entlasten könnte. Doch SPD, Grüne und FDP kriegen sich nicht in den Griff.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ganz Deutschland demonstriert gegen Rechtsextremismus, Hunderttausende auf den Straßen zeigen Herz und Mut – und die Ampel scheint ihr Glück nicht fassen zu können. Buchstäblich und im übertragenen Sinn.

SPD, Grüne und Freidemokraten sehen es doch auch: So viele Bürger begehren auf. Sie wollen sich dem Druck von Rechtsaußen nicht nur nicht ergeben, sondern stellen sich dem entgegen. Welch eine Ermutigung erwächst daraus.

Zumal in der Auseinandersetzung mit der AfD. Die Bürger zeigen, dass sie wissen, was es bedeutet, wenn sie der ihre Stimme geben.

Ob kleine oder große Städte, die ländlichen Gebiete, ob der vorpolitische oder der politische Raum – es wirkt, als entstehe gerade ein Momentum. Aus dem vielleicht sogar eine gesellschaftspolitische Zeitenwende werden kann, um eines der Worte des Bundeskanzlers aufzugreifen.

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Ja, des Bundeskanzlers. Des ansonsten großen Nichtssagenden. Olaf Scholz und seine Koalitionäre müssten doch erkennen, dass das Momentum die Ampel retten und ihm Entlastung verschaffen kann.

Aber was tun sie? Wieder streiten! Schon wieder. Als gäbe es kein Morgen, keine existenziellen Wahlen in diesem Jahr. Wenn SPD, Grünen und FDP kein Licht aufgeht, kann von Osten die Ampeldämmerung ausgehen, im Herbst, spätestens.

Jetzt, nach all den anderen strittigen Themen, also zusätzlich noch das Kindergeld. In der Sache falsch, in der Form der Einbringung in die Diskussion sowieso – und dann noch diese Reaktionen untereinander.

Zur Sache: Finanzminister Christian Lindner, der FDP-Chef, will nur die Kinderfreibeträge für Eltern mit hohen Einkommen erhöhen, nicht aber das Kindergeld für Eltern mit normalen Gehältern.

Die SPD ist entrüstet. Wie auch anders? Als Partei fürs Soziale kann sie gar nicht dafür sein. Parteichef Lars Klingbeil hält es logischerweise für ungerecht, Familien mit sehr hohen Einkommen zu entlasten.

Klingbeil muss, schon um der Selbsterhaltung der SPD willen, auf eine Änderung pochen. Darauf, dass „die arbeitende Mitte, also diejenigen, die jeden Tag aufstehen, ihr Einkommen hart erarbeiten und sich nebenbei um ihre Kinder, die Nachbarn und den Verein kümmern, entlastet werden“.

Was ist daran nicht zu verstehen? Und was war daran nicht absehbar? Was treibt Lindner in einer solchen Gesamtlage der Koalition zu dieser Provokation? Denn genau die ist es, keine Frage.

Es wird nur immer schlimmer

Diese Koalition setzt sich selbst hart zu – und hört einfach nicht auf damit. Allen Bekenntnissen zur Gemeinsamkeit zum Trotz, allen Aufrufen zur Kooperation zum Hohn. Besser als die vor ihnen wollten sie regieren. Es wird nur immer schlimmer.

Erwartung und Enttäuschung der Bürger zeigen sich in den desaströsen Umfrageergebnissen. Die SPD ist längst nicht mehr die starke Partei, nicht einmal mehr die stärkste in der Ampel. Ihre 13 Prozent kündigen eine Katastrophe an.

Und der Kanzler reißt sie nicht raus, nicht die SPD, nicht die Ampel. Sein Malus in Beliebtheit und Zutrauen in seine Führungskompetenz sind beispiellos, die Ablehnung der Ampel ist es nicht minder.

Es muss alles besser werden, Handwerk, Auftritt, Kommunikation – und, was geschieht? Sie schaffen einfach keine Regelung im Einvernehmen. Nie leise, immer laut. Nehmen die Koalitionäre sich noch selber ernst?

Das Ganze immer vor dem Hintergrund der AfD. Einerseits hält sie die Ampel zusammen, wegen deren Angst vor Neuwahlen, andererseits macht die Ampel die Blauen größer.

Da können Hunderttausende auf die Straße gehen, der AfD mit ihren Protesten zusetzen – die kann sich angesichts des immer wieder neu aufflackernden Streits zurücklehnen. Und auf noch bessere Umfragewerte warten.

Diese Ampel bekommt ihr großes Glück einfach nicht zu fassen. Weil SPD, Grüne und FDP sich und einander nicht in den Griff bekommen. So werden sie ihrer Verantwortung, Schaden vom Land abzuwenden, nicht gerecht.

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