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Landeshauptstadt: Das Säulenrätsel

Sanierung der Kolonnaden an der Glienicker Brücke wird teurer: Denkmalschutz-Stiftung sucht Spender

Berliner Vorstadt - Diese Säule gab den Ingenieuren Rätsel auf: Denn bei ersten Untersuchungen an den Fugen konnten partout keine Stahlklammern gefunden werden, die die einzelnen tonnenschweren Sandsteintrommeln aufeinanderhalten würden. Von einer „ganz ungewöhnlichen Konstruktion“ spricht der Natursteintechniker Thomas Bolze, der dem Geheimnis bei der Vorbereitung der Sanierung schließlich auf die Spur kam: Die vier Säulentrommeln waren auf zwei etwa elfeinhalb Meter hohe Eisenstangen buchstäblich „aufgefädelt“ worden – wie gigantische Bauklötzer. Was sich die Baumeister der Kolonnaden auf der Potsdamer Seite der Glienicker Brücke da vor gut 100 Jahren ausgedacht haben, hat Bolze noch nirgendwo sonst gesehen.

Und es macht die dringend nötige Sanierung teurer als zunächst geplant: Die Details erläuterte Bolze am Freitagvormittag vor Ort gemeinsam mit Thomas Schenke vom städtischen Tiefbauamt und Heidi Gerber von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Stadt und Stiftung finanzieren das Projekt wie berichtet gemeinsam: Für jeden Euro, den die Stiftung an Spendengeldern einwirbt, legt die Stadt einen Euro drauf. Zumindest der erste Teil des Projektes konnte gestern übergeben werden: Der freistehende Säulenpylon gegenüber der Villa Schöningen, den eine Skulptur der Ackerbau-Göttin Ceres krönt, sieht nach vier Monaten Bauzeit jetzt wieder fast wie neu aus.

Statt der zunächst geplanten 40 000 Euro kostete das jedoch bereits 52 000 Euro. Denn wegen der ungewöhnlichen Konstruktion musste nicht nur die oberste, von Rissen geschädigte Säulentrommel abgenommen, sondern die komplette Säule ab- und dann wieder aufgebaut werden. Die beiden rostigen und regelrecht „aufgequollenen“ Eisenstangen im Innern, die den Sandstein stellenweise schon aufgetrieben hatten, wurden dabei durch neue Edelstahl-Stangen ersetzt. Der Sandstein wurde zudem mit einem schonenden Partikelstrahltrockenverfahren gereinigt. Da der verwendete schlesische Sandstein – aus dem unter anderem auch das Potsdamer Stadthaus und das Hauptpostgebäude am Platz der Einheit gebaut sind – wesentlich fester und dichter als Elbsandstein ist, sei das immerhin vergleichsweise einfach, erläuterte Bolze. Für die weitere Sanierung sei die Säule eine gute Vorbereitung gewesen, weil man die ungewöhnliche Konstruktion nun sehr genau kenne.

Der größere Teil der Arbeiten steht jedoch noch bevor: die Sanierung der Kolonnaden zu beiden Seiten der Straße mit jeweils mehreren Säulen. Stadt und Denkmalschutz-Stiftung rechnen dafür mittlerweile mit Kosten von jeweils 400 000 Euro pro Seite. Das Gesamtprojekt, zu dem unter anderem auch die Sanierung von Brüstungen und Sandsteinvasen gehört, wird momentan auf 1,6 Millionen Euro beziffert.

Dafür sucht die Denkmalschutz-Stiftung noch nach Spendern und Großspendern, sagte Heidi Gerber. Etwa 25 000 Euro seien bereits eingegangen. Wünschenswert sei ein Baustart im kommenden Jahr, hieß es am Freitag. „Die Sache wird immer dringender“, betonte Bolze. Denn die bereits entstandenen Risse in den Säulen machen das Bauwerk für weitere Schäden durch eindringendes Wasser noch anfälliger. Etliche Säulen mussten deswegen schon mit Manschetten gesichert werden.

Die Kolonnaden wurden als Bestandteil des Brückenneubaus 1906 und in Anlehnung an die „Ringerkolonnaden“ des Potsdamer Stadtschlosses errichtet. Architekt war Eduard August Wilhelm Fürstenau (1862 bis 1938), den plastischen Schmuck schuf der Bildhauer Stephan Walter (1871 bis 1937). Die Glienicker Brücke selbst wurde 1907 für den Verkehr freigegeben, die damals umstrittene Stahlkonstruktion ersetzte ein von Karl Friedrich Schinkel entworfenes Vorgängerbauwerk aus Stein. Nach ihrer Zerstörung am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Glienicker Brücke von 1947 bis 1949 wieder aufgebaut. Berühmtheit erlangte das Bauwerk während des Kalten Krieges wegen verschiedener Agentenaustausche zwischen Ost und West.

Spenden für die Sanierung können auf das Konto der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (Kontonummer 305 555 506, bei der Commerzbank Bonn, Bankleitzahl 380 400 07) überwiesen werden. Als Verwendungszweck „100 666 1X Glienicker Brücke“ angeben.

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