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Die Tagesspiegel-Leserjury mit ihrem Gewinner, dem spanischen Filmemacher und Queer-Philosophen Paul B. Preciado (M.). 

© Christiane Peitz

Unsere Leserjury auf der Berlinale: Schade, dass es schon vorbei ist

Zehn Tage im Kino - und ein Preis für „Orlando, ma biographie politique“: Tagesspiegel-Leserjuror:innen blicken zurück.

Seit dem 16. Februar saß die Tagespiegel-Leserjury in insgesamt fünf verschiedenen Kinos, um sich die 16 Filme in der Berlinale-Sektion Encounters anzusehen. Dabei wurde reichlich diskutiert, sagt Jurorin Laura Klemens: „Viele Details und Ideen des Films versteht man im Nachgang oft viel besser und so veränderte sich meine Sichtweise auf einige Filme auch durch unsere gemeinsamen Diskussionen“.

Sie sei froh gewesen über die Möglichkeit, „die eigene Komfortzone zu verlassen“ – denn besonders die Encounters-Beiträge setzten darauf, den Blick des Publikums auf die Welt durch eine in diesem Jahr besonders starke politische Dimension zu erweitern, wie Carlo Chatrain schon bei der ersten Begegnung mit der Jury vor Beginn des Festivals sagte. Der Künstlerische Leiter der Berlinale verantwortet auch die Encounters-Reihe, als Teil des Hauptprogramms.

Am Freitag, den 24. Februar, setzten sich die sieben Juror:innen dann zum letzten Mal zusammen, um ihren Gewinnerfilm zu küren. Nach einer langen, auch hitzigen Diskussion entschied sich die Leserjury wie bereits berichtet für Paul B. Preciados Essayfilm „Orlando, ma biographie politique“, in der der spanische, in Paris lebende Queer-Philosoph Virginia Woolfes „Orlando“-Roman frei adaptiert und 25 nonbinäre und trans Darsteller*innen in die Rolle Orlandos schlüpfen lässt.

Preciados Debütfilm, der sich mit den Themen Identität, Geschlecht und Politik auseinandersetzt, ist einer der „Abräumer“ des 73. Festivaljahrgangs: Neben dem Tagesspiegel-Leserjury-Preis, den er am Samstag bei der Preisverleihung der unabhängigen Jurys entgegennahm, wurde er mit dem Teddy Award, einer lobenden Erwähnung der Dokumentarfilm-Jury und dem Spezialpreis der Encounters-Jury ausgezeichnet.

Die Leserjury weiß auch die anderen Encounters-Filme zu schätzen, für ihren starken Inhalt und ihre Erzählweise. Doch „Orlando“ stach als der eindrucksvollste und einprägsamste Beitrag hervor. „Mein Favorit war der Film von Anfang an, am Ende hat er in unserer Diskussionsrunde gesiegt“, erzählt Juror Detlev Müller.

Er freut sich, dass auch andere herausragende Produktionen wie etwa „Here“ des Belgiers Bas Devos Preise gewonnen haben. Die Geschichte eines rumänischen Arbeitsmigranten, der sich mit einer chinesisch-stämmigen Biologin und Moos-Expertin anfreundet, erhielt den Hauptpreis der dreiköpfigen internationalen Encounters-Jury.

Das Septett war sich öfter mal nicht einig, sagt Laura Klemens, doch darum ging es ja nicht. Es ging um die Qualität der Filme, und gute Beiträge bot die diesjährige Berlinale genug. Die meisten der sieben haben sich auch in den anderen Festival-Reihen noch neue Werke angeschaut, mit großem Gewinn. Detlev Müller sagt: „Ich habe viel gelernt, über Filme und über mich selbst. Und ich bedaure es, dass es schon vorbei ist.“ Auf bald, die nächste Leserjury kommt bestimmt.

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