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Carlo Chatrian ist künstlerischer Direktor der Berlinale.

© picture alliance/dpa

Demontage eines Kurators: Nach dem Rückzug von Chatrian ist bei der Berlinale Schlimmstes zu befürchten

Ein Statement des Berlinale-Leiters lässt auf Chaos hinter den Kulissen der Kulturpolitik schließen. Der Mangel an Filmexpertise und Führungsqualitäten ist besorgniserregend.

Ein Kommentar von Andreas Busche

Man muss nicht groß zwischen den Zeilen lesen, um das kurze Statement zu deuten, das der Künstlerische Leiter der Berlinale Carlo Chatrian am Samstag auf der Website des Festivals gepostet hat.

„Ich dachte, dass Kontinuität gewährleistet werden könnte, wenn ich weiterhin Teil des Festivals bliebe, aber in der neuen Struktur, so wie sie nun vorgestellt wurde, ist ganz klar, dass die Bedingungen für mich, als künstlerischer Leiter weiterzumachen, nicht mehr gegeben sind.“

Am Donnerstag hatte Claudia Roth bekannt gegeben, dass die größte Kulturveranstaltung des Bundes 2025 – nach vier Jahren mit der Doppelspitze Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek – wieder zu einer eingleisigen Intendanz zurückkehren würde.

Es hieß dort aber auch, dass Chatrian seine Bereitschaft erklärt habe, „in konstruktive Gespräche über eine künftige Rolle im neuen Team der Berlinale einzutreten“. Sein Rückzug nur zwei Tage später bestätigt nun alle Zweifel an einer solchen gütlichen Einigung.

2022 stand die frisch gekürte Kulturstaatsministerin auf der Berlinale und erklärte, welche Bedeutung der Film für die deutsche Kulturpolitik habe. Zwei Jahre später hat sie das Festival massiv beschädigt.

Nachdem Ende Juli bereits das Budget gekürzt und das Festival eingedampft wurde, haben Kulturfunktionäre nun auch noch einen international angesehenen Festivalleiter ohne Not demontiert. Um nicht zu sagen: brüskiert.

Schaden trägt vor allem aber die Berlinale davon. Wer soll in dieser schwierigen Lage (wenig Geld, eine Festivallandschaft im Umbruch) einen solchen Leitungsposten übernehmen, nachdem der Vorgänger derart unprofessionell abgekanzelt wurde?

Das Duo Chatrian und Rissenbeek, die bereits im März ihren Rückzug angekündigt hatte, bekamen nie eine ernsthafte Chance. Im Jahr nach ihrem Debüt fiel die Berlinale pandemiebedingt aus, 2022 waren die Säle nur halb gefüllt. Das Festival in diesem Frühjahr war ihre erste wirkliche Bewährungsprobe.

Inhaltlich gab es sicher noch Korrekturbedarf, aber die Kinos waren wieder voll. Das Budget-Minus ist ihnen nicht anzukreiden. Daher steht zu vermuten, dass unter Roths Ägide die Berlinale programmatisch völlig neu ausgerichtet werden soll. Da ihr Haus über keinerlei Filmexpertise verfügt, ist Schlimmstes zu befürchten. Eine kleindeutsche Lösung.

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